Am Ostersonnabend war der König auf der Hofewiese


Aus der Geschichte des Radeberger Landes (Sachsen)

Am Ostersonnabend war der König auf der Hofewiese

Reminiszenzen an das Osterfest vor 100 Jahren

Zwei Ereignisse dominierten das Osterfest 1916, das zweite Osterfest im Ersten Weltkrieg. Aus Langebrück wurde gemeldet, dass am Sonnabend, dem 22. April „Seine Majestät der König, die Prinzessinnen-Töchter. Prinz Ernst Heinrich und Prinzessin Mathilde die nahegelegene Hofewiese um 15.30 Uhr zum Kaffeetrinken besuchten. Es war erst das zweite Mal nach Kriegsausbruch 1914, dass der König wieder Langebrück und die Dresdener Heide aufsuchten. Bis zur Hofewiese war der König vom Weißen Hirsch aus gewandert, während seine Töchter und seine Schwester Mathilde mit einem Auto dorthin gebracht wurden. Die Rückkehr wurde mit einem Fußmarsch zum Bahnhof Langebrück vollzogen, wo die königliche Familie vor 18 Uhr mit einem Sonderzug abgeholt wurde. Es sprach sich schnell herum, sodass etwa 200 Einwohner Sachsens König aus der Nähe sehen konnten. Dies war für damalige Verhältnisse noch immer etwas Erbauliches und Freudvolles.

Das zweite Ereignis sollte für Radeberg ein auf Langfristigkeit zielendes werden. Radebergs Stadtrat und die Abgeordneten nahmen am Gründonnerstag, dem 20. April, um 17 Uhr die erste offizielle Befahrung des Industriegleises in Angriff. Es war jene Zufahrt vom Bahnhof in Radeberg zum heute als Gewerbegebiet existierenden Gelände, das als Feuerwerkslaboratorium, Sachsenwerk, RAFENA oder Robotron in der Bierstadt Industriegeschichte schrieb. Der Schienenstrang samt entsprechendem Unterbau war in vier Monaten von vorwiegend russischen Kriegsgefangenen errichtet worden. Nach der Befahrung trafen sich die städtischen Gremien noch mit ihren Gästen vom Militär und der Bahnverwaltung im Bahnhof „zu einem Glase Bier“.

Ansonsten war das Osterfest vor 100 Jahren natürlich vom Kriegsgeschehen geprägt. Halt suchte man im Lebensalltag in den Kirchenveranstaltungen, die alle gut besucht waren. Als thematischer Schwerpunkt hier die Aufforderung „Der Mensch ist nur so viel wert, als er zu opfern vermag!“ Eine klare Ansage an die schon zu bemerkende Kriegsmüdigkeit und die Sehnsucht nach einem Frieden. Anspielend auf das Kriegsgeschehen an den Fronten samt fragwürdigem Heldentod und sogenannten Opfermut wurde appelliert: „Niemand sage, es werde ihm zu viel!“ Wer wollte da schon aufbegehren?

Kriegsbedingter Mangel beherrschte den Alltag. Noch am Mittwoch vor Ostern die Festsetzung, dass ab nun 1 kg Zucker im Monat für eine Familie zu reichen hat. Das Kuchenbacken wurde erneut verschärft. Zur Kuchenbereitung durften keine Eier oder Eierkonserven mehr verwendet werden. Auf 500 Gramm „mehlartige Stoffe“ durften nicht mehr als 100 Gramm Fett und 100 Gramm Zucker eingesetzt werden. Wer Torten herstellen wollte, musste sich die Verwendung von Eiern genehmigen lassen. Wollte man gar Makronen herstellen, musste man die Mandeln körperlich nachweisen und den benötigten Zucker extra beantragen. Zuwiderhandlungen brachten Geldstrafen oder Gefängnis. Erst vierzehn Tage vor Ostern hatte man überall publiziert, dass eine Frau durch widerrechtlichen Einsatz von zwanzig erworbenen, d. h. auf dem „Schwarzmarkt“ gekauften Eiern, sechs Wochen ins Gefängnis musste.

Unter diesen Umständen fiel das Ostereiersuchen vom Prinzip her aus. Mit Ersatzstoffen und unter Verwendung von Süßstoffen aus Rüben zauberten viele Mütter für ihre Sprösslinge „etwas zum Naschen“. Dazu hatten die christlichen Frauenvereine seit dem Februar Kurse organisiert, in denen die jungen Frauen lernten mit Hilfs- und Ersatzstoffen auszukommen.
Die meisten Familien ohne Vater, dafür mit Großmutter oder Großvater, zogen in die Natur, Wenigstens Kaffeeersatz war zu haben und manchmal eine „kleine Leckerei“. Das durchweg annehmbare Wetter leistete dem Vorschub, nachdem ein Gewitterregen am Gründonnerstag die Vorahnungen auf ein sonniges Osterfest eher zu hindern schien. In den Gasthöfen hatte man zu Familiennachmittagen am ersten und zweiten Feiertag geladen.

Sängergemeinschaften aller Coleur ließen etwas sorgenfreiere Stimmung aufkommen. Getanzt werden durfte wegen des Tanzverbots nicht. Dennoch hat es auch so etwas gegeben, immerhin musste die Polizei 34 Anzeigen bearbeiten. In Schönborn hatten Frauen infolge Männermangels erneut miteinander getanzt. Das brachte nach Ostern bis zu 20 Mark Bußgeld. Mit einem Militärkonzert am dritten Feiertag im Erbgericht Großerkmannsdorf klang das Osterfest aus. Fast 800 Personen wurden an diesem eigentlichen Arbeitstag vor Ort gezählt. Man wollte vielleicht die neue Anordnung von diesem Tag auch etwas vergessen. In allen Haushalten wurden die Kartoffelvorräte überprüft.

haweger

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