Der Wind kann nicht lesen


Der Wind kann nicht lesen
Dieser kleine, aber gewaltige Text erschien
1953 in einem Buch von James A. Michener,
das den Titel trug »SAYONARA«:

 
»Wenn auch die Worte
geschrieben sind:
Nicht pflücket die Blumen,
sind lebende Wesen;
bedeuten die Worte doch
nichts für den Wind, denn
der Wind kann nicht lesen!«



Welch ein Wort, welch eine ausdrucksreiche Bezeichnung für den Verlust, den ein Mensch überhaupt erleiden kann. Kann man es deutlicher ausdrücken, wenn dieser Zustand beschrieben werden soll? Gibt es ein Wort, das die Disharmonie in einer Seele noch besser beschreiben kann als dieser naturhaft verlorene Hinweis? Ist eine schmerzliche Wahrheit besser zu ertragen, wenn sie ohne Umschweife als Tatsache verkündet wird? Oder ist der Strauss der Möglichkeiten eine humanere Art, wenn dieser ohne jede Rücksicht auf Schäden durchgeschüttelt wird? Bleiben dann keine Schäden zurück, die noch Jahrzehnte nachwirken?
       Das Mädchen hatte bisher nichts ausgelassen in ihrem Leben, Höhen und Tiefen hielten ausgewogen die Balance. Hatte sie jemals nach Ursache und Wirkung einer entstandenen Entscheidung gefragt? Sicher nicht, alles geschah bisher aus Gegebenheiten, die scheinbar zufällig geschahen und dennoch durch eigene Mitwirkung beeinflusst wurden. Sie trafen sich - absichtslos - doch in solch bedeutsamer Art, dass sie sich dies in irgendeiner Form nie hätten vorstellen können. Es kam zu einem Date, obwohl es nie in beider Absicht lag, es geschah einfach!
       »Es gibt immer auch die Möglichkeit, dass ein Brand ausbricht, obwohl alles dafür getan wird, dass es eben nicht geschieht! Solch ein Ereignis, solch ein Brand wird selten früh genug entdeckt, als dass er noch vor einer Katastrophe löschbar ist.« Wie oft hatte Tante Rosa dem Mädchen diese Scheinweisheit mehrmals vor Augen gehalten, aber Reden und Hören sind stets zwei gegensätzliche Elemente! Der Mann, das Mädchen sahen sich an - dieses Ereignis mit der Dynamik voll ungebändigter Energie schien nicht abwendbar zu sein!
       Es folgten zwei Tage voller Lebenslust und euphorischer Stunden. Sie hatten sich gefunden, ohne dass sie sich suchten, konnte das Leben mehr Freude für das Paar bereithalten? In diesem Überschwang der Gefühle tauchte plötzlich die Realität auf, die beide Verliebten in den Hintergrund geschoben hatten. Ein kurzer Zwischenstopp durch einen dienstlichen Moment brachte eine Unterbrechung der Zweisamkeit.
»Wir sehen uns morgen am Mittag wieder!« Ein herzliches G´bye, die kurze Trennung war eingeläutet. Die nächste Nachricht kam dann am nächsten Morgen:
" ... alle vier Insassen kamen dabei ums Leben ..."

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Kommentare (3)

Syrdal


Wer wohl könnte den Lauf seines Lebens wirklich bestimmen? Die es behaupten, unterliegen einem argen Trugschluss. Die das Leben lenkenden  „Bestimmungen“ liegen in anderer Hand – und außerdem ist bekannt:„Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt!“...

...erinnert
Syrdal

Songeur

Ähnliche wie die von Dir zitierten Zeilen kenne ich aus dem Buch … denn der Wind kann nicht lesen von Richard Mason, das ich von meinem Vater geerbt hatte. Es ist gut 40 Jahre her, daß ich dieses Buch las, aber dieses kleine Gedicht habe ich nie vergessen können.

Das Buch Sayonara von James A. Mitchener kenne ich allerdings nicht.

 

Pan

@Songeur  
Manche Wort aus dem früheren Leben vergisst man nie,
meint mit einem Lächeln
Horst


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