Auch die Tiere haben ein Recht auf Menschenwürde


Auch die Tiere haben ein Recht auf Menschenwürde

 
Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau,
Geh mer Tauben vergiften im Park!
Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau,
Geh mer Tauben vergiften im Park!
Wir sitzen zusamm' in der Laube
Und a jeder vergiftet a Taube,
Der Frühling, der dringt bis ins innerste Mark
Beim Tauben vergiften im Park.
(Georg Kreisler)
 
 
Gerade habe ich an meinem Schreibtisch mit einer erfahrenen Armbewegung eine der letzten Fliegen des Jahres fliegengepatscht. Patsch! Ich traf sie voll.
Da fällt mir der fällige und völlig verdiente Zornesausbruch einer esoterisch mittelschwer verquollenen Betroffenheitsschnalle aus dem „FreundInnenkreis der Mutter Erde e.V.“ ein, mein total verrohtes Ramboverhalten gegen ein lesbisch einsames Mitgeschöpf sei eine entsetzliche Verletzung der tierischen Würde einer sanften Mitbewohnerin der Mutter Erde. Siedend heiß läuft mir meine Vergänglichkeit über den Rücken. Ich habe es unter Missachtung der im Verkehr mit den unschuldigen Kreaturen unseres blauen Planeten notwendigen Verkehrssicherungspflicht sträflich unterlassen, der Fliege vor der Zuführung zur Patsche eine Beruhigungsspritze zu setzen, um sie vor dem Stress angesichts meines schockierenden, sozusagen irgendwie total seelenverschattenden Vorgehens zu bewahren. Nun muss ich in Sack und Asche gehen. Mir kommen die ersten Tränen, die mir ins rechte Auge treten.
Gleichzeitig kommt auch schon der per 112 zur Nothilfe gerufene Tierpsychiater. Da er auf Katzileinchens spezialisiert ist, wird er wohl der Matsche, zu der die Fliege geworden ist, nicht aus der Patsche, in der die Matsche in einer Ritze eingeklemmt ist, helfen, nicht zur seelenbefreienden Trauerarbeit motivieren können. Ach, wie grausam die Welt doch ist! Erst die FDP in der Welt und jetzt auch noch das.
 
Zur Erhellung einer, das Mark eines meiner Beine erschütternden Trübnis, erheischt in diesem quälenden Moment ein Artikel in der Tageszeitung meine Aufmerksamkeit – Heil sei dieser Stunde, Heil sei diesem Tag (doch seit einiger Zeit nicht mehr dem braunen Arschloch). Die Vision unserer gesammelten Betroffenheitsschwestern im Verbund mit den warmgeduschten Weicheiern wird wahr, steht dort, - und was in der Zeitung steht, muss man glauben – durch den Glauben der Presse unterscheidet diese sich von solider Erkenntnis. Die von unseren Polikdarstellern  geprägte Unkultur des öffentlichen Schwachsinns wird über die atavistische Natur siegen. Endlich wird im Grundgesetz festgeschrieben, dass auch unsere tierischen Schwestern und Brüder nur Menschen sind. Oh welches vorahnende Glücksgefühl über den nächsten Sommer, der so gewiss kommt wie Gesundheitsminister Warmeluftbläser, ebenso wenig wie der Brüllerle von der AfD gehen! Bald ist es soweit: bei uns im Dorf darf keiner mehr  - wie es jahrtausendalte Gewohnheit ist - einen Güggel mit einer Kopf-ab-Axt oder einen Stallhasen mit einem Prügelschlag hinter die Löffel in einen schmackhaften Sonntagsbraten (angereichert mit dem duftenden Bergthymian unseres einzigartigen Sonnenplateaus) verwandeln. Endlich vorbei die brutale Gesellschaft, in der Forellenzüchter den Fischen mit einem Schlag hinter die Kiemen ein menschen- und tierunwürdiges Ende ihre tierischen Daseins bereiten durfte. Nein, jetzt ist Schluss mit derart perversen Gelüsten – römische Dekadenz! - einer überfütterten Gesellschaft, künftig kommen die Festmähler nur noch aus den tiefgefrorenen Eisbollen der tiergerecht zertifizierten  Supermärkte und Lafers Delikatessenversand. Auch die Tiere haben ein Anrecht darauf, dem Menschen gleich, Mc’Donaldsmäßig dem Menschen zur Darmfüllung zu dienen.
 
