Historisches - „Die Mächte fürchteten die Königstreue der Sachsen!“


„Die Mächte fürchteten die Königstreue der Sachsen!“
24. Juni 1815: Großes Friedens- und Dankfest in Radeberg
Obwohl Zeitzeuge und 1815 Stadtrichter von Radeberg, erwähnt Johann Samuel Heinrich Martius in seinen geschichtlichen Aufzeichnungen sowohl 1828 als 1840 nichts von den Zeitereignissen des Jahres 1815. Durch Zufall wurde ich auf den 24. Juni des schicksalhaften Jahres aufmerksam. In Radeberg erschien eine acht Seiten umfassende Flugschrift mit dem Titel: „Hymne am Tage des Dankfestes und der Rückkehr unseres Königs Friedrich August I., gesungen zu Radeberg den 24. Juni 1815“, gedruckt in Radeberg 1815. Die Flugschrift konnte ich bis jetzt noch nicht einsehen, sie scheint nur in Leipzig vorhanden zu sein.
Was war geschehen?
Die historischen Stichworte „Waterloo“ und „Wiener Kongress“ kennt der Geschichtskundige. Doch wie es um Sachsen bestellt war oder gar um das Radeberger Land, ist selbst Insidern nur bruchstückhaft bekannt. Und so habe ich im Stadtarchiv Radeberg einiges gefunden. In der Stadtrechnung von 1815/16 sind aufgeführt, dass sowohl Kosten für die Friedenspublikation als auch für das Fest vom 24. Juni anfielen. Am 19. Juni wurde Geld ausgegeben um „...die Publication des Friedens-Tractats zwischen Sachsen und den verbündeten Mächten“ in der Stadt auszuhängen und zu verbreiten. Und im August 1815 erhielt der Schmied Carl Gottlob Hofmann 4 Taler, 7 Groschen „für die im Monat Juni 1815 zur Feyer der Rückkehr des Königs von Sachsen errichteten vier Pyramiden“. Soweit, so gut. Einzige Kunde des Datums 24. Juni 1815 gibt die erwähnte Flugschrift über die gesungene Hymne. Aber es ordnet sich ein, denn in Sachsen gibt es an allen größeren Plätzen im Juni solche Feste. Für den 24. Juni habe ich bisher noch den großen Aufmarsch des Königlichen Bergamtes und der gesamten Knappschaft in Annaberg gefunden. Sachsens Untertanen standen in einer beeindruckenden Geschlossenheit zu Friedrich August I., seit 1806 König von Sachsen, natürlich von Napoleons Gnaden. Man gab ihm später den Beinamen „der Gerechte“. Soviel zur Verehrung des Landesvaters oder wie man ihn am 7. Juni bei seiner Rückkehr nach zwanzigmonatiger preußischer Gefangenschaft in Dresden nannte „Pater Patriae“, was so viel wie „Vater des Vaterlandes“ bedeutet.
Die Schmach saß tief und das Zusammengehen zwischen Volk und König war dafür umso rührender. Dass eigentlich Fridrich August I. mit seiner Vasallentreue zu Napoleon bis zuletzt auch die sächsischen Interessen auf das Spiel setzte, war im Alltagsgeschehen jener Jahre nicht zu vermitteln. Hatte man doch am 23. April 1813 in Radeberg Zar Alexander I. als „Befreier“ begrüßt und gehofft, dass nun bessere Zeiten kommen. Doch bis zur Völkerschlacht im Oktober 1813 sah man durch Radeberg so viele Kriegsvölker marschieren, dass die Euphorie schnell einer Ernüchterung wich. Russen, Preußen, Österreicher und Ungarn führten sich nicht besser auf wie der Verbündete Frankreich. Jeden Tag Sanktionen, Befehle zum Herbeischaffen des Nötigsten, Plünderungen und Entrechtung. So suchte man Halt im Eigenen und das war das Natürlichste. Radebergs Geistlichkeit unter Pfarrer Ludwig Justus Gottlob Muff ermahnte zur Gottgefälligkeit und zur Königstreue. Möglicherweise ist der Verfasser der Hymne aus diesen Kreisen zu suchen.
