Cuba libre
Cuba libre
Seit drei Wochen war Gabi von dem gemeinsamen Kurztrip mit ihren Freundinnen zurück.
Das Haus war nicht abgebrannt, Mann und Kinder nicht verhungert und der Hund lag faul
in der Gegend rum. Das war die erste Bestandaufnahme. Nachdem die schmutzigen Wäscheberge
abgearbeitet waren, scheuchte sie alle vor die Tür und begann mit dem Hausputz.
Sie wohnten in einem Stadtviertel das allgemein unter dem Namen "Cuba libre" bekannt
war. Einer der Ersten die sich hier niederließen war ein Exilcubaner mit seiner Großfamilie
und die hatten die Leichtigkeit des Lebens, reichlich Rum und viel Hüftschwung im Gepäck.
Seit Jahren schipperte ihr Mann Jan, als Navigationsoffizier bei der Handelsmarine, auf
den Meeren der Welt umher.
In einer Hafenkneipe in Rostock war's dann passiert, er hatte sich in einen prächtigen
Papagei verliebt, der mit ihm auf Teufel komm raus schäkerte. Ja, und jetzt hockte das
arme Ding verschreckt im Käfig und sagte nicht mal piep.
Irgendwann erklärte sie Jan das sie sich Sorgen um den stummen Papagei mache und
wenn er nicht in den nächsten zwei Tagen den Schnabel aufmacht, würde sie ihn in den
Zoo bringen, dort hätte er wenigstens reichlich gefiederte Verwandte von denen er was
lernen könne.
"Nö, das kommt schon noch, ich hab doch gehört das er spricht, lacht und trällert. Er
braucht noch ein wenig Zeit um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, denn er hat
mehrmals Standort und Besitzer gewechselt."
"Weil Daggi dauernd um ihn herumschleicht und anschnauft bin ich besonders nett
zu ihm. Neuerdings versteckt er sogar sein Köpfchen unter einem Flügel. Kann es sein
das er vor dem Hund Angst hat? Immerhin ist unserer Bernhardiner nicht gerade
ein Winzling und sie begegnen sich fast auf Augenhöhe," fuhr sie fort.
"Ach was, zerbrich dir nicht den Kopf darüber, glaub mir einfach, mit dem ist
alles in Ordnung" grinste er vielsagend, mit Lachfalten bis zu den Augenwinkeln.
Coco und der Hund hatten sich aneinander gewöhnt, scheinbar unterhielten sie sich sogar.
Wenn Daggi den Käfig umrundete, drehte sich Coco mit, sah ihn herausfordernd an und
wippte auf und ab. Der Hund machte kurz 'Wuff', Coco sprang in die Luft und kreischte
lauthals. Bald fing er an den Hund nachzuäffen und Gabi konnte beide 'Wuff's nicht mehr
unterscheiden. Wenn sie nachschaute wer gebellt hatte, saß Daggi Schwanzwedelnd mit
Unschuldsmine da, während Coco eifrig sein Gefieder putzte.
Vor einiger Zeit hatte Gabis Schwester ihren Besuch angekündigt. Anita machte einen
nervösen, gehetzten Eindruck.
Außerdem hatte sie wohl ihre gute Kinderstube in irgendeinem Flieger vergessen, denn
sie sprach ziemlich vulgär. Gabi konnte sich die Bemerkung, ob sie von der freundlichen
Flugbegleiterin zur Luftwaffe in ein Kampfgeschwader gewechselt war, nicht verkneifen.
Sie nannte ihren Neffen Philip einen arroganten Rotzlöffel und beschimpfte den Papagei
als Mistviech.
Da meldete sich Coco plötzlich deutlich mit einigen Kraftausdrücken. Aus seinem bewegten
Vorleben in vielen Ländern und immer neuen Besitzern hatte er einen reichen Sprachschatz
angesammelt, den er erstaunlich verständnisvoll und intelligent benutzte. Gabi konnte es
nicht glauben, wochenlang das harmlose, niedliche Papageichen und dann das!
Eilig verabschiedete sich Anita und verließ beleidigt im Sturmschritt das Haus.
Gabi war gedanklich noch immer mit dem aus heiterem Himmel sprechenden Coco
beschäftigt. Also deshalb hatte Jan so amüsant gegrinst, er wusste von der umwerfenden
Sprachfähigkeit! Wahrscheinlich fand er das sogar lustig? Oh Jan, du bist ein Schlitzohr,
dachte sie. Das klingelde Telefon unterbrach ihren Gedankenfluss und sie nahm den Hörer
ab. Es war ihr caribischer Nachbar Miguel, der sich erkundigte ob alles in Ordnung sei.
