adventliches zum 06.12.





schon früh am morgen beginnt heute für St. Nikolaus das von seinem sekretär, Knecht Ruprecht, geplante besuchsprogramm; termin reiht sich an termin, exakt festgelegt sind die kurzen pausen, das kostüm zu wechseln und eine himmlische maskenbildnerin steht schon mit puder und quaste bereit, dem wallenden rauschebart das strahlende weiss zu verleihen, sollte der in den festlich geschmückten festsäälen vom kerzenfeuer bischen angekokelt werden.

kaum bleibt Nikolaus zeit, den zettel zu lesen, der ihm gestern auf dem weihnachtsmarkt, den er mit den vertretern der städtischen verwaltung und der örtlichen handelskammer eröffnet hat, von einem kleinen jungen zugesteckt worden ist und an den er sich jetzt erst erinnert, während er den langen roten mantel anzieht und fluchend ob der wieder mal zu engen stiefel nach Knecht Ruprecht ruft, der mit zwei handys, in die er abwechselnd letzte terminabsprachen brüllt, dann endlich bereit ist, Nikolaus behilflich zu sein.

schon ist das geräusch des landenden hubschraubers zu hören, und ab geht es zur cafeteria eines neu eröffneten möbel-hauses vor dessen eingangstür bereits hunderte von kaufwilligen schnäppchenjäger warten. vor der landung auf einem der parklätze ein letzter blick in den spiegel, der bart sitzt gut; also los auf in das vorweihnachtliche gewühl! die werbeabteilung des möbelhauses hat gute vorarbeit geleistet; auf tannengeschmückten paletten werden jetzt die werbepräsente in form kleiner nikolausstiefel aus plastik in die menge geworfen derweil es aus riesigen lautsprechern tönt:

"Nikolaus komm' in unser Haus"

langsam senkt sich an der glasfront der aufzug der fensterputzer, den Nikolaus und Knecht Ruprecht jetzt eiligst besteigen und so nach oben gezogen, milde winkend abschied nehmen. jetzt nur noch mit hochgerafftem mantel durch das möbelhaus eilen, den nächsten aufzug nehmen und zurück zum parkplatz; aber nicht um den hubschrauber zu besteigen; sondern jetzt geht es mit der stretch-limousine in eines der nobelviertel der stadt wo der vorstand des golf-clubs für die lieben kleinen der mitglieder den jährlichen "Nikolaus-Brunch" veranstaltet.

"Nikolaus komm' in unser Haus"

von fröhlichen kinderstimmen gesungen, so schallt es durch den raum und schon kann es beginnen, das nikoläusige spiel. während Nikolaus aus dem goldenen buch liest, was jedes kind gerne hören möchte, schweift sein blick hin zum prachtvoll aufgebauten tisch, vollgeladen mit köstlichen speisen und der duft von knusprigem speck und rührei lenkt ihn, der heute morgen keine zeit hatte, zu frühstücken, für einen moment ab. aber schon ist Knecht Ruprecht an seiner seite, reicht ihm den sack mit von den eltern gepackten gaben und es kann verteilt werden. langsam und sehr würdig nickt der heilige mann jetzt zum abschied den kindern zu, schaut wehmütig auf die dampfenden platten und köstlichen salate aber sobald die türen des saales geschlossen sind, flitzt er zur toilette, denn mann weiß ja nicht, wann wohl die nächste gelegenheit sich bieten wird...

am nachmittag erwarten ein skatclub, verschiedene kegelclubs und der männer-gesangverein das Nikolaus-Spektakel, diesmal mit der verleihung einer weihnachtsgans für den jahresbesten; also gilt es erneut sich zu sputen beim gesang kehliger männerstimmen von

"Nikolaus komm' in unser Haus"

die festliche stunde zu bereichen.

die fahrt zum rheinufer nutzt die himmlische maskenbildnerin, mal hier und mal da zu zupfen an gewand und bart und auch die buschigen augenbrauen werden in form gebracht, wartet doch jetzt ein team von werbefotografen auf den stattlichen mann, ihn vor der kulisse des Dom verkaufsfördernd mit einer neu gestylten zuckerwattemaschine abzulichten.

langsam dunkelt es in der grossen stadt und es beginnen in den gesellschaftsräumen der hotels die von karnevals-vereinen organisierten abende im advent , für die Knecht Ruprecht jetzt den sack mit den glitzernden orden bereit hält, die anlässlich des Nikolaus-Abends an verdiente senatoren und sponsoren persönlich vom "Hillijen Mann" festlich verliehen werden sollen.

warm ist es mittlerweile St. Nikolaus geworden unter der bischofsmütze und dem dichten rauschebart und er denkt mit schrecken an die nächsten und für dieses jahr wohl letzten auftritte:

"Nikolaus komm' in unser Haus"

so rockt es aus discos und gaststätten, wo die clubgäste sehnsüchtig seinen besuch erwarten; ist es doch das event in den szene-kneipen, wenn die figur, bekannt aus kindertagen, sich im nebel von trockeneis den weg zwischen den tanzenden bahnt hin zu der kleinen mit rotem samt dekorierten bühne, an der sonst die mädels an glitzernden stangen sich schmiegen.

weit nach mitternacht ist es, als Nikolaus endlich zuhause ist. nicht ganz zufrieden war Knecht Ruprecht mit den tageseinnahmen, so teilt er mäkelnd beim abschied mit: nicht alle abgesprochenen termine konnten eingehalten werden; aber das würde sich ändern...bestimmt im nächsten jahr!

müde zieht Nikolaus seinen mantel aus und als er ihn sorgfältig zusammen legt, fällt der zettel aus der manteltasche, den er heute morgen flüchtig angeschaut hat, auf den boden. mit bunten buchstaben in krakeliger schrift hat der kleine junge geschrieben:

Lieber Nikolaus,

komm doch auch in unser Haus,
pack die großen Taschen aus.
Lustig, lustig, trallerallala!
Heut ist Nikolaus abend da,
heut ist Nikolaus abend da.


"bestimmt im nächsten jahr, komme ich; da wird zeit bleiben..."

flüstert er, bevor er einschläft.



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