Nach der Völkerschlacht war Radeberg von russischen Truppen besetzt, im Rathaus saß ein Abgesandter des Generalgouverneurs Repnin-Wolkonski. Im ersten Anlauf des Wiener Kongresses zur Klärung der nachnapoleonischen Zeit räumten die Russen bis zum 8. November 1814 ihre Positionen in Sachsen und übergaben das Land an Preußen. Der König von Preußen ließ sich überall, auch in Radeberg und Umgebung als künftiger Landesherr ausrufen. Er wollte Fakten schaffen. Ganz Sachsen sollte künftig eine preußische Provinz werden. Von Persönlichkeiten wie dem Freiherrn von Stein angestachelt, waren Agitatoren unterwegs, die dem sächsischen Volk schmackhaft machen wollten, künftig für Immer und Ewig preußische Staatsbürger zu sein. Es war dem französischen Unterhändler beim Wiener Kongress, Talleyrand zu verdanken, dass dieser die versammelten Adligen und Diplomaten aller Herren Länder, nur Sachsen war offiziell nicht eingeladen (!), aufmerksam machte, dass sich die Sachsen ihren König zurück wünschten.
Jetzt kam Bewegung in die Sache und nach monatelangem Verhandeln kam es am 18. Mai 1815 zum Friedensvertrag zwischen Preußen und Sachsen. Hierzu durfte Friedrich August I. nach Preßburg (heute Bratislava) reisen, um den Vertrag gegenzuzeichnen, der ja eher ein Friedensdiktat war. Sachsen verlor als „Kompromiss der großen Mächte“ 58% seines Staatsgebietes und 42 % seiner Bevölkerung. Die Stimmung im sächsischen Volke aufgreifend, sandte Friedrich August I. am 6. April einen Aufruf an seine Untertanen mit der Feststellung, dass er „das Wohlergehen des Landes“ im Auge habe. Es war die erste Äußerung des Königs nach fast achtzehn Monate dauernden „verordnetem“ Schweigen. Umso größer die Freude im Lande. Der Hass und die Feindschaft gegen das bedrückende preußische Militär waren nahezu ins Unermessliche gestiegen. Mussten doch gerade seit Anfang April neue Militärleistungen zur Befestigung Dresdens für einen möglichen Krieg an die Preußen erbracht werden.
Am 22. Mai 1815 werden erstmals die neuen sächsischen Farben „Grün-Weiß“ per Verordnung eingeführt. Radeberg schmückt das Pirnaische Stadttor mit grünweißen Girlanden. Am 2. Juni kommt die nächste Verordnung. Sachsens Staatsbürger und Untertanen werden von allen Verpflichtungen gegenüber Preußen und den anderen Mächten frei gesprochen. Schon die Ankündigung am 6. Juni, der Aufhebung des preußischen Generalgouvernements über Sachsen, führte zum Jubel. Nun konnte man sich wieder offen zum sächsischen Königshaus bekennen, ohne von der preußischen Polizei bedrängt zu werden. Am 22. Juni zogen die letzten preußischen Soldaten aus Radeberg und Stolpen ab. Unsäglicher Jubel hob an und man kann sich gut vorstellen, dass der 24. Juni auf dem Radeberger Marktplatz alle Einwohner in einen Freudentaumel versetzte. Die Kirche war für eine solche Feier diesmal zu klein. Man „wolle die sächsische Freiheit, nicht ein deutsches Vaterland unter Preußen“, soll Bürgermeister Carl Gottlob Liebscher in jenen Tagen gleich anderen öffentlich gesagt haben.

haweger

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Kommentare (1)

finchen das Ding war schwach....ich suche nach Witz und Geist in dieser Geschichte?
Einfach zu lau. Nicht böse sein, es war mal wieder das
mit Gruß ausgestattete
Moni-Finchen

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