Glosse vom 9. März 2009
Glosse vom 9. März 2009
Was ich gerne mag:
... literarische Verfilmungen. (Anlaß für diese Glosse ist der Film „Der Vorleser“; nach dem Roman von Bernhard Schlink.)
Von Beginn der Filmgeschichte hat die Verfilmung literarischer Werke immer eine große Rolle gespielt; seien es angesehene dichterische Werke, seien es Werke aus der Trivialliteratur – sie lieferten Vorlagen für viele Filme, wobei Neuverfilmungen bekannter Werke keine Seltenheit sind. (Siehe auch die neue Verfilmung des Romans "Effi Briest" von Theodor Fontane; Diskussion dazu im ST-Forum.)
Doch bevor man vergleicht, sollte man berücksichtigen: Das Buch arbeitet mit anderen Mitteln, Techniken als der Film. Das Wort, der geschriebene Text ist das ausschließliche Kunstmittel des Buches, wobei dann allerdings die Imaginationskraft, die Vorstellungskraft des Lesers dazu kommt bzw. für die Rezeption eines Buches eine/"die" wesentliche Rolle spielt.
Daß der Leser wiederum in bzw. mit seinem Imaginationsvermögen ebenfalls geprägt ist, liegt auf der Hand. Zum Beispiel bezüglich eines Textes wie "Der Vorleser": Lebensalter, Erfahrung, persönliches Leben und Schicksal, Bildung, Leseerfahrung. letztlich die konkrete Persönlichkeit eines Menschen.
So wird etwa eine Lehrerin einen solchen Text anders lesen als etwa ein Schüler („Der Vorleser“ steht in vielen Lehrplänen der Bundesländer als Referenzlektüre.)
Allerdings: Die textliche Komplexität eines literarischen Werkes; etwa das Spiel mit dem Erzähler, die Reflexionsstufen, der Wechsel zwischen äußerem und inneren Geschehen, Spiel und Kunst mit der Sprache (Metaphorik, Ironie etc.) ... all das kann mit filmischen Mitteln – zumindest nicht eins zu eins – wiedergegeben werden. Der Film hat eben andere Kunstmittel, die als solche sehr vielfältig sind. Es dominiert das (bewegte) Bild; die Visualität eines Filmes ist wesentlich stärker als etwa der im Film gesprochene Text. Gesichter, Menschen, Szenen (Orte, Landschaften etc.) – alles wird vorgegeben. Dazu kommen Kunstmittel wie Licht und Farbe, die Perspektive, Ausschnitte, Schnitttechnik, musikalische Untermalung, gegebenenfalls der Filmsong etc. Kleines Fazit: Es kann kaum eine adäquate Verfilmung geben.
Sagen wir so: Das literarische Werk und der Film sind eben verschiedene Kunstformen, die jeweils anderen „Gesetzmäßigkeiten“ unterliegen und somit kaum miteinander verglichen werden können.
Was ich nicht mag:
... daß diese prinzipielle Unvergleichbarkeit von vielen Rezensenten (natürlich auch von vielen Lesern und/oder Zuschauern) nicht beachtet wird, wie es bei etlichen rezensorischen Verdikte (derer finden sich etliche im Internet) zu beobachten ist. Allenfalls der Rezipient, also der Leser und der Zuschauer, entscheidet, was ihm – eben aufgrund bestimmter Kriterien – besser gefällt, was ihn mehr überzeugt. Eine "platte inhaltliche" Übertragung macht übrigens noch keine gelungene Verfilmung aus. Für den Kenner hat es eben einen hohen ästhetischen und intellektuellen Reiz, eben die Spezifika beider Präsentationen, also des Buches und des Filmes, festzustellen, zu erkennen und zu vergleichen.
Grundsätzlich hat man – nach der Lektüre der vielen Rezensionen – den Eindruck, daß jeder Rezensent sich das herauspickt, was ihm gerade einfällt und/oder was ihm beim Anschauen des Filmes aufgefallen ist; falls der überhaupt den ganzen Film, gegebenenfalls mehrfach, gesehen hat oder sich nur auf einen Ausschnitt und die Informationen der Filmverleihfirma beruft.
Letzteres ein Verfahren, das in weiten Bereich unserer medialen Öffentlichkeit stattfindet; nicht nur im Kulturbereich, sondern bei Produkten, Dienstleistungen etc. Man erkauft sich die öffentliche Zustimmung.
In diesem Zusammenhang: Ich lese und höre nicht richtig: Da werben jetzt laufend sogenannte Prominente für BILD ... Köstlich! Da müssen wohl der BILD-Geschäftsführung die enorm gesunkenen Verkaufszahlen der BILD sauer aufgestoßen sein; und jetzt läßt sich BILD es wohl eine Menge kosten, mit Hilfe dieser öffentlichen Personen für "ihr Bladl" zu werben. Kurios: ich assoziiere in diesem Zusammenhang immer "Prostitution".
