Der Angler
Ein feste Burg und edler Hort
des Hobbys ist der Angelsport,
dem, einzeln oder im Verein,
sich treu die Petrijünger weihn.
Da steht ein Mensch am Rand des Teiches
gleich wie am Tor des Himmelreiches,
in eine Regenhaut gehüllt,
von Hoffnung und von Wahn erfüllt,
und wartet stumm, dass in der Nähe
das Unwahrscheinliche geschähe.
So steht er da und starrt ins Leere,
als ob das Leere alles wäre.
Versunken ist die Gegenwart.
Die Zeit verrinnt. Er steht und starrt.
Er steht und starrt, er starrt und steht.
Minuten tropfen, Zeit vergeht.
Da ruckt es an der Angelschnur.
Es zuckt sein Arm, doch wenig nur.
Die Wellen plätschern, Zeit verrinnt.
Er steht und starrt und starrt und sinnt.
Das Wasser plätschert vor sich hin.
Man wüsste gern: Ist etwas drin?
Schon wieder ruckt es an der Leine.
Der Angler zuckt, doch nur zum Scheine.
Er steht versteinerten Gesichts.
Denn nichts geschieht, es tut sich nichts.
Er starrt aufs kaum bewegte Nass
bewegungslos und ohne Hass,
fest überzeugt und unbeirrt,
dass er der Sieger bleiben wird.
Es plätschert leise. Viele Stunden
Sind unbemerkt dahingeschwunden.
Bis es auf einmal wieder ruckt,
worauf der Mensch zusammenzuckt,
doch konzentrierter als vorher.
Man merkt sofort, es geht um mehr.
Er reißt die Angel scharf nach oben.
Sein Gleichmut ist wie weggestoben,
ein Bündel von Begeisterung.
Er sprüht von Energie und Schwung,
stemmt seine Füße in den Sand,
Gemüt und Muskeln angespannt,
spreizt wie ein Ringer seine Beine,
zieht stark und heftig an der Leine,
kein Zweifel, durch verstärktes Ziehen
kommt jetzt der Lohn für seine Mühen.
Neugier und Staunen ringsumher.
Er zieht,- jedoch die Schnur ist leer.
Ihn stört es offensichtlich nicht,
denn unbewegt bleibt sein Gesicht.
Kein Schrei des Zorns, nicht einmal „schade“.
Er greift nach einer neuen Made,
spießt sie am Angelhaken auf,
ein neues Spiel nimmt seinen Lauf.
Der Dichter aber schleicht sich fort
voll Achtung vor dem Angelsport.
Das ist die Haltung, die befreit;
das sind die Helden unsrer Zeit,
die Misserfolg und Niederlagen
so stoisch - unbeschwert ertragen.
Kommentare (8)
Lieber Silesio,
ich kannte das Anglergedicht noch nicht- aber ich bin ja noch relativ "neu"
und egal, ob es schon mal hier war oder nicht. Es ist auf jeden Fall Spitze-
und das obwohl ich kein Angler bin.... lach..
Du schreibst frisch und frei von der Leber weg und das ist einfach toll.
Weiter so..
Du wirst von Mal zu Mal besser- als auch öfter mal wieder eine Wiederholung.
In diese Sinne-
herzliche Grüße von
Angelika
Lieber Silesio,
es kann sein, dass mein obiger Kommentar zu Missverständnissen geführt hat. Wenn dem so ist, möchte ich das korrigieren. Denn mit meiner Bemerkung:
"Dein Gedicht WIEDER MAL herrlich finde",
wollte ich nur sagen, dass ich ALLE Deine Gedichte herrlich finde und ich den "Angler" überhaupt noch nicht kannte.
Abgesehen davon, hat Renate ladybird recht, wenn sie schreibt, dass Wiederholungen gerne gelesen werden, zumal es auch neue Mitglieder hier gibt. Auch ich wiederhole so einiges.
In diesem Sinne grüßt Dich herzlich
Andrea
Leider konnte ich mich überhaupt nicht mehr erinnern, das Gedicht früher schon eingestellt zu haben.
Lieber Silesio,
Du brauchst Dich doch nicht zu entschuldigen....
Wiederholungen sind sogar angebracht, weil sich die Leserschaft ändert, die das Gedicht noch nicht kannten.
Außerdem liest man schöne Beiträge gerne auch zweimal.....
Dazu gehöre zB ich und ich bin froh, dass Du es wiederholt hast, es wäre mir wirklich etwas Nettes entgangen...
Deine Beiträge bezeugen ein recht gutes GEDÄCHTNIS,
und wir freuen uns, dass Du wieder so fleißig dabei bist
lichst
Renate-ladybird
Obwohl ich Dein Gedicht wieder mal herrlich finde, habe ich für diese Art von Sport rein garnichts übrig.
Langweiliger geht's nimmer.
Andrea
Für das köstliche Gedicht
und für den armen Angler....nach seinem Mißerfolg....
mit Gruß von ladybird
An den Flüssen mag ich sie als Kanufahrer nicht so sehr, aber wenn ihnen das Nachstellen von Fischen Spaß macht, bitte- mein Bier ist es allerdings nicht.
W.
Liebe Tulpenblüte,
in der Tag beruhte meine Reaktionen auf dem Missverständnis, das du genannt hast.
Missverstädnisse kommen vor, mündlich in Anwesenheit zweier Personen und erst recht im gelegentlichen schriftlichen Verkehr. Und schon, wenn sie wie hier sogar aufgeklärt werden können
Silesio