Depression?
Wie sonst könnten Menschen in den nördlichen Breiten die langen Monate der Dämmerung überstehen? Es gäbe nur noch Trübsal und Traurigkeit. Es ist doch so, dass alles, was wir im Jahr erleben, Einfluss hat auf unser Auf-und-Ab des Lebens. Wer sich stets nur davon beeinflussen lässt, hat den Lauf der Welt noch nicht verstanden!
Ich jedenfalls möchte nicht in einer Welt leben, die von eitel Sonnenschein erfüllt ist! Solch ein Einerlei wäre für mich unerträglich. Denn: Zur Geburt gehört das Abschiednehmen! Zum Herbst gehört im Frühling der Neuanfang, zum Ankommen das Abschiednehmen. Ich habe das schon von Kinderzeiten an gelernt. Und in neunzig Jahren des Lebens alle Sturmtief´s und Azorenhoch´s überlebt!
Ich kann verstehen, dass manchmal depressive Phasen überhandnehmen wollen. Ich darf mich ihnen jedoch nicht beugen. Es geht weiter, immer weiter, ich darf mich nicht ergeben!
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
[Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)]
Ich wünsche allen, die in den Phasen der grauen Welt verharren, dass sie den Weg finden, der sie wieder zur Helligkeit führt, auch in den Herbst und Wintertagen
Kommentare (9)
Lieber Horst,
Dein Titel "Depression" hat ein Fragezeichen !
Ich denke zu recht, denn die Trübseligkeit, die in den langen dunklen und trüben Nächten der Herbst/Winterzeit herrscht, darf man sicher nicht als Depression bezeichnen. Denn eine momentane etwas schlechte Stimmung kann sicher passieren, ist aber keine Depression.
Eine wirkliche Depression zu erleiden ist fürchterlich und schmerzhaft und wird kaum durch die trübe Herbst/Winterzeit verursacht. Da werden die Herbst/Winterstürme nicht mal mehr wahrgenommen.
Die trüben Wintertage lassen einem doch auf den Frühling hoffen, wo die Natur wieder neu beginnt, wo die Vögel ihre Lieder zwitschern und die Partnerinnen bezirzen, was selbstverständlich nicht nur den Vögeln vorbehalten ist.
Jedenfalls sehe ich viele Möglichkeiten, das Leben zu geniessen, unabhängig von trüben Tagen.
Liebe Grüsse
Jutta
Traurigkeit und Hilflosigkeit überfallen mich nur, wenn ich mit den aktuellen Nachrichten aus den Kriegs- und Krisengebieten konfrontiert werde. Die armen Menschen dort, die in Todesangst versuchen, mit einer Plastiktüte ihrer letzten Habseligkeiten, vor dem Horror in das Ungewisse zu fliehen.
Sicher würde jeder von ihnen gerne mit uns tauschen, denn wir leben hier in Sicherheit, haben Kleidung, Nahrung, Wärme und Strom in unserer Wohnung, ärztliche Versorgung, Internet und vieles andere mehr, also eigentlich wie die Made im Speck.
Deshalb bin ich auch sehr froh und dankbar dafür.
Und diesen "Luxus" können ein paar graue Wettertage doch wohl kaum etwas anhaben.
Rosi65
Lieber Horst, November-Blues und Traurigkeit haben mit Depression wenig zu tun. Das ist eine schwere Krankheit, davon nicht nur die "Seele", sondern auch der Körper schwer betroffen wird. Man kann zum Beispiel nicht essen, und trotzdem muss man immer wieder erbrechen, und nämlich vor Angst, meistens gegen 3.00 Uhr früh. Und da hilft nichts, dass die Angst keine "realen" Gründe hat. Sorry für die Details. Ich habe mal in einer Zeitschrift (keiner blöden) die Behauptung eines Facharztes gelesen: in einer tiefen Phase der Depression fühlen sich die Kranken so, als wären sie am Sterben. In Wirklichkeit ist ihr Leben nicht gefährdet, sie müssen das aber wirklich spüren. Ich weiß gut, dass er Recht hat; zwischen meinem 30. und 40. Lebensjahr verstarb ich tausendmal.
Mit Grüßen
Christine
@Christine62laechel
Liebe Christine,
Du schreibst zu Recht über die Krankheit Depression, deren Auslöser immer mehrere Faktoren hat.
Sie kann genetisch beding sein, durch traumatische Erlebnisse, Verlustängste in der Kindheit oder auch durch Stress hervorgerufen werden. In diesem ernsthaften Fall wird dringend professionelle Hilfe benötigt.
Doch ich denke, die Bezeichnung der Depression wird manchmal auch etwas vorschnell für Trägheit, Lustlosigkeit und Traurigkeit benutzt (Beispiel: Herbstwetter), was natürlich nicht richtig ist.
Viele Grüße
Rosi65
@Christine62laechel
liebe christine,
erst wollten wir nicht so ins detail gehen mit unserer jahrelang andauernden depression. danke für deinen mut hier so offen darüber zu schreiben.
auch wir haben jahrzehntelang darunter gelitten. wir wissen nicht, ob wir das für immer überwunden haben, aber jetzt sind es eher die wetterbedingte verstimmungen.
💚lichst
taralenja und familie
Über Befindlichkeiten unserer Mitmenschen können wir nicht urteilen.
Das ist anmassend. Und hart.
Nicht alle sehen die Farben des Herbstes.
Nicht alle lieben die nebligen Tage.
So sind wir alle verschieden.
hallo pan,
wir gehören zu den menschen, die vor allem den frühling und den herbst mögen. allerdings, wenn es so ist, wie jetzt schon etliche tage, wo bei uns die dunklen wolken vorherrschend sind, werden wir viel schneller von depressiven stimmungen eingefangen. wir malen, vor allem recht bunt und trotzdem sieht man an unseren bildern, wie es uns geht. leider gehören wir zu den menschen, die schon mehrere krankhafte depressionsschübe durchmachen mussten. und da machen ratschläge und vorschläge genau das gegenteil von dem, was vielleicht gut gemeint vorgeschlagen wird.
jede geschichte hat mindestens zwei seiten.
💚lichst
taralenja und familie
Diese Krankheit im medizinischen Sinne ist etwas anderes als eine vorübergehende Phase der Niedergeschlagenheit und Unlust oder ein Stimmungstief, das bei fast jedem Menschen im Laufe des Lebens ein- oder mehrmals auftritt. Die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs Depression kann sehr irreführend sein.
Zu dieser echten und schwerwiegenden Krankheit gibt es heute gute und effektive Möglichkeiten, mit medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung gute Ergebnisse zu erzielen. Was aber nützt diese Möglichkeit, wenn in den meisten Therapiepraxen Wartezeiten bis zu einem Jahr gang und gäbe sind?