Naja, vermutlich fehlt es mir, als niederrheinischen Bauerntrampel, an der intellektuellen Trennschärfe ... und überhaupt: Ich bin ja vom Thema abgewichen. Pardon!
Über mich:
Also wieder "ad rem", zur Sache. Bernhard Schlinks "Vorleser". (Etwa am letzten Sonntag in der Sonntags-FAZ den Verriß gelesen? Siehe dazu den Hinweis im ST-Forum-Literatur) Jetzt weiß ich nicht, ob dieses Buch hier einmal besprochen und/oder diskutiert worden ist. Ich selbst hatte es – in einem erzwungenen Zusammenhang (ich sollte darüber etwas schreiben) – vor vielen Jahren (kurz nach seinem Erscheinen) gelesen.
Und mich hat damals, eben bei der spontanen, eben nicht sehr reflektierenden Lektüre, die fast tragische Konstellation der beiden Protagonisten, also Michael und Hanna, sehr beeindruckt; wie letztlich beider Leben durch diese Bekanntschaft, durch diese Liebe (?) verknüpft wurde – dies eben auch oder vor allem im gesellschaftlichen und historischen Kontext, wozu Michaels Herkunft und Erziehung, später Ausbildung und Beruf; Hannas Analphabetismus, dessen geradezu tragische Folgen gehören – wie tragisch, wie ausweglos es letztlich für beide endet. Michael, der sich nie von der Prägung durch die erste Liebe lösen und von der Person Hannas lösen kann (die gleichsam konstituierend für sein Leben ist); Hanna (von der der Leser allerdings nur durch Michael erfährt), deren Leben nicht nur von verschiedenen Zwängen bestimmt wird (nur von Zwängen bestimmt wird! ), sondern deren Leben offenbar für sie ausweglos ist und mit ihrem Freitod endet.
In Zusammenhang mit der Verfilmung werde ich das Buch noch einmal, eben wieder lesen, um die weiteren Bezüge, eben den gesellschaftlichen und historischen Kontext zu berücksichtigen – eben wieweit und welche Rolle dieser Kontext spielt. (Nur so nebenbei ... ich, an sich nicht film-erfahren und mehr oder weniger völlig fernsehabstinent, halte den Film aber durchaus für sehenswert.)
Verantwortlich
Die Bertha
vom Niederrhein
Was ich gerne mag:
... literarische Verfilmungen. (Anlaß für diese Glosse ist der Film „Der Vorleser“; nach dem Roman von Bernhard Schlink.)
Von Beginn der Filmgeschichte hat die Verfilmung literarischer Werke immer eine große Rolle gespielt; seien es angesehene dichterische Werke, seien es Werke aus der Trivialliteratur – sie lieferten Vorlagen für viele Filme, wobei Neuverfilmungen bekannter Werke keine Seltenheit sind. (Siehe auch die neue Verfilmung des Romans "Effi Briest" von Theodor Fontane; Diskussion dazu im ST-Forum.)
Doch bevor man vergleicht, sollte man berücksichtigen: Das Buch arbeitet mit anderen Mitteln, Techniken als der Film. Das Wort, der geschriebene Text ist das ausschließliche Kunstmittel des Buches, wobei dann allerdings die Imaginationskraft, die Vorstellungskraft des Lesers dazu kommt bzw. für die Rezeption eines Buches eine/"die" wesentliche Rolle spielt.
Daß der Leser wiederum in bzw. mit seinem Imaginationsvermögen ebenfalls geprägt ist, liegt auf der Hand. Zum Beispiel bezüglich eines Textes wie "Der Vorleser": Lebensalter, Erfahrung, persönliches Leben und Schicksal, Bildung, Leseerfahrung. letztlich die konkrete Persönlichkeit eines Menschen.
So wird etwa eine Lehrerin einen solchen Text anders lesen als etwa ein Schüler („Der Vorleser“ steht in vielen Lehrplänen der Bundesländer als Referenzlektüre.)
Allerdings: Die textliche Komplexität eines literarischen Werkes; etwa das Spiel mit dem Erzähler, die Reflexionsstufen, der Wechsel zwischen äußerem und inneren Geschehen, Spiel und Kunst mit der Sprache (Metaphorik, Ironie etc.) ... all das kann mit filmischen Mitteln – zumindest nicht eins zu eins – wiedergegeben werden. Der Film hat eben andere Kunstmittel, die als solche sehr vielfältig sind. Es dominiert das (bewegte) Bild; die Visualität eines Filmes ist wesentlich stärker als etwa der im Film gesprochene Text. Gesichter, Menschen, Szenen (Orte, Landschaften etc.) – alles wird vorgegeben. Dazu kommen Kunstmittel wie Licht und Farbe, die Perspektive, Ausschnitte, Schnitttechnik, musikalische Untermalung, gegebenenfalls der Filmsong etc. Kleines Fazit: Es kann kaum eine adäquate Verfilmung geben.
