Heimat
….Fast jeder Winkel des Globus ist bewohnt, von den heißesten Wüstengebieten am Äquator bis zu den bitterkalten Polarzonen. Nicht überall fühlen sich Menschen zu Hause, sie suchen sich andere Plätze, wo sie sich in eine Landschaft oder einen Menschen verlieben, eine Familie bilden, Arbeit und Auskommen finden und bleiben wollen.
….Die Deutschen sprechen da gern von Heimat. Nicht in allen Sprachen gibt es einen entsprechenden Begriff. Heimat, so kann man vielleicht sagen, ist dort, wo die Vorfahren schon gewohnt haben, wo man sich zugehörig fühlt, wo man weitgehend wohnt, wo man denkt, wie die meisten ringsherum, in einem Dorf, einem Tal, einem Flecken, den man sich in einem fernen und fremden Land erobert hat.
….Gibt es für dich so eine Heimat? Was gefällt dir daran besonders? Bist du der Meinung, dass nur die „Eingeborenen“ dazu gehören sollen? Stören Fremde, und warum? Meinst du die Besonderheiten deiner Heimat verteidigen zu müssen? Wie?
….Ich selbst gehöre nach dem Verlust meiner Heimat Schlesien eher zu dem Typ, der Heimat eher in der Fremde gesucht und gefunden hat, und das auch weiter so halten würde, wenn es die Gesundheit zuließe.
…. Silesio, Leominster, UK
Kommentare (10)
@Juttchen
Noch nie in eine andere Stadt gezogen? Nein, das kann nicht sein! Das gibt es einfach nicht.
Wenn aber doch, dann schleunigst ins Guinness-Buch der Rekorde. Da hast du deinen gebürenden Platz
Als Kind von Heimatvertriebenen aus Oberschlesien, wie an anderer Stelle schon erwähnt, bin ich mit dem Gefühl aufgewachsen (im schwäbischen Baden-Württemberg) "wir sind nicht von hier", was ich anscheinend tief verinnerlicht habe. So ist es mir als Kind und eigentlich fast mein ganzes Leben lang nie gelungen, irgendwo wirklich Wurzeln zu schlagen und mich beheimatet zu fühlen. Eher immer wie ein heimatloser Gast, der mal mehr mal weniger wohlgelitten ist. Ich bin weder Schwäbin noch Oberschlesierin, weil ja dort nicht geboren. Als Kind habe ich draußen beim Spielen schwäbisch gesprochen, um das Gefühl zu haben dazuzugehören. Zuhause wurde Hochdeutsch mit schlesischem "Klang" gesprochen. Noch heute höre ich es sofort, wenn ich auf jemanden treffen, der von dort stammt.
Noch nicht so lange, stellte sich so etwas wie ein Heimatgefühl ein, dort wo ich nun schon seit 50 Jahren lebe und mich auch wohlfühle. Und trotzdem bleibt auch das Gefühl eine, wie man hier sagt, "Reigschmeckte" zu sein. Meine Wurzeln sind nicht hier. Ja, wo sind sie denn überhaupt? Es gibt ein Kirchenlied: Wir sind nur Gast auf Erden .....
@Roxanna, du hast übrigens recht, auch ich konnte vielleicht kein Heimatgefühl entwickeln, weil ich in Bielefeld hörte: Was wollt ihr Polacken eigentlich hier? Geht doch zurück und lasst uns zufrieden.
@silesio
Meine Eltern landeten mit meinen Geschwistern nach der Flucht auf einem Bauernhof auf der Schwäbischen Alb. Kein Wort verstanden sie von dem Dialekt, waren höchst unwillkommen, wurden als, wie du auch schreibst "Polacken" oder Rucksackdeutsche beschimpft. Man stelle sich einmal vor, nach den Strapazen der Flucht, alles verloren zu haben, musste man sich auch noch beschimpfen lassen. Das waren knallharte Zeiten, die ihre Spuren hinterlassen haben.
