Ausgerechnet zu Ostern Bierpreiserhöhung!
Ausgerechnet zu Ostern Bierpreiserhöhung!
Wie vor 100 Jahren im Radeberger Land Ostern begangen wurde
Es war unvermeidlich. Hatte man schon eigentlich Weihnachten 1914 den Krieg beendet haben wollen, musste man das Osterfest 1915 als „erstes Kriegsostern“ der neueren Zeit feiern. Wenn man überhaupt vom Feiern sprechen konnte, den Bierpreiserhöhung, Schwierigkeiten in der Mehlabgabe, Verbot des Privatpaketversands, nur Feldpost war gestattet, erstmals Brotmarken, Reduzierung des Schokoladeaufkommens…, man könnte die Liste der Schwierigkeiten um mindestens weitere zwanzig Anordnungen erweitern, die seitens der Bevölkerung zu meistern waren. Fast jeder zweite wehrfähige männliche Einwohner war an der Front oder wurde für den Krieg ausgebildet, etwa 300 Tote hatten die ersten Kriegsmonate dem Radeberger Land beschert. Natürlich im Sinne der Zeit sprach man vom „Heldentod“, „dem Dienst an Deutschland“ und dem „Unvermeidlichen“. Die Mütter waren mehrheitlich darauf erpicht, den Kindern wenigstens die typischen Osterdinge wie das Suchen von Ostereiern und kleinere Geschenke zu ermöglichen. In Ottendorf und Weixdorf gab es diesbezüglich „Gemeinschaftsveranstaltungen“, um einen Ostersinn zu erleben, wie der Chronist anmerkte. Die Linie hatte Superintendent Kaiser für die christliche Botschaft vorgegeben. „Passion und Ostern – wir stehen mittendrin. Jedes Opfer haben wir willig, ja freudig gebracht, und jedes Sterben fürs heilige Vaterland schenkte uns neues Leben“, so seine Botschaft. Kriegsbetstunden und eine durchweg kirchlich organisierte Zeit vom Gründonnerstag bis zum Ostermontag waren der Alltag. Die Kirchen waren „stark gefüllt“, schreibt der Chronist. „Es kommt keine Besinnung auf, Fatalismus verbreitet sich“, merkt eine der wenigen kritischen Stimmen aus Radebergs SPD an. Gesetzter Gesang der vorgegebenen Ostermotette „Verschlungen ist der Tod in den Sieg“. Eine aus heutiger Sicht unglaubliche Stimmung, denn in dem Liedgesang heißt es unter anderem: „Sei fröhlich zu allen Stunden! Verschlungen ist der Tod in den Sieg“, als solcher galt die Auferstehung Jesu Christi.
Und dann das „Bierpreiserhöhung ab Osterdienstag, dem sogenannten dritten Feiertag. Die Mehrbelastung der Bierhersteller wird mit 6 bis 8 Mark je Hektoliter beziffert, dadurch wurde der Liter Einfachbier um 1,5 Pfennig teurer. Anderes bis 5 Pfennig. Zwei Wochen vor Ostern wurde der Milchpreis um 2 Pfennig angehoben, der Brotpreis um 1 Pfennig.
Und es gab sogar noch eine bedeutende weltliche Feier. Bismarck wäre am 1. April, Gründonnerstag 1915, einhundert Jahre alt geworden. In jedem Ort gab es mindestens eine patriotische Feier mit anschließendem Beisammensein. Schon deswegen, Bierpreiserhöhung erst nach Ostern! In Radeberg wurde an der Bahnhofstraße eine Bismarckeiche gepflanzt, anderer Orts sammelte man im Sinne Bismarcks Geld und Liebesgaben für die Soldaten im Krieg. Da nach herkömmlichen Brauch und Gesetz die sogenannte geschlossene Zeit erst mit dem Sonntagsgottesdienst endete, gab es keine nennenswerten Veranstaltungen außer den kirchlichen. In Radeberg sorgten Kino und das Programm „Ada Francis mit ihrem elektrischen Schleierspiel“ für eine etwas andere Atmosphäre. Der Sonntag und Montag, vordem Gesangsveranstaltungen am Sonntag und 48 Mal Tanz am Montag, hatte etwas Düsteres an sich. Konzerte wurden nur zum Füllen der Hilfskassen für Notleidende organisiert, Tanz war seit November verboten.
In Schönborn tanzten Frauen „unsittlich und unschicklich miteinander“, schrieb der diensttuende Gendarm. Es wurde offensichtlich nicht weiter verfolgt, denn man wollte nicht noch mehr Ärger. Den allgemeinen Fatalismus nutzten in Radeberg das „Forsthaus“, die „Talmühle“, die „Harmonie“ und der „Lindenhof“. Am dritten Feiertag gab es durchweg ausverkaufte Schlachtfeste, obwohl der Schweinebestand bewirtschaftet war. Das „Forsthaus“ annoncierte extra, dass das Schlachtfest von Max Weise, „zur Zeit auf Urlaub“, gehalten wurde. Alle Gastwirte erhielten lediglich eine schriftliche Verwarnung, von Sanktionen sah man ab.