Sagen wir so: Das literarische Werk und der Film sind eben verschiedene Kunstformen, die jeweils anderen „Gesetzmäßigkeiten“ unterliegen und somit kaum miteinander verglichen werden können.
Was ich nicht mag:
... daß diese prinzipielle Unvergleichbarkeit von vielen Rezensenten (natürlich auch von vielen Lesern und/oder Zuschauern) nicht beachtet wird, wie es bei etlichen rezensorischen Verdikte (derer finden sich etliche im Internet) zu beobachten ist. Allenfalls der Rezipient, also der Leser und der Zuschauer, entscheidet, was ihm – eben aufgrund bestimmter Kriterien – besser gefällt, was ihn mehr überzeugt. Eine "platte inhaltliche" Übertragung macht übrigens noch keine gelungene Verfilmung aus. Für den Kenner hat es eben einen hohen ästhetischen und intellektuellen Reiz, eben die Spezifika beider Präsentationen, also des Buches und des Filmes, festzustellen, zu erkennen und zu vergleichen.
Grundsätzlich hat man – nach der Lektüre der vielen Rezensionen – den Eindruck, daß jeder Rezensent sich das herauspickt, was ihm gerade einfällt und/oder was ihm beim Anschauen des Filmes aufgefallen ist; falls der überhaupt den ganzen Film, gegebenenfalls mehrfach, gesehen hat oder sich nur auf einen Ausschnitt und die Informationen der Filmverleihfirma beruft.
Letzteres ein Verfahren, das in weiten Bereich unserer medialen Öffentlichkeit stattfindet; nicht nur im Kulturbereich, sondern bei Produkten, Dienstleistungen etc. Man erkauft sich die öffentliche Zustimmung.
In diesem Zusammenhang: Ich lese und höre nicht richtig: Da werben jetzt laufend sogenannte Prominente für BILD ... Köstlich! Da müssen wohl der BILD-Geschäftsführung die enorm gesunkenen Verkaufszahlen der BILD sauer aufgestoßen sein; und jetzt läßt sich BILD es wohl eine Menge kosten, mit Hilfe dieser öffentlichen Personen für "ihr Bladl" zu werben. Kurios: ich assoziiere in diesem Zusammenhang immer "Prostitution".
Naja, vermutlich fehlt es mir, als niederrheinischen Bauerntrampel, an der intellektuellen Trennschärfe ... und überhaupt: Ich bin ja vom Thema abgewichen. Pardon!
Über mich:
Also wieder "ad rem", zur Sache. Bernhard Schlinks "Vorleser". (Etwa am letzten Sonntag in der Sonntags-FAZ den Verriß gelesen? Siehe dazu den Hinweis im ST-Forum-Literatur) Jetzt weiß ich nicht, ob dieses Buch hier einmal besprochen und/oder diskutiert worden ist. Ich selbst hatte es – in einem erzwungenen Zusammenhang (ich sollte darüber etwas schreiben) – vor vielen Jahren (kurz nach seinem Erscheinen) gelesen.
Und mich hat damals, eben bei der spontanen, eben nicht sehr reflektierenden Lektüre, die fast tragische Konstellation der beiden Protagonisten, also Michael und Hanna, sehr beeindruckt; wie letztlich beider Leben durch diese Bekanntschaft, durch diese Liebe (?) verknüpft wurde – dies eben auch oder vor allem im gesellschaftlichen und historischen Kontext, wozu Michaels Herkunft und Erziehung, später Ausbildung und Beruf; Hannas Analphabetismus, dessen geradezu tragische Folgen gehören – wie tragisch, wie ausweglos es letztlich für beide endet. Michael, der sich nie von der Prägung durch die erste Liebe lösen und von der Person Hannas lösen kann (die gleichsam konstituierend für sein Leben ist); Hanna (von der der Leser allerdings nur durch Michael erfährt), deren Leben nicht nur von verschiedenen Zwängen bestimmt wird (nur von Zwängen bestimmt wird! ), sondern deren Leben offenbar für sie ausweglos ist und mit ihrem Freitod endet.
In Zusammenhang mit der Verfilmung werde ich das Buch noch einmal, eben wieder lesen, um die weiteren Bezüge, eben den gesellschaftlichen und historischen Kontext zu berücksichtigen – eben wieweit und welche Rolle dieser Kontext spielt. (Nur so nebenbei ... ich, an sich nicht film-erfahren und mehr oder weniger völlig fernsehabstinent, halte den Film aber durchaus für sehenswert.)
Verantwortlich
Die Bertha
vom Niederrhein
Wenn dieser Film anders ist, dann werde ich meine Verweigerungshaltung aufgeben um mich eines besseren belehren zu lassen.