»Brot und Spiele«


»Brot und Spiele«

»Brot und Spiele«
 
Als der römische Satiriker Juvenal vor 2000 Jahren den bekannten Satz »panem et circenses« aussprach, war das Leben für den Großteil der Bevölkerung anscheinend so langweilig geworden, dass man ständig neue Abwechslungen brauchte. Nicht jeder hatte Arbeit, die meisten Tätigkeiten wurden ja von Sklaven erledigt, was also tat der römische Adel den ganzen Tag?
        Man begann unter anderem über den Sinn des Lebens nachzudenken, zu philosophieren! Auch über den Staat, über seine Lenker, die Götter, die Notwendigkeit des Lebens an sich. Werke etlicher großer Philosophen wie Seneca und Cicero im 1.Jh.n.Chr. geben bis heute noch Zeugnis ihres Wirkens an uns ab.
        Das gemeine Volk allerdings musste beschäftigt werden, und so waren die »circenses« das probate Mittel, um das Volk bei Laune zu halten. Gladiatorenkämpfe spielten eine große Rolle in diesen Cirquen, Kämpfe untereinander oder auch gegen wilde Tiere waren beim Plebs beliebt, die Hauptsache war, man konnte etwas sehen, miterleben, das die Nerven aufpeitschte! Wie heute auch!
Juvenal, der Satiriker, brachte es damals mit aller Gewissheit genau auf den Punkt:
"qui dabat olim // imperium, fasces, legiones, omnia, nunc se // continet atque duas tantum res anxius optat, // panem et circenses."
(Einst bestimmte es (das römische Volk) über alles, die Herrschaft, die Ämter und die Legionen. Doch nun wünscht sich das Volk, um zufrieden zu sein, nur noch zwei Dinge: Brot und Spiele.)
 
        Wie sich die Bilder 2000 Jahre später doch gleichen. Nichts ist unseren Bürgern wichtiger als eine Fußball-WM, nichts reizt den Nerv mehr als ein Formel-1 Rennen. Die Medien hätten ohne diese Events weniger zu bieten. Ergo: Die Gladiatoren von heute sind nichts anderes als die damaligen. Der Unterschied liegt nur in den Verdienstmöglichkeiten! Seinerzeit lockte als Hauptgewinn sozusagen die Freiheit von der Sklaverei.
        Heute sind es die Millionen Euro oder Dollar, die unsere Gladiatoren in die Abhängigkeit von »Sport-Aktiengesellschaften« bringen - anstelle von Gladiatoren-Schulen - und sie reißen sich darum, dort mitzumischen!
 "Difficile est saturam non scribere" meinte Juvenal in einer weiteren Satire. (Da fällt es schwer, keine Satire zu schreiben)
        Nun Freunde, die nächsten Spiele sind schon wieder angesagt: Fussball - WM in Qatar, Wüstenklima für Fussball-Gladiatoren ist mal etwas völlig Neues. Winter-Olympia 2030 gar in Antarctica? Würde sich ja anbieten. CocaCola bewirbt sich schon um die Banditen-Werbung! (Verzeihung, ich meinte natürlich BANDEN-Werbung.)
Na, ich schließe lieber meinen Sermon, sonst falle ich noch in Trockenstarre ...

 
©2020 by H.C.G.Lux


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Kommentare (2)

Federstrich

Lieber Pan,
eine kleine Ergänzung scheint mir angebracht.

Du folgst hier der schlichten Lesart dieses Bonmots von den Brot und Zirkusspielen für die Plebs, die mit der Realität im alten Rom nicht sehr viel zu tun hatte. Du erwähnst selbst, dass Juvenal diese Formel als Satiriker zugespitzt hat. D.h., er verzichtet bewusst auf multiperspektivische Betrachtungen und Differenzierung, wie es ein Historiker machen würde,  sondern polarisiert und polemisiert um der Aufmerksamkeit willen und fängt damit freilich nicht die wirklichen Verhältnisse ein. Wir nehmen ja auch die Äußerungen von Kabarettisten heute nicht für bare Münze sondern sehen ihre Funktion.

Die neuere althistorische Forschung hat diese verbreitete Fehlinterpretation überwunden. So beschreibt diese Formulierung zunächst das Zerstreuungsangebot und den Wunsch der unteren Schichten nach ihr. Sie geht aber darüber hinaus. Schon Horaz wies darauf hin, dass  "Auch das Vergnügen des Ritters [...] mittlerweile vom Ohr zu den unsteten Augen und zu nichtigen Freuden gewandert" sei. Folglich gab es im Circus Maximus ein klassenloses Schauvergnügen und lediglich abgetrennte Bereiche für die höchsten Stände der Ritter und Senatoren, die  bis auf wenige Ausnahmen das Unterhaltungsangebot aber genauso genossen wie die Plebejer.
Darüber hinaus hatten die Veranstaltungen für alle Zuschauer  - ob Oberschicht oder einfaches Volk - eine eminent soziale wie politische Dimension. Schon damals ging es um das "Sehen und Gesehen-Werden", auch weil Frauen nicht getrennt von den Männern sitzen mussten, sehr zur Freude beider. gg Und es ging um politische Willensbekundungen der einfachen Zuschauer wie um "Euergetismus", dem heutigen Sponsoring durch die Elite.
Mit Gruß, Federstrich

Pan

@Federstrich
Das liest sich nun alles sehr gut, wirklich. Was aber bedeutet das nun für die heutige Zeit? Das dieses klassenlose Unterhaltungsangebot für unsere neue »klassenlose Gesellschaft« ebenfalls vorhanden ist?
Wahrscheinlich nur begrenzt durch die Höhe der Eintrittsgelder, nicht wahr?
Mit der Realität des alten Roms nichts zu tun- ❓
bestand das römische Reich etwa nur aus den Patriziern? Neunzig Prozent der Menschen waren abhängig von der herrschenden Klasse! Und da stellt sich doch die Frage, warum dann immer wieder - gerade in Krisenzeiten - diese Spiele so propagiert wurden.
Aber darum geht es mir überhaupt nicht. Ich wollte damit nur aufzeigen, dass dieses »Gedankengut« immer noch lebendig ist, dass selbst das dekadentes Denken der Spät-Antike nichts anderes zuwege gebracht hat, als »Beruhigungsmittel für das Volk« zu verteilen! Bis zum heutigen Tage ...

Grüße,
von Pan


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