Die Verfolgung

Der Schweiß perlte von ihrer Stirn. Ängstlich schaute sie immer wieder hinter sich und musste feststellen, dass er noch da war. „Ich muß weiter“, dachte sie. „Er darf mich nicht einholen.“ Panik machte sich in ihr breit. „Vorwärts“ hämmerte es. Weiter, immer schneller schleppte sie sich die steilen Hügel hinauf. Ihr Atem rasselte. In ihrer Brust drohte das Herz zu zerspringen. Die Last, die sie trug, schien immer schwerer zu werden, aber sie konnte sie nicht einfach abstreifen. Es musste ihr gelingen damit zu entfliehen. In unzähligen, endlosen Augenblicken wollten die Kräfte versagen. Doch er folgte ihr in immer gleichem Abstand.

Groß, drohend. Er blieb stehen, wenn sie nicht weiterkonnte und Atem holen musste.

Lauernd beobachtete er jede ihrer Bewegungen. Wann würde sie unter ihrer Last zusammenbrechen? Plötzlich ging ein Ruck durch seinen wabbeligen Körper. Er sah, dass sie scheinbar in der Falle saß. Eine riesige, steinige Wand tat sich vor ihr auf. Dort hinauf war die einzige Möglichkeit ihrem Verfolger zu entkommen.

Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Ein Blick über die Schulter bestätigte, dass dieses wahnsinnige Monster dicht hinter ihr war. Er hatte schreckliche, glubschige Augen. „Weiter, da muß ich rauf,“ging es durch ihr Hirn. Sie fühlte sich so ausgebrannt und müde. Tränen der Verzweiflung liefen aus ihren hübschen Augen. Stöhnend, mit schmerzverzerrtem Gesicht begann sie den Aufstieg. Diese steile Felswand schien fast unüberwindlich. Scharfe Kanten schnitten tiefe Wunden in ihr Fleisch. Die Last auf ihrem Rücken drohte sie in den Abgrund zu ziehen. Mühevoll, Zentimeter für Zentimeter zog sie sich höher. Das Wesen blieb ihr ganz dicht auf den Versen. Manchmal glaubte sie seinen stinkenden, warmen Atem zu spüren.

Seit Stunden verfolgte er sie. Vielleicht waren es auch Tage. Ihr Zeitgefühl war völlig außer Kontrolle geraten. Er war ständig da. Unheimlich. Immer wieder abwartend.

Sie hatte Todesangst. Was wollte er? Jeden Augenblick konnte er zuschlagen.

Das Ende der Wand war erreicht. Mit einer verzweifelten Anstrengung versuchte sie, über die Kante auf das Platteau zu gelangen. Die schwere Bürde, die sie mit sich trug zerrte und zog an ihren Schultern. Ausgepumpt, dem Zusammenbruch nahe, schaffte sie es. Ihr seidiges Kleid war überall eingerissen. Der Körper schrie vor Schmerzen.

„Nur einen Augenblick, ich bin so müde“, wimmerte sie stumm in sich hinein. Heißer, keuchender Atem berührte ihren Nacken. Er stierte sie aus seinem schleimigen Gesicht an. Wartend. Worauf um Gottes Willen? Wann war dieser Horror vorbei? Sie dachte nur einen winzigen Moment ans Aufgeben, wollte sich einfach fallen lassen in die Hoffnung, das es schnell vorbei ging. Er war da. Starrend, unbeweglich. Seine großen Hände lagen auf dem Rand des Plateaus. Seinen massigen Körper stützte er mit den Füßen an der Wand ab. Es schien so, als würde es ihm keine Mühe kosten, in dieser Position zu verharren.

„Weiter“, hämmerte es in ihrer Stirn. Ihr Herz schlug heftig gegen ihre Brust. Sie bäumte sich auf. Mit den letzten Kraftreserven schleppte sie sich vorwärts. Vor ihr lag ein tosender Wasserfall. Nur ein schmaler Grat führte direkt am Rande des Abgrundes hinüber. Sie wagte sich vor, kriechend, Stück für Stück. Der Untergrund war glitschig. Sie hatte kaum eine Möglichkeit einen festen Halt zu finden. Immer wieder glitt sie aus, fing sich wieder und kroch weiter. Die Last auf ihrem Rücken neigte sich bedrohlich zur Seite in Richtung der kochende Tiefe. Als sie die Mitte des Wasserfalls erreicht hatte, passierte es. Das, was sie tapfer bis hierhin getragen hatte, kippte endgültig nach links und zog sie mit sich. Mit letzter Kraft konnte sie sich mit dem Oberkörper auf dem Grat halten. Stöhnend stemmte sie sich auf, versuchte sich hochzuziehen und drohte immer wieder abzugleiten in die sprudelnde Hölle unter ihr. „Wäre es nicht ein Einfaches, jetzt loszulassen? Einfach eintauchen in das Vergessen? Der Horror wäre zu Ende und dieses Monster würde mich nicht kriegen“, ging es sekundenschnell durch ihren Kopf. Doch ein unglaublicher Lebenswille gab ihr die Kraft wieder auf den Grat zu kommen. Keuchend erreichte sie das Ende des Wasserfalles.

Hinter ihr stürzten tobend, spritzenden Massen mit einem Höllenlärm in die Unendlichkeit.

Einen kurzen Moment des Sammelns, dann erhob sie sich schwerfällig und versuchte durch den Wasserdunst auf die andere Seite zu blicken. Ihr stockte der Atem. Das Monster war nicht mehr da. Einfach verschwunden. Vielleicht war es ja bei dem Versuch, den Wasserfall zu überqueren, abgestürzt und dieses rasende Nass hatte ihn mit sich gerissen?

Vor grenzeloser Erleichterung brach sie zusammen und weinte hemmungslos. Alle Ängste flossen mit den Tränen aus ihr heraus.

Was sie in diesem Augenblick nicht wusste, war: Frösche fressen keine Schnecken. Und das grüne, glubschäugige Monster war einfach wieder in den kleinen Gartenteich mit Wasserfall zurückgehüpft.
Fevi

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Kommentare (2)

finchen oje,oje..........mit Bangen habe ich dem Ende entgegen gesehen. Bin ganz aus der Puste....ein Schnecken/Frosch-Drama. Der kleine Hitchcock in Person.
Dann grusel mal weiter, ich spiele mit.
mit netten Grusel-Grüßen
das Moni-Finchen
hijona ich dachte Wunder was für ein Monster da hinter der her ist.
Oder dass das Ganze ein Traum wäre.
Gute Pointe.

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