Ich
Wer bin ich? Ach, ich weiß es nicht.
Im Spiegel seh ich mein Gesicht,
doch wer und was dahinter steckt,
bleibt unergründlich tief verdeckt.
HART bin ich, doch am Ende LIEB,
ein intellektueller Typ,
der vorwärts, aufwärts, rückwärts denkt,
den Blick in andre Sphären lenkt.
Mag sein, dies ist nur Wunsch und Wahn,
denn innen brodelt ein Vulkan,
der unvermutet jeder Zeit
verheerend heiße Lava speit,
die alles, was mich hält und trägt,
im Nu verändert und zerschlägt.
Ein ernster Mensch, der gerne lacht,
mein Wort ist klar, mein Tun durchdacht.
Nicht viel besitzend, aber reich,
verfolgt von Zweifeln, fromm zugleich.
Von Gegensätzen angelockt,
von kleinlichem Gezänk geschockt.
Mein Wunsch, das Ungereimte reimen,
Zerbrochenes zusammenleimen,
den Sprung ins Ungewisse wagen,
um dem Geheimnis nachzujagen
und irgendwann, entspannt und froh
auch anzukommen – irgendwo.
Kommentare (6)
Ich glaube, jeder sollte sich einmal die Frage nach dem ICH stellen.
Wer bin ich eigentlich und wie sehen mich Andere.
Wie nehme ich mich selber wahr.
Da gäbe es ziemlich viele Überraschungen, solche und solche.
Sicher würden sie uns nicht alle gefallen; aber manche würden
vielleicht auch glücklich machen und uns schmeicheln.
Eigentlich möchte man doch vor allem wissen, wie man von
anderen Menschen gesehen und wahrgenommen wird, nicht
wahr?
Gehört womöglich auch ein bisschen Mut dazu, diesen Gedanken
einfach nur zuzulassen, denn die Meinungen könnten ja auch
ziemlich negativ ausfallen, puh...........!
Ich wollte oder will es trotzdem wissen!
Ich selber sehe mich heute als eine elderly Lady mit so manchem
Zipperlein. Trotzdem bin ich noch ziemlich verrückt, manchmal
lustig, genauso oft traurig und ich bin immer noch eine Suchende
nach dem Sinn des Lebens. Ich glaube an Gott, an ein Jenseits,
auch daran, daß wir unsere vorausgegangenen Lieben in der
Anderswelt, einmal wiedersehen.
Und immer noch reizen mich Abenteuer, allerdings keine solchen,
die ins Auge gehen könnten, hahahahaha
Dein Gedicht ist übrigens großartig lieber Silesio.
Deshalb ist mir wieder sooo viel Text eingefallen.
Uscha
Das ist gut. Gegensätze - wie HART und LIEB - und auch weitere, die sehr gut aneinandergereiht sind, lassen einen wachen Geist erkennen. Hier finden sich sowohl Brecht mit seinem gesunden Zweifel als auch Kant in seinen Gedanken über die Vernunft wieder.
O danke, lieber Traumvergessen, du ordnest mich ja irgendwie auf einem ziemlich hohen Niveau ein!
Silesio
So ist das mit dem ICH! Widersprüchlich und ungereimt, so sehen wir uns selbst.
Aber wie sehen uns andere?
Ein sehr ehrlicher Abriss der eigenen Persönlichkeit!
Liebe Grüße vom immergruen
Du hast recht: Es ist erstaunlich, oft fast erschreckend, wie sehr Selbstwahnehmung und Fremdwahrnehmung sich unterscheiden können.
Vertrackt wird es, wenn ich selbst von mir selbst nichts halte, aber aber andere mich gerne mögen, bzw. ich selbst mir alle guten Eigenschaften zurechne, die andern sich aber enttäuscht abwenden.
Silesio
Hallo Uscha,
es ist. finde ich, ebenso nützlich wie interessant, sich mit sich selbst zu beschäftigen, nicht immer und überall, aber ab und zu. Man wird dadurch ja nicht gleich zum Egoisten, wenn man sich regelmässig einmal selbst in den Mittelpunkt stellt. Denn vieles in uns, wenn nicht gar das meiste, spielt sich ja im Unbewussten oder Unterbewussten ab und steuert uns, ohne dass wir es merken.
Einen schönen Abend
Christoph