Ich habe nur einen wirklichen Freund
Wie lernten wir uns kennen?
Ich wurde aus dem Lechfeld nach Freising versetzt – das mußte und durfte sein, weil ich zum Weiterkommen eine höher dotierte Planstelle brauchte. Das hieß wieder Pendeln zwischen Familienstandort und der Kaserne. Mit dem Auto immerhin noch eine hoppelige Fahrerei – das war vor den Olympischen Spielen 1972, und da gab es noch nicht so beschleunigte Stra0en, im Gegenteil massig Baustellen, z.B. wo die Regatta-Strecke gebaut wurde.
Man empfing mich in der neuen Einheit, da auf dem Berg, wo die Radarstellung lag, nicht gerade mit offenen Armen, „nahm ich doch einem davon träumenden Anwärter die Stelle weg“. Mir machte das auch nicht gerade Spaß, von Mobbing sprach man da noch nicht.
Die Abteilung, von der ich kam, wurde ins Rothaar-Gebirge verlegt. Ich bewarb mich um Hinzuversetzung. Der stellvertretende Chef forderte einen Ersatz – und ich fand einen Kameraden in der alten Einheit, der die Versetzung vom Lechfeld ins Rothaargebirge nicht mitmachen wollte. Der hatte noch die letzten Tage des Krieges mitgemacht. „Was soll ich mit dem Schrott?“ – Ich habe das Gesagte geflissentlich überhört. Der Tausch wurde vollzogen, ich landete in der Nähe der Quellen von Lahn, Sieg und Eder.
Die Entfernung zwischen dem Familienwohnort und dem Berg, wo ich gelandet war, war um vieles größer geworden. Und um diese Zeit gab es längst nicht durchgängige Autobahnen so wie heute. Zwischendrin waren Lehrgänge zu bestehen, schließlich durfte meine Frau die altgoldenen Knöpfe am Wintermantel gegen silberne austauschen, so mal eben während einer Familienheimfahrt.
Die Familie brauchte noch einige Zeit, dann war sie auch im Sauerland angekommen. Ich hatte reichlich zu tun. Doch zwei Jahre nach dem Zuzug der Familie marschierte ich weiter auf eine Planstelle im Stab im Raum Köln/Bonn. Wieder Pendeln. Und wer war da auf der Dienststelle? Auch der "Freisinger" war da im Stab gelandet, wurde mein „Direktor“ (so haben ihn die Anderen genannt).
Eine tolle Zeit des Arbeitens begann. Ich konnte mein Wissen und die Fähigkeiten einbringen. Reichliche Dienstreisen, Studienarbeiten. Abmahnungen, weil die Wache immer wieder meldete, daß da noch Licht unterm Dach brannte – ich habe ja oft bis zwei in der Nacht programmiert, es aber nicht angemeldet. Und dann war ich dabei, einen Lehrgang im Staate Utah zu besuchen.
Noch zweimal war ich in den Staaten, habe mich mit den Entwicklern der neuen Radargeräte „herumgeschlagen“. In dieser Zeit hielt mir der "Freisinger" – übrigens ein Berliner so wie icke – den Rücken frei, nahm mich in Schutz gegen solche, die nicht verstanden, was wir da machten. Er stand mir sogar bei, als ich die Wohnung wechselte, die zweite Ehe in die Brüche ging und ich zum Alleinerziehenden Vater wurde.
Wir Beide haben auch mal Karten miteinander gekloppt, mich hat man ganz schön besoffen ins Bett verfrachtet. Aber wir waren eben immer noch „Persil“, das Vorgesetzten-Verhältnis wurde beachtet. Dabei hätte er nie Angst vor Störungen haben müssen. Ein Jahr vor dem Entlassungstag mußte ich von einer Tätigkeit bei Aurich fix nach Köln/Bonn pesen, um den Empfang des „Blauen Briefes“ noch terminkonform zu bestätigen.