Er habe laute Stimmen gehört die in ein wildes, unflätiges Wortgefecht verwickelt waren.
Ob sie seine Hilfe brauche um jemand KO, oder mindestens in die Flucht zu schlagen?
Sie erzählte das es Coco gewesen sei der sich mit Anita ein hartes Wortgefecht geliefert
hatte, aber nun sei wieder alles in Ordnung.
Von wegen! Andere fühlten sich wohl angesprochen von Cocos ordinären Pöbeleien und
es gab die erste Anzeige. Gabi wurde, samt Papagei, vor Gericht geladen. Der Richter
nahm das Corpus delicti und Gabi streng in Augenschein und war überzeugt das er das Ding
schnell abhaken könne. Ein bisschen die Stirn runzeln, böse Mine machen und gut war's.
So kam Gabi mit einer Verwarnung davon. Doch just in diesem Augenblick machte Coco den
Schnabel auf und plapperte munter drauflos. - Halleluja, verdammte Scheiße, du Arsch,
was auf Fresse, Tunte, liebes Gottchen - und ähnliches. Der Richter schüttelte den Kopf
ermahnte sie noch einmal nachdrücklich, das Federvieh in den Griff zu bekommen, er wolle
sie beide hier nicht mehr sehen. Beim zweiten Mal reagierte er abwartend, aber verärgert
bei den Worten - Aas hinterlistiges -, und beim dritten Mal war er stinke sauer. Coco
ging direkt ans Werk - zieh aus mach nackig, Liebchen , hau rein, Trampeltier, elender
Saufbold , Giftzwerg - verdrehte die Augen und gab ein schauerliches Donnergrollen zum
Besten. Dann markierte er gekonnt den sterbenden Schwan und fiel theatralisch von der
Stange. Diesmal machte er kurzen Prozess, es hagelte eine empfindliche Geldstrafe und
den Rat, sie solle es mal mit einem Sprachtherapeuten für den Unhold versuchen. Gabi
warf Cocos schweres Schicksal in die Waagschale. Er habe durch sein Zigeunerleben leider
nichts Gescheites lernen können, der raue Ton sei dem damaligen Milieu geschuldet und er
sei eine Kreatur die nur geliebt werden will. Sie habe ihn ja auch inzwischen richtig
gern aber nach diesem Urteil könne sie ihm nur noch den Hals umdrehen!
Dann hätte sie aber die Tierschützer am Hintern und im Übrigen sei ihr Mann Jan an allem
Schuld.
Adios, santa Justicia.
Sie wollte nicht mit Coco allein zu Hause sein, also klingelte sie, mit dem Käfig in der
Hand, bei Miguel und jammerte das sie jetzt Trost brauche. Er nahm sie in den Arm und
sagte komm rein, Chicita. Dann spülten sie gemeinsam den Ärger mit ein paar doppelten
Cajajillos runter und waren sich einig das Coco Recht hatte, der Richter ist ein elender
Giftzwerg. Es war die Leichtigkeit des Frohsinns mit dem Miguel das Leben verstand und
Gabi wieder mit der Welt versöhnte. Irgendwann kamen sie beim Musizieren mit La Paloma
und dem Radetzkymarsch total durcheinander und Coco krakelte übermütig mit.
Magenta©
Seit drei Wochen war Gabi von dem gemeinsamen Kurztrip mit ihren Freundinnen zurück.
Das Haus war nicht abgebrannt, Mann und Kinder nicht verhungert und der Hund lag faul
in der Gegend rum. Das war die erste Bestandaufnahme. Nachdem die schmutzigen Wäscheberge
abgearbeitet waren, scheuchte sie alle vor die Tür und begann mit dem Hausputz.
Sie wohnten in einem Stadtviertel das allgemein unter dem Namen "Cuba libre" bekannt
war. Einer der Ersten die sich hier niederließen war ein Exilcubaner mit seiner Großfamilie
und die hatten die Leichtigkeit des Lebens, reichlich Rum und viel Hüftschwung im Gepäck.
Seit Jahren schipperte ihr Mann Jan, als Navigationsoffizier bei der Handelsmarine, auf
den Meeren der Welt umher.
In einer Hafenkneipe in Rostock war's dann passiert, er hatte sich in einen prächtigen
Papagei verliebt, der mit ihm auf Teufel komm raus schäkerte. Ja, und jetzt hockte das
arme Ding verschreckt im Käfig und sagte nicht mal piep.