Wenigstens das Osterwetter brachte tatsächlich Freude. Vom Karfreitag bis Ostersonntag schien die Sonne. Und so ging man in der Natur spazieren und nahm sich das Picknick mit. Wahrscheinlich konnte man in Feld und Flur, samt dem nahen Wald, seine Gedanken und Gespräche um den kriegerischen Augenblick individueller gestalten.
haweger
Wie vor 100 Jahren im Radeberger Land Ostern begangen wurde
Es war unvermeidlich. Hatte man schon eigentlich Weihnachten 1914 den Krieg beendet haben wollen, musste man das Osterfest 1915 als „erstes Kriegsostern“ der neueren Zeit feiern. Wenn man überhaupt vom Feiern sprechen konnte, den Bierpreiserhöhung, Schwierigkeiten in der Mehlabgabe, Verbot des Privatpaketversands, nur Feldpost war gestattet, erstmals Brotmarken, Reduzierung des Schokoladeaufkommens…, man könnte die Liste der Schwierigkeiten um mindestens weitere zwanzig Anordnungen erweitern, die seitens der Bevölkerung zu meistern waren. Fast jeder zweite wehrfähige männliche Einwohner war an der Front oder wurde für den Krieg ausgebildet, etwa 300 Tote hatten die ersten Kriegsmonate dem Radeberger Land beschert. Natürlich im Sinne der Zeit sprach man vom „Heldentod“, „dem Dienst an Deutschland“ und dem „Unvermeidlichen“. Die Mütter waren mehrheitlich darauf erpicht, den Kindern wenigstens die typischen Osterdinge wie das Suchen von Ostereiern und kleinere Geschenke zu ermöglichen. In Ottendorf und Weixdorf gab es diesbezüglich „Gemeinschaftsveranstaltungen“, um einen Ostersinn zu erleben, wie der Chronist anmerkte. Die Linie hatte Superintendent Kaiser für die christliche Botschaft vorgegeben. „Passion und Ostern – wir stehen mittendrin. Jedes Opfer haben wir willig, ja freudig gebracht, und jedes Sterben fürs heilige Vaterland schenkte uns neues Leben“, so seine Botschaft. Kriegsbetstunden und eine durchweg kirchlich organisierte Zeit vom Gründonnerstag bis zum Ostermontag waren der Alltag. Die Kirchen waren „stark gefüllt“, schreibt der Chronist. „Es kommt keine Besinnung auf, Fatalismus verbreitet sich“, merkt eine der wenigen kritischen Stimmen aus Radebergs SPD an. Gesetzter Gesang der vorgegebenen Ostermotette „Verschlungen ist der Tod in den Sieg“. Eine aus heutiger Sicht unglaubliche Stimmung, denn in dem Liedgesang heißt es unter anderem: „Sei fröhlich zu allen Stunden! Verschlungen ist der Tod in den Sieg“, als solcher galt die Auferstehung Jesu Christi.
Und dann das „Bierpreiserhöhung ab Osterdienstag, dem sogenannten dritten Feiertag. Die Mehrbelastung der Bierhersteller wird mit 6 bis 8 Mark je Hektoliter beziffert, dadurch wurde der Liter Einfachbier um 1,5 Pfennig teurer. Anderes bis 5 Pfennig. Zwei Wochen vor Ostern wurde der Milchpreis um 2 Pfennig angehoben, der Brotpreis um 1 Pfennig.
Und es gab sogar noch eine bedeutende weltliche Feier. Bismarck wäre am 1. April, Gründonnerstag 1915, einhundert Jahre alt geworden. In jedem Ort gab es mindestens eine patriotische Feier mit anschließendem Beisammensein. Schon deswegen, Bierpreiserhöhung erst nach Ostern! In Radeberg wurde an der Bahnhofstraße eine Bismarckeiche gepflanzt, anderer Orts sammelte man im Sinne Bismarcks Geld und Liebesgaben für die Soldaten im Krieg. Da nach herkömmlichen Brauch und Gesetz die sogenannte geschlossene Zeit erst mit dem Sonntagsgottesdienst endete, gab es keine nennenswerten Veranstaltungen außer den kirchlichen. In Radeberg sorgten Kino und das Programm „Ada Francis mit ihrem elektrischen Schleierspiel“ für eine etwas andere Atmosphäre. Der Sonntag und Montag, vordem Gesangsveranstaltungen am Sonntag und 48 Mal Tanz am Montag, hatte etwas Düsteres an sich. Konzerte wurden nur zum Füllen der Hilfskassen für Notleidende organisiert, Tanz war seit November verboten.
In Schönborn tanzten Frauen „unsittlich und unschicklich miteinander“, schrieb der diensttuende Gendarm. Es wurde offensichtlich nicht weiter verfolgt, denn man wollte nicht noch mehr Ärger. Den allgemeinen Fatalismus nutzten in Radeberg das „Forsthaus“, die „Talmühle“, die „Harmonie“ und der „Lindenhof“. Am dritten Feiertag gab es durchweg ausverkaufte Schlachtfeste, obwohl der Schweinebestand bewirtschaftet war. Das „Forsthaus“ annoncierte extra, dass das Schlachtfest von Max Weise, „zur Zeit auf Urlaub“, gehalten wurde. Alle Gastwirte erhielten lediglich eine schriftliche Verwarnung, von Sanktionen sah man ab.
Wenigstens das Osterwetter brachte tatsächlich Freude. Vom Karfreitag bis Ostersonntag schien die Sonne. Und so ging man in der Natur spazieren und nahm sich das Picknick mit. Wahrscheinlich konnte man in Feld und Flur, samt dem nahen Wald, seine Gedanken und Gespräche um den kriegerischen Augenblick individueller gestalten.
haweger
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