Die „Frohe Botschaft“ voller Jauchzer vom baldigen Glück auf den Lippen mache ich mich auf den Weg durch die heimischen Flure zum Frühschoppen. Dabei kann ich den gestressten Kreaturen in Wald und Feld verkünden: „Sehet, ich bin bei Euch! Nie mehr“, rufe ich in meinem Freudentaumel den Blümelein am Wegesrand und der schlanken Rehmutter zu, die gerade mit ihrem Kitz meinen Weg kreuzt, um die letzten Halme der  Sommersaat zu äsen, „nie mehr wird euch Lindenwirt einfach so abknallen und am Finanzamt vorbei zu Rehnüsschen in Morchelrahm und Ragout mit Waldpilzen herabwürdigen  dürfen!“ Denn das wird in Zukunft nur noch möglich sein, wenn eine EU-zertifizierte BUND-Expertenkommission zuvor nach einem EU-zertifizierten Verfahren a) eine geeignete Ersatzsäugerin gefunden hat, die bei einem EU-zertifizierten Test auch ihre derartige Eignung gerichtsfest nachgewiesen hat, und b) die Ersatzsäugerin erst in den Prozess eingeführt werden darf, wenn die Erstsäugerin vor ihrer Zu-Tode-Bringung menschenwürdig betäubt wurde.
 
Bei  der wahnsinnig röschen Bauernbratwurst mit Kartoffelsalat, die den Anfang meines Frühschoppens begleiten, beim Lindenwirt im Dorf (die angeschmelzten Zwiebeln!) gerate ich in einen (berechtigten) wahren Glücksrausch als ob der Seehoder in der Sahara sein Glück gefunden hätte: führt doch künftig der Lindenwirt ganz einfühlsam seinen Schweinen eine menschengerechte Elektrozange an den Kopf, bevor er sie in menschengerechte Bratwürste, Kesselfleisch, Blut- und Leberwurst zum Sauerkrautberg auf der Schlachtplatte verwandelt. Wir werden in das Paradies zurückkehren. Eva liegt, wie GOTT sie geschaffen hat, neben dem Stier auf der Wiese und der Esel benimmt sich wie ein eunuchierter Ochse.
 
Welch wirklich säkulare tier- und menschengerechte Zukunft! Zuerst die GRÜNEN, dann auch die Normalos unter den Aldiusern verzichten darauf, Millionen von Hunden  artfremd zu halten. Kein putziges Schild mehr beim Metzger: „Wir müssen draußen bleiben!“ Das kann man laut und deutlich den Türken sagen, klar, aber das ist doch menschenverachtend einer deutschen Promenadenmischung gegenüber. So geht man doch nicht mit einem Hund um. Und hunderttausende von Käfigen von Kanarienvögeln werden sich öffnen. Die Omis werden begeistert umdenken. Statt ihren „Hansi“ werden sie künftig ihren betreuenden SD’ler mit „Mega-Perls“ füttern und ihn an die ökologisch korrekte Streuunterlage im Katzenklo gewöhnen. Hauptsache, dass dabei ihr Vögelchen freikommt.
 
Das sanfte Streicheln, mit dem mir meine liebe Frau den Angstschweiß des Albtraums während meines Rentnernachmittagsschläfchens wegwischt, weckt mich auf. „Was gibt’s Neues?“, frage ich, noch halbtrunken vom Schlaf. „Nichts Neues, Schatz“, flötet sie mit ihrer weichen Stimme, das Übliche. Vorhin beim Bügeln meldete das Radio, die Merkel habe in der Mittagspause umgedacht. Bei der Tierschutzpolitik denkt sie nun alternativlos das Gegenteil dessen, was sie im Morgenmagazin alternativlos gedacht hat.“
 

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Kommentare (4)

Manfred36

Des Wortes gewaltige Kraft
auch gewaltig Bedeutung rafft.
Doch manchmal auch zu sehr.
Geht's noch in Bisschen mehr?

ehemaliges Mitglied

Lieber Sam,

vor kurzem las ich in der Zeitung, das Tierschützer einen Flohzirkus angegriffen, und die dort arbeitenden Flöhe befreit haben. Dann zogen sie weiter zu einem Flohmarkt, und verwüsteten auf der Suche nach Flöhen, die Verkaufsstände.
Die Organisation "lieber tausend Flöhe als einen Menschen" kündigte weitere Protestkundgebungen an. 

Einen schönen Sonntag
Arni

Sam 2

Lieber Arni,

die Fundamentalisten haben nicht 1000 Flöhe, sondern eine große Macke an der Kappe. Also M'ler.

Auch Dir einen schönen Sonntag, ohne unter die Comannschen zu fallen.
Sam 2

Willy

Da wir halb auf dem Lande lebten, bin ich mit Tiertötungen zwecks Verzehr großgeworden. Heute bin ich ein paar Jährchen älter und habe natürlich auch eine Meinung zu der Thematik. 
Fliegen oder andere sich in meine Klause verirrte Insekten töte ich nicht, sondern, wenn sie sitzen; stülpe ich ein größeres Wasserglas über sie, schiebe ein Stück Papier unter den Glasboden. Am dann spaltbreit geöffneten  Fenster entlasse ich das Tierchen in Freiheit. Ich glaube nicht, dass mir dies der Liebe Gott als gute Tat dereinst anrechnen wird, aber Tiere, die mich weder bedrohen, noch groß Schaden anrichten – einfach totzuschlagen ist nicht meine Art.
Gruß Willy
sapo11.gif


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