Einkaufstour


Bei uns auf dem Land ist das Leben angeblich einfacher als in der Stadt. Meint man. Doch wer das denkt, kennt unser Landleben nicht. Ein Leben zwischen Laptop, Güllegeruch und Stau auf der Bundesstraße. Es ist schrecklich schön. auch davon einmal zu erzählen.
        Vieles wird ja einfacher, dachte man als die Gören noch klein waren. Als sie dann langsam größer wurden, relativierte sich so manches. Einiges wurde viel komplizierter. Dazu gehört auch das Einkaufen, beispielsweise von Kleidung. Für Eltern ist das oft frustrierend, jeder kennt das wahrscheinlich auch. Besonders dann, wenn wie nebenan bei Familie Haakens, zwei heranwachsende Gestalten eingekleidet werden sollen. Magdalena, meine Nachbarin, bat mich, sie doch mit ihren beiden Lieblingen zum Kaufhaus zu fahren, der Papa hatte leider keine Zeit. Da ich ein guter Nachbar bin, tue ich ihr auch gern den Gefallen.
        Der Sohnemann, knapp 13, verhält sich im Laden so, wie es vielleicht war, als seine Mutter ihn morgens noch anziehen musste, willenlos wie sich ein Wurstbrot schmieren lässt, lässt er sich Pullover und und Hemd überstreifen. Teilnahmslos steht er dann in der Abteilung »Größe 176«, während die Mama sich nach passenden Hosen umsieht, ihn schließlich mit einigen Beinkleidern ihn die Kabine schickt. Er kommt wieder hervor - die Hose, die er probiert, passt wie ein Handschuh als Unterhose. Am Oberschenkel sitzt das Ding viel zu stramm, während der Hintern irgendwo in den Kniekehlen hängt. »Passt doch«, meint der Erbprinz leidenschaftslos wie ein Kater, der soeben seine edelsten Teile verloren hat. Mit Mühe überreden wir zwei Erwachsenen ihn zu einer Alternative!
»Sind wir jetzt fertig?« Na ja, ich beglückwünsche Magdalena, dass sie es geschafft hatte, dieses Kapitel doch noch zu beenden.
        Bei dem Töchterchen jedoch liegt die Problematik dann etwas anders! Da hakt es dann eher an zu viel Modebewusstsein als an zu wenig! Heute geht es konkret um ein Paar Schuhe, für den Winter. Bis wir gemeinsam zu der Schuhabteilung vordringen, werden erst einmal ausgiebig Handtaschen und Gürtel nach allen Richtungen betrachtet. Die sind sicher hübsch, aber eben nicht so notwendig wie Schuhe, meint Magdalena. Und außerdem würde die Parkuhr bald ablaufen, - auch ein Argument!
        »Was suchst du denn nun spezielles?« frage ich Magdas Tochter. »Na Schuhe!« Kurze knappe Antworten sind immer angebracht, denke ich bei mir. Aber nicht mit solch einem gelangweilten Blick wie Kerzenlicht hinter heruntergelassenen Jalousien. So viel Ignoranz halte ich nicht mehr aus, mein Nachwuchs ist Gottlob aus dieser Phase heraus. Ich muss erst mal draußen eine Zigarette rauchen. Als ich wieder in den Laden zurückkomme, hat Mama der kleinen Großen ein paar Schuhe ausgesucht, die ihr geeignet erscheinen.
        
       Die aber kommen auf keinen Fall in Frage! Sie hat sich für weiße Markenturnschuhe entschieden, mit aufgeschäumter Sohle. Nun, weiße Schuhe in der matschigen Winterzeit sind nicht unbedingt die große Nummer, denke ich. Aber die Fünfzehnjährige hat sich entschieden - da hat eine Widerrede so wenig Sinn wie ein Maikäfer im Weihnachtsbaum.
        Aber Weiß ist jedenfalls nicht auf der Tagesordnung! Letztlich hat die Mama dann doch entschieden! So verlassen wir also gemeinsam den Laden ohne neue Schuhe aber mit einem trotzigen Teenager. Und gleichzeitig haben wir eine neue Erkenntnis gewonnen, dass Mode und Erziehung nicht unbedingt ein Paar sind!
        Aber ich versichere Euch, die ihr dies gelesen habt, dass ein Update dieser Einkaufstour gewiss folgen wird. Diese Neuauflage droht der renitenten jungen Dame schon am nächsten Tag: Barfuß wird das Mädchen sicher nicht durch den Winter marschieren! Dafür wird Magdalena schon sorgen …

 
 ©by H.C.G.Lux


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Kommentare (7)

Rosi65

Eine kleine Geschichte, aber prall aus dem Leben gegriffen...😃😄😂

Syrdal


Wie sich die Zeiten doch verändert haben… Damals, als ich in diesem „Gerade-noch-Kind-Alter“ war, durfte ich noch immer all das übernehmen, was meinem älteren Bruder „wegen Wachstum“ nicht mehr passte. Da gab es auch keine Widerrede und oft war ich sogar froh, endlich eine warme Jacke zu haben oder eine feste Winterhose. Selbst die abgelegten Schuhe kamen bei mir zu neuer Ehre. Hausschuhe hat uns Mutter aus alten dicken Stoffen gefertigt und auch die langen Strümpfe aus mächtig kratzender Schafwolle hatte Mutter uns gestrickt. Die lagen dann unterm Weihnachtsbaum. ­ Einen Kaufhausbesuch zwecks Einkleidung habe ich erst im Hochzeitsalter kennen gelernt und somit auch nicht die desinteressierte oder schmollende Schnute der Teenager.