Und dann war es aus für mich, nach vierundzwanzig Jahren beim Bund. Schade, man gerade dreiundfünfzig Jahre alt, die Arbeit hätte noch viel von mir haben können. Aber so isses. Tolle Verabschiedung im Kommando mit noch ein paar Anderen. Im Kasino wurde gefeiert, die Kameraden der Flugbereitschaft hatten Weißwürste, Laugensemmeln und Bier herangeflogen. Unser General hielt die obligatorische Verabschiedungsrede. Dann, dieses Mal blieb ich nicht bei dem einen Bier sitzen (es hätte sein können, daß ich jemanden nach Hause fahren möchte). Und der „Freisinger“, längst in seinem Haus in der Einflugschneise von Köln/Bonn wohnend, bot mir das "Du" an. Naja, ich nahm es vorsichtig an.
Einige Jährchen vergingen, Wolfgang war auch aus dem Dienst verabschiedet worden. Was macht man da so jung? Er machte sich selbständig, ich war schon einige Zeit so tätig. Und dann wünschte er sich mein Gedächtnis in Bezug auf das, was ich damals beim Bund an Programmen produziert hatte. Die Zeit mit Computern war weiter gegangen. Er brauchte jetzt im Job eben diese Programme. Und die konnte ich neu schreiben. Wir nutzten alle Kommunikationsmittel – Flatrate und Mailing gab es anfangs noch nicht und auch kein DSL. So zockelten die Bits und Bytes noch sehr gemütlich zwischen unseren Stationen hin und her. Datenbanken wurden aufgesogen und per Post auf CD’s ausgetauscht.
Als ich dann mal in der Predulje war, half Wolfgang sofort. Das Programmieren stellte ich erst ein, als sich bei mir im Programmieren die Fehlerrate vergrößerte, aber auch aus zwei anderen Gründen: das Finanzamt erkannte meine „Verluste“ nicht mehr an; die BaFög-Berechnung ignorierte die wirklichen Verluste. Also waren die von Wolfgang zugesandten Vergütungen nur ein Nichts wert. Ich wollte auch nicht mehr 16 Stunden lang programmieren. Ich suchte nach den Gründen der Eheenden.
Aber damit endete unsere Freundschaft nicht, nein, jetzt hatten wir uns Zeit für kurzen Gedankenaustausch. Geburtstage, besonderes die markanten Eckpfeiler wurden gefeiert. Ein Malvorbeischauen, ein Besuch der gemeinsamen Heimat Berlin, immer war und ist Kontakt da.
Und gestern? Da konnte ich dem Freunde bei einer Übersetzungsarbeit helfen, die Bilder und Fotos aus einer mächtigen PDF-Datei zu schnibbeln und die deutsche Beschriftung abzudecken. Das war ‘n Job wie in früherer Zeit. eMails hin und eMails zurück gezippt. Spät war’s geworden. Heutemorgen der Gruß vom Rhein: es geht weiter!
ortwin
Ich wurde aus dem Lechfeld nach Freising versetzt – das mußte und durfte sein, weil ich zum Weiterkommen eine höher dotierte Planstelle brauchte. Das hieß wieder Pendeln zwischen Familienstandort und der Kaserne. Mit dem Auto immerhin noch eine hoppelige Fahrerei – das war vor den Olympischen Spielen 1972, und da gab es noch nicht so beschleunigte Stra0en, im Gegenteil massig Baustellen, z.B. wo die Regatta-Strecke gebaut wurde.
Man empfing mich in der neuen Einheit, da auf dem Berg, wo die Radarstellung lag, nicht gerade mit offenen Armen, „nahm ich doch einem davon träumenden Anwärter die Stelle weg“. Mir machte das auch nicht gerade Spaß, von Mobbing sprach man da noch nicht.
Die Abteilung, von der ich kam, wurde ins Rothaar-Gebirge verlegt. Ich bewarb mich um Hinzuversetzung. Der stellvertretende Chef forderte einen Ersatz – und ich fand einen Kameraden in der alten Einheit, der die Versetzung vom Lechfeld ins Rothaargebirge nicht mitmachen wollte. Der hatte noch die letzten Tage des Krieges mitgemacht. „Was soll ich mit dem Schrott?“ – Ich habe das Gesagte geflissentlich überhört. Der Tausch wurde vollzogen, ich landete in der Nähe der Quellen von Lahn, Sieg und Eder.
