die Geschichte, wie die Hefe in die Bäckerei kam....


...als wir noch von Marken lebten und jede Marke auf Papierbögen zur Abrechnung des Geschäftsbetriebes bei der Innung abgegeben werden mußten, dementsprechend erfolgte die nächste Zulieferung an notwendigen Materialien. Ja, so war's:
Ich lebte nun in einer Bäckerei, die ständig, spätestens mittags nichts mehr zu verkaufen hatte. Entweder es mangelte an Mehl oder Hefe oder an Kohle für den Ofen.
Der Hefemangel war gerade zur Weihnachtszeit besonders gravierend. Die Hefezuteilung wurde beim Innungsmeister in der Bäckerei abgeholt. Ich schappte mein Fahrrad und holte, wie immer, das Quantum ab und sah aber auch, daß der "Innungs-Meister" unter dem Ladentisch reihenweise diese "Pfundstücke" gebunkert hatte. Hefe durfte ja auch frei verkauft werden, sofern man sie hatte und der hatte sie und wir nicht. Unsere Bäckerei krebste am Limit der Überlebenskunst - die Idee war geboren. Ich bekam pro Woche 50 Pfennig Taschengeld und sonnabends verdiente ich mir in der Backstube mit dem Annehmen und Herausgeben der "abzubackenden Backwaren", der Dorfbevölkerung noch etwas dazu. 10% davon war mein Verdienst. Es waren nur Pfennigbeträge, aber es summierte sich.
Mein Stiefvater war auch leidenschaftlicher Konditormeister und backte für sein Leben gerne Stollen, nur die Hefe fehlte.
Also, Hefe: ich kratzte meine Ersparnisse zusammen, versammelte meine Freunde um mich und gab den Befehl aus: überall für 10 Pfennig in allen Bäckereien Hefe einkaufen. Wir strömten aus- beim Innungsmeister ließ ich mich natürlich nicht sehen, aber die anderen ernteten wie verrückt. Bis mein Geld zu Ende war und ich soviel Hefe hatte und nach Hause brachte, daß mein "Vati" geheult hat, als ich beichten mußte. Als Dank bekam ich zu Weihnachten ein Akkordeon mit 40 Bässen und einen Teddybär, den ich mir immer sehr gewünscht hatte.
Meine Freunde, die bekamen frische "Berliner", anderswo auch "Krapfen" genannt und waren immer
herzlich willkommen.
Ein Teil dieser Freunde ist noch existent und darum muß ich immer wieder hin......
in MEINE HEIMAT.
Liebe Grüße
Finchen


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Kommentare (6)

koala Not macht erfinderich. Aber schon in jungen Jahren ein so cleveres Maedchen. Das muss besonders belohnt werden.
LG Anita/Australien
finchen danke für Deine Zeilen. Finanzen waren das kleinere Problem, das Organisieren war das Talent. Damals hieß dieses Deutschland-Teil noch Sowjetische Besatzungszone, die spätere DDR. Dann wurde es noch haariger ! "Nicht verzagen, Moni fragen" hieß die Devise. Meine Muter sagte immer zu mir: "Du bist wie ein Weißer Jud". Das ist kein abfälliges Wort, es ist eine Bezeichnung dafür, daß das Handeln und Organisieren von Dingen zu den erstaunlichsten Fähigkeiten von den jüdischen Händlern und Geschäftleuten gehörten. Es war ein riesiges Lob, wenn man das beherrschte.
Kriegst bald wieder Dein Frühstücksbrötchen.
Ganz liebe Grüße an Dich
Dein Moni-Finchen
Medea bei deinem Talent ist an dir eine Finanzministerin verlorengegangen.
Es ist einfach eine bestechende Idee, die du hattest und die wunderbar
dank deines Freundeskreises klappte. Da zolle ich dir uneingeschränkt
meinen Respekt.

Herzlich Medea.
finchen ich lache mich schlapp--------------in welcher Ecke hat Du denn gelebt?
Ist ja drollig, nee, das gibts ja garnicht. Und wenn Du jetzt noch den Teddybären ins dazu bringst, dann gebe ich auf.
Gruß
Finchen
ehemaliges Mitglied und hat mich schmunzeln lassen.

Liebe Grüße
Gerd
stefanie Liebe finchen.
Ja,das sind Erinnerungen,die man nicht vergißt. Auch wir hatten eine Bäckerei und esfehlte oft an Hefe.Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Beim Abschneiden der Hefe durfte kein Krümel verloren gehen.Aber daß Du auch zu Weihnachten ein Akkordeon bekommen hast wie ich ist schon witzig.(Wer tüchtig war wurde auch be-lohnt.So war das. Ganz liebe Grüße stefanie

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