Wie sich die Zeiten doch verändert haben...

...überlegt sich mit schmunzelndem Wohlwollen
Syrdal

ehemaliges Mitglied

@Syrdal  
Dazu fällt mir gerade ein: in der Nachkriegszeit trugen wir 3 Mädchen im Winter natürlich "Leibchen", an denen mit "Strapsen" die langen Wollstrümpfe befestigt waren.

Die Schwester unserer Mutter hatte zwei Jungs, passend in Alter und Größe, dass sie diese Kleidungsstücke von uns Mädchen "erben" konnten. Und da die Eltern der Jungs doch ziemlich darauf angewiesen waren, dass die heranwachsenden Jungs nachtrugen, was die weibliche Verwandtschaft ablegen musste, durften die Zwei dann mit kurzen Hosen und langen Strümpfen, bei denen die Strapse dann leider am Stückchen nacktem Bein zu sehen waren, den Winter über so herumlaufen.

Ob es den Jungs gefallen hat oder nicht, es gab für sie keine andere Lösung, wenn sie nicht zu sehr frieren wollten. Mir taten sie damals schon leid, denn die Winter Anfang der 1950er Jahre waren recht kalt.

Wie schön, dass es heute andere Möglichkeiten gibt ...

Uschi

Pan

Genau so und entsprechend der Kriegszeit angemessen war es bei mir auch!
Meine erste "lange Hose" kriegte ich in angemessener Nazi-Zeit als "Hitlerjunge(!)" weil ja zur Winter-Uniform eine kurze Hose unangemessen war. Dafür musste Mutter 50 "Kleiderpunkte" hinlegen, (die ähnlich der Lebensmittelkarten) ausgegeben wurden. 
(Irgendwie heute unvorstellbar: Da hatte man Geld - kriegte aber nix dafür, weil keine Punkte mehr da waren)

erinnert sich mit einem Lächeln
Horst

Muscari


Tja, lieber Horst,
damit hast Du wahrhaftig ein höchst aktuelles Thema angesprochen.
Zwar liegt diese Phase lange hinter mir, aber bei den jüngeren Enkelkindern spielt sich genau das ab, was Du und Magdalena erlebt habt.
Hätte noch gefehlt, dass der Jüngling ständig in sein Smartphone geschaut hätte um somit sein Desinteresse noch deutlicher zum Ausdruck zu bringen.

Bleibt zu hoffen, dass sich diese Jugendlichen im Laufe der Jahre noch ändern. Spätestens dann, wenn sie auf sich selbst gestellt sind und ohne Mama shoppen müssen.
Die Hoffnung stirbt auch hier zuletzt...

Mit herzlichem Gruß,
Andrea
 

ehemaliges Mitglied

Gott sei Dank, lieber Pan, diese Zeiten sind für mich lange vorbei. Zwischendurch wurde es erforderlich, dass sich meine Tochter doch mal um meinen Geschmack kümmern durfte 😆 ...

Inzwischen ist der Enkel fast acht, da muss auch natürlich immer noch Mama dran, aber Oma weigert sich ... und freut sich, wenn Mama für Sohnemann etwas gefunden hat, das auch noch passt (der Junge passt nämlich so gar nicht in irgendeine Konfektionsgröße und hat Füße, an die inzwischen auch schon "Flurschadenbretter" passen. Dabei ist er dann doch recht wählerisch!! Aber friedlich ist er dann, wenn's was Neues gibt, wofür er NICHT mit musste zum Anprobieren ...

Schönes Wochenende, wo Du nicht die Nachbarskinder zum Einkaufen fahren darfst ...

wünscht Uschi

werderanerin

Lieber Horst, das Thema "Shoppen mit Kids"... hat wohl nicht so viel mit Land,-oder Stadtleben zu tun...Jungs in dem Alter sind eben "noch" nicht soweit, dass sie den Klamotten eine wichtige Bedeutung zuteil werden lassen, meistens zumindest. Sie ziehen das an, was Muttern rauslegt und nehmen das, was Muttern in die Kabine reicht...ganz einfach..., Hauptsache es geht schnell und man kann wieder an den PC...😉

Mädels sind schon immer irgendwie "anders"..., legen wert auf schöne Kleidchen und Schuhe, T.Shirts u.v.a.m., ich kenne das alles...aber wenn sie dann jenseits der 14 sind, wird's noch komplizierter, weil dann halt die sogenannten "Modemarken" eine entscheidende Rolle spielen.

Turnschuh ist halt nicht gleich Turnschuh, oh Gott nein..., natürlich nicht.
Weiß ist die Modefarbe und da ist es ganz egal, ob die gleich schwarz werden..., das muss einfach sein, Punkt und basta !!!   😊

Naja, was solls, lieber Horst, ist das alles aber nicht auch eine Frage der Erziehung und des Lernens und dazu ist das Leben ja schließlich da.  Wenn sie erstmal ihr eigenes Geld erarbeiten müssen und spüren, dass das gar nicht so einfach ist, relativiert sich alles ziemlich plötzlich.

Kristine


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