Die Entfernung zwischen dem Familienwohnort und dem Berg, wo ich gelandet war, war um vieles größer geworden. Und um diese Zeit gab es längst nicht durchgängige Autobahnen so wie heute. Zwischendrin waren Lehrgänge zu bestehen, schließlich durfte meine Frau die altgoldenen Knöpfe am Wintermantel gegen silberne austauschen, so mal eben während einer Familienheimfahrt.
Die Familie brauchte noch einige Zeit, dann war sie auch im Sauerland angekommen. Ich hatte reichlich zu tun. Doch zwei Jahre nach dem Zuzug der Familie marschierte ich weiter auf eine Planstelle im Stab im Raum Köln/Bonn. Wieder Pendeln. Und wer war da auf der Dienststelle? Auch der "Freisinger" war da im Stab gelandet, wurde mein „Direktor“ (so haben ihn die Anderen genannt).
Eine tolle Zeit des Arbeitens begann. Ich konnte mein Wissen und die Fähigkeiten einbringen. Reichliche Dienstreisen, Studienarbeiten. Abmahnungen, weil die Wache immer wieder meldete, daß da noch Licht unterm Dach brannte – ich habe ja oft bis zwei in der Nacht programmiert, es aber nicht angemeldet. Und dann war ich dabei, einen Lehrgang im Staate Utah zu besuchen.
Noch zweimal war ich in den Staaten, habe mich mit den Entwicklern der neuen Radargeräte „herumgeschlagen“. In dieser Zeit hielt mir der "Freisinger" – übrigens ein Berliner so wie icke – den Rücken frei, nahm mich in Schutz gegen solche, die nicht verstanden, was wir da machten. Er stand mir sogar bei, als ich die Wohnung wechselte, die zweite Ehe in die Brüche ging und ich zum Alleinerziehenden Vater wurde.
Wir Beide haben auch mal Karten miteinander gekloppt, mich hat man ganz schön besoffen ins Bett verfrachtet. Aber wir waren eben immer noch „Persil“, das Vorgesetzten-Verhältnis wurde beachtet. Dabei hätte er nie Angst vor Störungen haben müssen. Ein Jahr vor dem Entlassungstag mußte ich von einer Tätigkeit bei Aurich fix nach Köln/Bonn pesen, um den Empfang des „Blauen Briefes“ noch terminkonform zu bestätigen.
Und dann war es aus für mich, nach vierundzwanzig Jahren beim Bund. Schade, man gerade dreiundfünfzig Jahre alt, die Arbeit hätte noch viel von mir haben können. Aber so isses. Tolle Verabschiedung im Kommando mit noch ein paar Anderen. Im Kasino wurde gefeiert, die Kameraden der Flugbereitschaft hatten Weißwürste, Laugensemmeln und Bier herangeflogen. Unser General hielt die obligatorische Verabschiedungsrede. Dann, dieses Mal blieb ich nicht bei dem einen Bier sitzen (es hätte sein können, daß ich jemanden nach Hause fahren möchte). Und der „Freisinger“, längst in seinem Haus in der Einflugschneise von Köln/Bonn wohnend, bot mir das "Du" an. Naja, ich nahm es vorsichtig an.
Einige Jährchen vergingen, Wolfgang war auch aus dem Dienst verabschiedet worden. Was macht man da so jung? Er machte sich selbständig, ich war schon einige Zeit so tätig. Und dann wünschte er sich mein Gedächtnis in Bezug auf das, was ich damals beim Bund an Programmen produziert hatte. Die Zeit mit Computern war weiter gegangen. Er brauchte jetzt im Job eben diese Programme. Und die konnte ich neu schreiben. Wir nutzten alle Kommunikationsmittel – Flatrate und Mailing gab es anfangs noch nicht und auch kein DSL. So zockelten die Bits und Bytes noch sehr gemütlich zwischen unseren Stationen hin und her. Datenbanken wurden aufgesogen und per Post auf CD’s ausgetauscht.