Irgendwann erklärte sie Jan das sie sich Sorgen um den stummen Papagei mache und
wenn er nicht in den nächsten zwei Tagen den Schnabel aufmacht, würde sie ihn in den
Zoo bringen, dort hätte er wenigstens reichlich gefiederte Verwandte von denen er was
lernen könne.
"Nö, das kommt schon noch, ich hab doch gehört das er spricht, lacht und trällert. Er
braucht noch ein wenig Zeit um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, denn er hat
mehrmals Standort und Besitzer gewechselt."
"Weil Daggi dauernd um ihn herumschleicht und anschnauft bin ich besonders nett
zu ihm. Neuerdings versteckt er sogar sein Köpfchen unter einem Flügel. Kann es sein
das er vor dem Hund Angst hat? Immerhin ist unserer Bernhardiner nicht gerade
ein Winzling und sie begegnen sich fast auf Augenhöhe," fuhr sie fort.
"Ach was, zerbrich dir nicht den Kopf darüber, glaub mir einfach, mit dem ist
alles in Ordnung" grinste er vielsagend, mit Lachfalten bis zu den Augenwinkeln.
Coco und der Hund hatten sich aneinander gewöhnt, scheinbar unterhielten sie sich sogar.
Wenn Daggi den Käfig umrundete, drehte sich Coco mit, sah ihn herausfordernd an und
wippte auf und ab. Der Hund machte kurz 'Wuff', Coco sprang in die Luft und kreischte
lauthals. Bald fing er an den Hund nachzuäffen und Gabi konnte beide 'Wuff's nicht mehr
unterscheiden. Wenn sie nachschaute wer gebellt hatte, saß Daggi Schwanzwedelnd mit
Unschuldsmine da, während Coco eifrig sein Gefieder putzte.
Vor einiger Zeit hatte Gabis Schwester ihren Besuch angekündigt. Anita machte einen
nervösen, gehetzten Eindruck.
Außerdem hatte sie wohl ihre gute Kinderstube in irgendeinem Flieger vergessen, denn
sie sprach ziemlich vulgär. Gabi konnte sich die Bemerkung, ob sie von der freundlichen
Flugbegleiterin zur Luftwaffe in ein Kampfgeschwader gewechselt war, nicht verkneifen.
Sie nannte ihren Neffen Philip einen arroganten Rotzlöffel und beschimpfte den Papagei
als Mistviech.
Da meldete sich Coco plötzlich deutlich mit einigen Kraftausdrücken. Aus seinem bewegten
Vorleben in vielen Ländern und immer neuen Besitzern hatte er einen reichen Sprachschatz
angesammelt, den er erstaunlich verständnisvoll und intelligent benutzte. Gabi konnte es
nicht glauben, wochenlang das harmlose, niedliche Papageichen und dann das!
Eilig verabschiedete sich Anita und verließ beleidigt im Sturmschritt das Haus.
Gabi war gedanklich noch immer mit dem aus heiterem Himmel sprechenden Coco
beschäftigt. Also deshalb hatte Jan so amüsant gegrinst, er wusste von der umwerfenden
Sprachfähigkeit! Wahrscheinlich fand er das sogar lustig? Oh Jan, du bist ein Schlitzohr,
dachte sie. Das klingelde Telefon unterbrach ihren Gedankenfluss und sie nahm den Hörer
ab. Es war ihr caribischer Nachbar Miguel, der sich erkundigte ob alles in Ordnung sei.
Er habe laute Stimmen gehört die in ein wildes, unflätiges Wortgefecht verwickelt waren.
Ob sie seine Hilfe brauche um jemand KO, oder mindestens in die Flucht zu schlagen?
Sie erzählte das es Coco gewesen sei der sich mit Anita ein hartes Wortgefecht geliefert
hatte, aber nun sei wieder alles in Ordnung.
Von wegen! Andere fühlten sich wohl angesprochen von Cocos ordinären Pöbeleien und
es gab die erste Anzeige. Gabi wurde, samt Papagei, vor Gericht geladen. Der Richter
nahm das Corpus delicti und Gabi streng in Augenschein und war überzeugt das er das Ding
schnell abhaken könne. Ein bisschen die Stirn runzeln, böse Mine machen und gut war's.
