Als Radeberg von der Geheimrätin von Kaltwasser heimgesucht wurde
In einer von Männern dominierten Welt früheren Gepräges war es offensichtlich ein Leichtes die Herren der Schöpfung mit abenteuerlichen Geschichten zu umgarnen, ihnen den Kopf zu verdrehen und daraus für sich materiellen Gewinn, und sei es nur auf Zeit, zu erhaschen. Auch in Radeberg hat es mehrfach phantasievolle Hochstaplerinnen gewesen, die natürlich von außerhalb kamen und das Städtchen zumindest für kurze Zeit aufmischten.
In ihrer Wirkung vermutlich unerreicht war Maria Geheimrätin von Kaltwasser.
Sie hatte sich den Adelstitel nach einem kleinen Gutsdorf bei Liegnitz zugelegt und lebte angeblich in Böhmen. Und vor allem war sie eine „zutiefst hübsche Person“, wie der Chronist festhielt. Sie tauchte im Liebesmonat Mai 1901 in Radeberg auf. Am Bahnhof bestellte sie eine Kutsche und ließ sich erst in das Augustusbad fahren, um dann abends im „Gasthof zur Tanne“ zu dinieren. Über den Kellner wollte sie wissen wo man hochherrschaftlich schlafen könne, sie habe in der Eile vergessen, sich einen Schlafplatz zu sichern. Und auch hinsichtlich einer Bediensteten hatte sie sogleich ihre Version. Deren Mutter in Pirna sei krank und da habe sie ihr drei Tage frei gegeben.
Das Gespräch wurde am Nachbarstammtisch mehr oder weniger gehört. Ein Kohlenhändler von der Obersträße zeigte Interesse, lud Madam zu einem Schoppen Wein ein und der Flirt wie die Geschichte insgesamt, nahm ihren Lauf. Denn Alkohol macht ja bekanntlich auch hinsichtlich des kritischen Denkens manchen leichtsinnig und so erfuhr der Kohlenhändler von dem Missgeschick, dass die Geheimrätin ohne weitere Barmittel dastand. „Dem ist abzuhelfen“, lud sie der Händler ein und verbrachte noch „gefühlvolle“ Stunden mit der Fremden. In der „Tanne“ wurde ein „Notquartier“ für die Nacht geboten und bei so viel Noblesse erfuhr der Kohlenhändler noch mehr über die geheimnisvolle Frau. Ihr Clou, sie hatte eine „Vermögensbeglaubigung einer Bank aus Brünn über 80000 Mark“ mit. Wer hatte so etwas in Radeberg schon gesehen?
Am Glück des Kohlehändlers wollten auch andere teilhaben. Schon am nächsten Tag waren es der Lebensmittelhändler Benad und wenig später ein Assessor des Amtsgerichts. Letzterer sorgte mit der Aussage, dass die Vermögensverhältnisse echt seien, für das Ausräumen letzter Zweifel. Keinem fiel auf, dass die Bedienstete aus Pirna nicht kam, man hatte ja genügend Botenfrauen und Dienstpersonal in Radeberg. Und so lebte die Geheimrätin sechs Wochen lang auf großem Fuß. Jede Aufmerksamkeit der Radebereger Herren, ob nun das Bezahlen des gediegenen Abendessens oder wie in drei Fällen das Schenken von Schmuck, machte die dreiste Hochstaplerin noch wagemutiger. Nun wollte sie sogar von Moritz Romberg eine Wohnung in einer der neugebauten Villen auf der Friedrichstraße mieten, dabei immer wieder auf ihre Vermögensbeglaubigung pochend. Sie begann bereits mit dem Einrichten ihrer Wohnung, dank der reichen Gönnerschaft Radeberger Herren.
Ausgerechnet ein „kleiner Tischlermeister“ von der Pirnaer Straße brachte das Kartenhaus zum Einsturz. Hier hatte sie in „Handanfertigung gediegene Möbel für ein Empfangszimmer“ bestellt. Eine Anzahlung konnte sie nicht leisten und die Beglaubigung gefiel dem Tischler nicht. Warum war sie nicht auf Kronen ausgestellt? Die durchaus übliche Währung im zu Österreich gehörenden Böhmen und Mähren. Er holte sich Erkundigungen in Dresden ein. Am 14. Juni schnappten die Handschellen zu. Martha Scharf aus Jüterbog, eine Dienstmagd mit viel Phantasie, war Anfang Mai gerade aus dem Zuchthaus entlassen worden. Hier hatte sie bereits vier Jahre ihres jungen Lebens zugebracht, war ihr doch ein ähnlicher Coup 1896 in Wurzen gelungen. Achtzehn Herren der Radeberger oberen Schicht hatten das Nachsehen. Die Verhandlung war wegen dieser Herren auf Betreiben des Assessors vom Amtsgericht insgesamt nichtöffentlich gewesen. So erfuhr man nur, dass Martha Scharf wegen Hochstapelei und Betrugs zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.