@Roxanna
Kein Wunder, dass gerade Vertriebene und Flüchtlinge besonders fleissig gearbeitet und damit stark zum Wirtschaftswunder beigetragen haben
@silesio
Mein Vater als Spätheimkehrer war gezwungen, der Arbeit nachzureisen. So wuchs ich mit Baustellen, Umzugskartons und Schulwechsel auf. Dankenswerterweise hatte meine Mutter die Gabe, aus jeder noch so primitiven Unterkunft ein Nest zu bauen.
Diese Lebensweise habe ich unbeabsichtigt übernommen, nur im größeren Kreis über Deutschland hinaus. Ist wohl mein Karma, falls man an so etwas glaubt 😉
Zuhause bin ich dort, wo ich mich wohlfühle und bestenfalls noch angenehme Menschen um mich habe.
Manchmal beneide ich Menschen, die so etwas wie Heimat kennen. Andererseits habe ich dadurch schon früh gelernt, auf Menschen zuzugehen, denn niemand hat irgendwo auf mich gewartet.
So ist es mir sogar gelungen, in einer eingeschworenen Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden, ohne als "Zugezogene" zu gelten.
Wo ich jetzt wohne, ist wahrscheinlich auch noch nicht die letzte Station. Ich bin und bleibe offen für Neues. Wer weiß schon, was der Rest des Lebens noch zu bieten hat?
Unternehmungslustige, wenn auch heimatlose Grüße
Via
Ach @Via, als kluge Frau - diesen Eindruck habe ich jedenfalls - lenkst du von der Vergangenheit ab und lenkst den Blick auf die Zukunft: Ich bin und bleibe offen.
Möge deine Zukunft dir Glück bringen, wohin dich das Schicksal auch verschlägt
Silesio
Auch ich habe lange keine "Heimat" gehabt, weil meine Mutter, aus Estland 1939 ausgesiedelt, sich hier, am Harzrand, wo mein Vater Arbeit fand, nicht wohlfühlte !
Dass wir hier "nicht dazu gehören würden, dass hier seinerzeit Verbrecher angesiedelt wurden, dass die Leute unfreundlich wären und uns nicht haben wollten..." Dazu als Städterin aufs Land "verbannt", keine Infrastruktur, keine Freunde, kein Leben...
Doch heimlich liebte ich, dass ich auf Bäume klettern, im Winter Schlitten fahren, Schlüsselblumen und Veilchen oder auch Pilze sammeln, im Wald mit Freunden picknicken und spielen , und später : wandern konnte, über die Berge bis auf die hohen Hügel mit Ausblick...
So ging es weiter : Gymnasium in der Stadt, nur mit dem Bus zu erreichen, mühsam und nicht rechtzeitig !
Später Studium in der Großstadt, die ich erst ganz gut fand und dann hasste, trotz Stadtwald zu wenig Natur, die Menschen unfreundlich und fremd...
Später doch Freunde gefunden und ein langes Leben, doch wieder in eine Kleinstadt und jetzt aufs Land gezogen.
Und heute meine ich, dass ich hier "meine Heimat" gefunden habe, mit Freunden, Natur und einer Wohnung, die ich liebe !
Angekommen ? Ich hoffe es ! Ich singe im Chor mit Begeisterung : "Wunderschöner Norden"...
@Meerjungfrau43
In gewisser Weise eine sehr typische Geschichte einer Eingewöhnung.
"Angekommen" eine der schönsten Erfahrungen, die es gibt. Deshalb mein guter Rat aus der Ferne: Singe, singe, singe, wo und was auch immer!
Silesio
Beim Spazierengehen kommen wir öfter mal an einem Haus vorbei, an dessen Tür ein Schild hängt mit der Aufschrift: "Heimat ist dort, wo der Anker fällt."
Da ich in meinem Leben noch nie in eine andere Stadt umgezogen bin, empfinde ich eben meine Stadt als Heimat. Hier sind meine Wurzeln, hier bin ich geboren und aufgewachsen. Ich fühle mich hier in Niedersachsen wohl, verstanden und angenommen und werde wohl auch nicht mehr fortziehen. Früher hatte ich immer noch Überlegungen angestellt, in südlichere Länder auszuwandern, aber die Sommer sind ja auch in D. sehr schön geworden und deshalb bleibe ich hier.😆😉
Nette Grüße von
Jutta