Die Lumpenhochzeit zu Gage
Die Lumpenhochzeit zu Gage
Von der Lästerarbeit zum Lästerlied
Einem Vermerk in der „Radeberger Zeitung“ vor einhundert Jahren über den Film „Wer Sorgen hat, hat auch Likör“ verdanke ich den Hinweis auf die Lästerarbeit, bei der Lästerlieder gesungen wurden. Ein Vorgang, den vor allem Frauen während des gemeinsamen Zusammensitzens pflegten. Im Kriegsjahr 1915 mokierte sich ein Sittenwächter über das Treiben in den Stuben und mancherorts sicher auch in den Hinterzimmern der Schänken. Die Frauen saßen bei der Lästerarbeit zusammen. Das war zu dieser Zeit in der Regel Ausbesserungsarbeit an Bekleidung und Strümpfen. Dabei wurde auch gesungen, so eben die Lästerlieder. Einer der Texte ist aufgezeichnet worden:
„Die stach die Fiedel immerzu, Ein Mädel ist ohne Strümpf noch Schuh, durch roten Klee gegangen, Trug weder Hut noch Spangen“ … Schatz morgen sollen’s die Menschen wissen, Auf offener Straße will ich Dich küssen. Dann folgt der große Familienkrach, Dann wird die heil’ge Entrüstung wach!
Doch dem wollen wir ohne Händefalten, lustige Lumpenhochzeit zu Gage halten. Das Wort „Gage“ (für Großröhrsdorf stehend), konnte in jeder Runde durch andere Ortsnamen ersetzt werden.
Die Lästerlieder sind alt, haben ihren Ursprung im 16. bzw. 17. Jahrhundert und waren vor allem in den dann protestantischen Ländern anzutreffen. So gibt es eine schlesisch-böhmische Quelle, die dem Grunde nach von einer außerehelichen Schwängerung berichtet. Hier wurde das Recht des Geldes anerkannt, Alimente für das Kind und der „Fidelgroschen“ für die Mutter. Insgesamt sollen 200 Gulden im Spiel gewesen sein. Die zweite Quelle spricht von der Volksweisheit „Friss Vogel oder stirb!“
Und da soll in unserer Gegend folgender Liedtext oft gesungen worden sein:
Dass mich die Wollust dieser Zeit- Durch ihre zweifelhafte Süßigkeit – Mir die Lust am Himmel raube – Weil ich mehr dem Jetzt als dem Morgen glaube. Dies dürfte ein Urtext der Spottlieder in den Zeiten der Reformation gewesen sein. Und so wurde auch mal gesungen: „Hab Mut, Hör auf Dich zu sorgen! Mach es noch heute! Nicht erst morgen!“ Diese Variante ist bereits in einem Ottendorfer Gerichtsbuch von 1668 aufgezeichnet. Oder eine Alltagsempfehlung: „Schönheit war mir nie gegeben. Wer nicht schön ist- Muss schön leben!.“
Und um das Ganze auch moralisch zu bewerten, gab es den Trost samt ihrer Empfehlung: „Lästern ist ein bisschen krass, wohl ziemlich krass. Aber mir (oder uns) macht’s wirklich großen Spaß! – Gewissen, brauch ich nicht! Respekt, ist nicht meine Pflicht. Die Eingangszeilen wurden dann mit aktuellen Texten versehen. Manches werden auch die Spielleute oder durchziehende Studenten mitgebracht haben. Jedenfalls gehörten die Lästerlieder wie die Lästerarbeit für fast 400 Jahre zur gelebten Alltagstradition in Radeberg und seiner Umgebung.
haweger
Von der Lästerarbeit zum Lästerlied
Einem Vermerk in der „Radeberger Zeitung“ vor einhundert Jahren über den Film „Wer Sorgen hat, hat auch Likör“ verdanke ich den Hinweis auf die Lästerarbeit, bei der Lästerlieder gesungen wurden. Ein Vorgang, den vor allem Frauen während des gemeinsamen Zusammensitzens pflegten. Im Kriegsjahr 1915 mokierte sich ein Sittenwächter über das Treiben in den Stuben und mancherorts sicher auch in den Hinterzimmern der Schänken. Die Frauen saßen bei der Lästerarbeit zusammen. Das war zu dieser Zeit in der Regel Ausbesserungsarbeit an Bekleidung und Strümpfen. Dabei wurde auch gesungen, so eben die Lästerlieder. Einer der Texte ist aufgezeichnet worden:
„Die stach die Fiedel immerzu, Ein Mädel ist ohne Strümpf noch Schuh, durch roten Klee gegangen, Trug weder Hut noch Spangen“ … Schatz morgen sollen’s die Menschen wissen, Auf offener Straße will ich Dich küssen. Dann folgt der große Familienkrach, Dann wird die heil’ge Entrüstung wach!
Doch dem wollen wir ohne Händefalten, lustige Lumpenhochzeit zu Gage halten. Das Wort „Gage“ (für Großröhrsdorf stehend), konnte in jeder Runde durch andere Ortsnamen ersetzt werden.
Die Lästerlieder sind alt, haben ihren Ursprung im 16. bzw. 17. Jahrhundert und waren vor allem in den dann protestantischen Ländern anzutreffen. So gibt es eine schlesisch-böhmische Quelle, die dem Grunde nach von einer außerehelichen Schwängerung berichtet. Hier wurde das Recht des Geldes anerkannt, Alimente für das Kind und der „Fidelgroschen“ für die Mutter. Insgesamt sollen 200 Gulden im Spiel gewesen sein. Die zweite Quelle spricht von der Volksweisheit „Friss Vogel oder stirb!“
Und da soll in unserer Gegend folgender Liedtext oft gesungen worden sein:
Dass mich die Wollust dieser Zeit- Durch ihre zweifelhafte Süßigkeit – Mir die Lust am Himmel raube – Weil ich mehr dem Jetzt als dem Morgen glaube. Dies dürfte ein Urtext der Spottlieder in den Zeiten der Reformation gewesen sein. Und so wurde auch mal gesungen: „Hab Mut, Hör auf Dich zu sorgen! Mach es noch heute! Nicht erst morgen!“ Diese Variante ist bereits in einem Ottendorfer Gerichtsbuch von 1668 aufgezeichnet. Oder eine Alltagsempfehlung: „Schönheit war mir nie gegeben. Wer nicht schön ist- Muss schön leben!.“
Und um das Ganze auch moralisch zu bewerten, gab es den Trost samt ihrer Empfehlung: „Lästern ist ein bisschen krass, wohl ziemlich krass. Aber mir (oder uns) macht’s wirklich großen Spaß! – Gewissen, brauch ich nicht! Respekt, ist nicht meine Pflicht. Die Eingangszeilen wurden dann mit aktuellen Texten versehen. Manches werden auch die Spielleute oder durchziehende Studenten mitgebracht haben. Jedenfalls gehörten die Lästerlieder wie die Lästerarbeit für fast 400 Jahre zur gelebten Alltagstradition in Radeberg und seiner Umgebung.
haweger
naja, damals gab es ja die Bild-Zeitung noch nicht.
Damals wurden eben Schmäh-oder Bänkel-Lieder gesungen.
Weitermachen und lieben Gruß
das Moni-Finchen