So kam Gabi mit einer Verwarnung davon. Doch just in diesem Augenblick machte Coco den
Schnabel auf und plapperte munter drauflos. - Halleluja, verdammte Scheiße, du Arsch,
was auf Fresse, Tunte, liebes Gottchen - und ähnliches. Der Richter schüttelte den Kopf
ermahnte sie noch einmal nachdrücklich, das Federvieh in den Griff zu bekommen, er wolle
sie beide hier nicht mehr sehen. Beim zweiten Mal reagierte er abwartend, aber verärgert
bei den Worten - Aas hinterlistiges -, und beim dritten Mal war er stinke sauer. Coco
ging direkt ans Werk - zieh aus mach nackig, Liebchen , hau rein, Trampeltier, elender
Saufbold , Giftzwerg - verdrehte die Augen und gab ein schauerliches Donnergrollen zum
Besten. Dann markierte er gekonnt den sterbenden Schwan und fiel theatralisch von der
Stange. Diesmal machte er kurzen Prozess, es hagelte eine empfindliche Geldstrafe und
den Rat, sie solle es mal mit einem Sprachtherapeuten für den Unhold versuchen. Gabi
warf Cocos schweres Schicksal in die Waagschale. Er habe durch sein Zigeunerleben leider
nichts Gescheites lernen können, der raue Ton sei dem damaligen Milieu geschuldet und er
sei eine Kreatur die nur geliebt werden will. Sie habe ihn ja auch inzwischen richtig
gern aber nach diesem Urteil könne sie ihm nur noch den Hals umdrehen!
Dann hätte sie aber die Tierschützer am Hintern und im Übrigen sei ihr Mann Jan an allem
Schuld.
Adios, santa Justicia.
Sie wollte nicht mit Coco allein zu Hause sein, also klingelte sie, mit dem Käfig in der
Hand, bei Miguel und jammerte das sie jetzt Trost brauche. Er nahm sie in den Arm und
sagte komm rein, Chicita. Dann spülten sie gemeinsam den Ärger mit ein paar doppelten
Cajajillos runter und waren sich einig das Coco Recht hatte, der Richter ist ein elender
Giftzwerg. Es war die Leichtigkeit des Frohsinns mit dem Miguel das Leben verstand und
Gabi wieder mit der Welt versöhnte. Irgendwann kamen sie beim Musizieren mit La Paloma
und dem Radetzkymarsch total durcheinander und Coco krakelte übermütig mit.
Magenta©
Kommentare (4)
magenta
Hallo Koala,
Danke für deinen Tip mit der Sprache.
Ich wollte aber nicht auf Spanisch schreiben und habe absichtlich nur ein paar leicht verständliche Worte eingestreut, die auch aus dem Kontex entschlüsselt werden können.
In diesem Sinne
LG
Magenta
Danke für deinen Tip mit der Sprache.
Ich wollte aber nicht auf Spanisch schreiben und habe absichtlich nur ein paar leicht verständliche Worte eingestreut, die auch aus dem Kontex entschlüsselt werden können.
In diesem Sinne
LG
Magenta
koala
Ich lasse mir den PC immer von Englisch auf Deutsch umprogrammieren. Versuch mal, ob es bei Coco auch moeglich ist. Du koennest Spanisch nehmen, wegen Deinem netten Cuba libre Nachbarn.
Herzlich
Koala/Queensland
Herzlich
Koala/Queensland
finchen
Deine Geschichte hat mich überaus amüsiert.....zumal ich auch mal einen Graupapagei kennenlernte, der auch einen netten Spruch drauf hatte: "Papa gib Geld her, Mama hat keins mehr." - "Pöki muß pullern gehen". Und noch mehr davon, aber die harmlose Sorte des Aufgeschnappten.
Zusätzlich versteckte er liebendgern die Schuhe der Familienmitglieder. Und bei laufenden Wasserhähnen schrie er ganz fürchterlich.
Und in langen Haaren wuschelte er sich ein.
Ansonsten war er sehr liebenswert - ob es ihn noch gibt?
Liebe Grüße
das Moni-Finchen
Zusätzlich versteckte er liebendgern die Schuhe der Familienmitglieder. Und bei laufenden Wasserhähnen schrie er ganz fürchterlich.
Und in langen Haaren wuschelte er sich ein.
Ansonsten war er sehr liebenswert - ob es ihn noch gibt?
Liebe Grüße
das Moni-Finchen
der nur einen satz konnte,"wem haben wir denn da"
er sagte es wenn ein passant am fenster vorbei ging.
ich habe in der nähe arbeiten zu erledigen,und nach einer
stunde habe ich gerufen "halt den schnabel du blödes viech"
das hat nichts bewirkt.
lg basta/helmut