Als ich dann mal in der Predulje war, half Wolfgang sofort. Das Programmieren stellte ich erst ein, als sich bei mir im Programmieren die Fehlerrate vergrößerte, aber auch aus zwei anderen Gründen: das Finanzamt erkannte meine „Verluste“ nicht mehr an; die BaFög-Berechnung ignorierte die wirklichen Verluste. Also waren die von Wolfgang zugesandten Vergütungen nur ein Nichts wert. Ich wollte auch nicht mehr 16 Stunden lang programmieren. Ich suchte nach den Gründen der Eheenden.
Aber damit endete unsere Freundschaft nicht, nein, jetzt hatten wir uns Zeit für kurzen Gedankenaustausch. Geburtstage, besonderes die markanten Eckpfeiler wurden gefeiert. Ein Malvorbeischauen, ein Besuch der gemeinsamen Heimat Berlin, immer war und ist Kontakt da.
Und gestern? Da konnte ich dem Freunde bei einer Übersetzungsarbeit helfen, die Bilder und Fotos aus einer mächtigen PDF-Datei zu schnibbeln und die deutsche Beschriftung abzudecken. Das war ‘n Job wie in früherer Zeit. eMails hin und eMails zurück gezippt. Spät war’s geworden. Heutemorgen der Gruß vom Rhein: es geht weiter!
ortwin
Kommentare (4)
ortwin
Die Bilder sind aus der PDF-Datei geschnitten. Die Deutsche Beschriftung ist in jedem Bild entfernt. Davon eine Kopie gemacht. Beide Bilder in eine DOC-Datei eingefügt und eine zweispaltige Tabelle, in die die entfernten deutschen Wörter eingelistet wurden.
Die DOC-Datei geht auf die Reise. Mein Freund übersetzt die Tabellenzeilen und schickt mir die ausgefüllte DOC-Datei zurück. Ich hole die hiergebliebene Bildkopie heran und bastele die englischen Ausdrücke ein. Dann speichere ich das neue Bild und schicke es wieder per Internet zum Freund, der dann in seinen Übersetzungstext das Bild/die Bilder etwa an die Stelle im Text einkopiert. Noch habe ich etwas zu tun. Ich denke, der Freund hat alle Bilder zeitgerecht, und er kann die Übersetzung (nicht wenige Seiten) noch rechtzeitig abliefern.
ortwin
Die DOC-Datei geht auf die Reise. Mein Freund übersetzt die Tabellenzeilen und schickt mir die ausgefüllte DOC-Datei zurück. Ich hole die hiergebliebene Bildkopie heran und bastele die englischen Ausdrücke ein. Dann speichere ich das neue Bild und schicke es wieder per Internet zum Freund, der dann in seinen Übersetzungstext das Bild/die Bilder etwa an die Stelle im Text einkopiert. Noch habe ich etwas zu tun. Ich denke, der Freund hat alle Bilder zeitgerecht, und er kann die Übersetzung (nicht wenige Seiten) noch rechtzeitig abliefern.
ortwin
anjeli
wahre Freundschaft, die immer halten wird.
Sie ist geprägt von Toleranz, Verständnis und Hilfsbereitschaft. Was will man mehr,
mehr geht nicht.
Natürlich kann man mehrere Freund haben. Auch hier im ST kann man Freunde gewinnen.
Alles ist möglich, das haben schon viele hier bewiesen.
Gruß anjeli/ulla
Sie ist geprägt von Toleranz, Verständnis und Hilfsbereitschaft. Was will man mehr,
mehr geht nicht.
Natürlich kann man mehrere Freund haben. Auch hier im ST kann man Freunde gewinnen.
Alles ist möglich, das haben schon viele hier bewiesen.
Gruß anjeli/ulla
ehemaliges Mitglied
....Du irrst Du dich.....Du hast vieler Freunde als Du denkst.....ja....glaubst Du nicht? .....Danke fuer Deinen Reportage... HenrykSommer 2010(henryk)
Sommer 2010(henryk)
Sommer 2010(henryk)
Du schreibst so lebendig und deshalb kann ich mir gar nicht vorstellen, dass du wirklich nur einen Freund hast.
Schau nur mal genau hin -
Liebe Grüße
Ingrid