Nach Originalakten gestaltet, Haweger
In ihrer Wirkung vermutlich unerreicht war Maria Geheimrätin von Kaltwasser.
Sie hatte sich den Adelstitel nach einem kleinen Gutsdorf bei Liegnitz zugelegt und lebte angeblich in Böhmen. Und vor allem war sie eine „zutiefst hübsche Person“, wie der Chronist festhielt. Sie tauchte im Liebesmonat Mai 1901 in Radeberg auf. Am Bahnhof bestellte sie eine Kutsche und ließ sich erst in das Augustusbad fahren, um dann abends im „Gasthof zur Tanne“ zu dinieren. Über den Kellner wollte sie wissen wo man hochherrschaftlich schlafen könne, sie habe in der Eile vergessen, sich einen Schlafplatz zu sichern. Und auch hinsichtlich einer Bediensteten hatte sie sogleich ihre Version. Deren Mutter in Pirna sei krank und da habe sie ihr drei Tage frei gegeben.
Das Gespräch wurde am Nachbarstammtisch mehr oder weniger gehört. Ein Kohlenhändler von der Obersträße zeigte Interesse, lud Madam zu einem Schoppen Wein ein und der Flirt wie die Geschichte insgesamt, nahm ihren Lauf. Denn Alkohol macht ja bekanntlich auch hinsichtlich des kritischen Denkens manchen leichtsinnig und so erfuhr der Kohlenhändler von dem Missgeschick, dass die Geheimrätin ohne weitere Barmittel dastand. „Dem ist abzuhelfen“, lud sie der Händler ein und verbrachte noch „gefühlvolle“ Stunden mit der Fremden. In der „Tanne“ wurde ein „Notquartier“ für die Nacht geboten und bei so viel Noblesse erfuhr der Kohlenhändler noch mehr über die geheimnisvolle Frau. Ihr Clou, sie hatte eine „Vermögensbeglaubigung einer Bank aus Brünn über 80000 Mark“ mit. Wer hatte so etwas in Radeberg schon gesehen?
Am Glück des Kohlehändlers wollten auch andere teilhaben. Schon am nächsten Tag waren es der Lebensmittelhändler Benad und wenig später ein Assessor des Amtsgerichts. Letzterer sorgte mit der Aussage, dass die Vermögensverhältnisse echt seien, für das Ausräumen letzter Zweifel. Keinem fiel auf, dass die Bedienstete aus Pirna nicht kam, man hatte ja genügend Botenfrauen und Dienstpersonal in Radeberg. Und so lebte die Geheimrätin sechs Wochen lang auf großem Fuß. Jede Aufmerksamkeit der Radebereger Herren, ob nun das Bezahlen des gediegenen Abendessens oder wie in drei Fällen das Schenken von Schmuck, machte die dreiste Hochstaplerin noch wagemutiger. Nun wollte sie sogar von Moritz Romberg eine Wohnung in einer der neugebauten Villen auf der Friedrichstraße mieten, dabei immer wieder auf ihre Vermögensbeglaubigung pochend. Sie begann bereits mit dem Einrichten ihrer Wohnung, dank der reichen Gönnerschaft Radeberger Herren.
Ausgerechnet ein „kleiner Tischlermeister“ von der Pirnaer Straße brachte das Kartenhaus zum Einsturz. Hier hatte sie in „Handanfertigung gediegene Möbel für ein Empfangszimmer“ bestellt. Eine Anzahlung konnte sie nicht leisten und die Beglaubigung gefiel dem Tischler nicht. Warum war sie nicht auf Kronen ausgestellt? Die durchaus übliche Währung im zu Österreich gehörenden Böhmen und Mähren. Er holte sich Erkundigungen in Dresden ein. Am 14. Juni schnappten die Handschellen zu. Martha Scharf aus Jüterbog, eine Dienstmagd mit viel Phantasie, war Anfang Mai gerade aus dem Zuchthaus entlassen worden. Hier hatte sie bereits vier Jahre ihres jungen Lebens zugebracht, war ihr doch ein ähnlicher Coup 1896 in Wurzen gelungen. Achtzehn Herren der Radeberger oberen Schicht hatten das Nachsehen. Die Verhandlung war wegen dieser Herren auf Betreiben des Assessors vom Amtsgericht insgesamt nichtöffentlich gewesen. So erfuhr man nur, dass Martha Scharf wegen Hochstapelei und Betrugs zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.
Nach Originalakten gestaltet, Haweger
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