8.Mai - Vergessene Tage der Geschichte?


8.Mai - Vergessene Tage der Geschichte?
Flüchtlinge - Elend und Verzweiflung unserer Zeiten! Zu allen Zeiten wurden die Menschen durch Ereignisse wie Krieg, Hungersnöte oder Wetterkatastrophen aus ihrer Heimat, ihrem angestammten Wohnsitz vertrieben. Das war schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges so. und später in den zahllosen Kriegen, die diese Menschheit über sich selbst brachte.
       So war es auch zu jener Zeit, 1945, als die grösste Katastrophe unseres Landes zu Ende ging. Wenige Wochen vorher wurden noch Tausende von Zivilisten durch anglo-amerikanische Fliegerangriffe getötet! Es ist keine Erfindung der Neuzeit!
Ich erinnere mich an diese Zeit vor genau 79 Jahren so, als wäre es gestern gewesen!
Vergessen lassen solche dramatischen Zustände sich wahrscheinlich niemals. Damals strömten 14 Millionen »Rucksackdeutsche, Polacken und verlaustes Gesindel« aus den abgetrennten deutschen Gebieten in den Rest des Landes. Diese Menschen wurden im Westen zwar aufgenommen, aber niemals wirklich willkommen geheissen. Viele hätten sie am liebsten sofort zurückgeschickt.
       Im Jahr 1945 mussten auch wir unsere Heimat verlassen, nicht aus freien Stücken, und nur mit dem Nötigsten im Gepäck. Meine kleine Familie hatte nur das, was sie am Leib trug, dazu drei Löffel, ein Handtuch und ein Stück Seife. Das war der bescheidene Beginn eines neuen Lebens, das heute oft als "Neuanfang" bezeichnet wird.
   Leider herrscht immer noch weitgehende Unkenntnis über die Bedeutung und das Ausmass dessen, was sich nach 1945 ereignet hat. Es fehlt auch das Bewusstsein dafür, welchen Platz diese Erfahrungen in unserem kollektiven Gedächtnis einnehmen sollten.    Man fragt sich manchmal, wo die Erlebnisse der Menschen von damals geblieben sind. Finden sie Eingang in Schulbücher? Vielleicht in Romanen, geschrieben von Menschen, die die damaligen Dramen nur vom Hörensagen kennen? Doch all das kann nur eine oberflächliche Darstellung dessen sein, was damals wirklich geschah. Ignoranz und Feindseligkeit waren nur ein Teil des Leids, dem die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge damals ausgesetzt waren. Woher kam diese Ablehnung?
  Die Gesellschaft der Nachkriegszeit war eine »Zusammenbruchgesellschaft«. Das Einzige, was die Menschen einte, war die Erfahrung einer totalen Niederlage. Die Bereitschaft, denen zu helfen, denen es noch schlechter ging, war daher sehr gering. Nicht zu vergessen, dass zwölf Jahre Nazi-Propaganda ihre Spuren hinterlassen hatten. Die Menschen waren immer wieder mit dem Negativbild des »slawischen Untermenschen« aus dem Osten konfrontiert worden.
    Diese Vorstellungen verschwanden ja nicht einfach nach Kriegsende! Im Jahr 1946 äusserte der Landrat von Flensburg»Der Niederdeutsche sei gegen die Mulattenzucht, die der Ostpreusse nun einmal im Völkergemisch betrieben hat.«
       Es ist offensichtlich, dass die Flüchtlinge auch nach dem Zweiten Weltkrieg Opfer der Naziideologie wurden. Es herrschte zweifellos ein handfester Rassismus! Die Aufnahme der Flüchtlinge verlief nirgendwo reibungslos, selbst wenn es sich um Deutsche handelte. Für die Einheimischen fühlte es sich gefühlsmässig wirklich anders an.
       Die Flüchtlinge und Vertriebenen kamen oft aus Lagern, hatten Gewalt erlebt und waren in einem erbärmlichen Zustand, als sie ankamen. Damit entsprachen sie vielfach dem Klischee, das der einheimischen Bevölkerung früher vermittelt worden war. Fremdenfeindlichkeit war definitiv vorhanden.
   Erinnert uns das nicht an viele Ereignisse jüngerer Vergangenheit? Zum Beispiel ein Herr Fischbacher, Mitbegründer der Bayern-Partei, der Ostermontag 1947 in Traunstein erklärte: »Flüchtlinge müssen hinausgeworfen werden, und die Bauern müssen dabei tatkräftig mithelfen.« Er bezeichnete es als »Blutschande«, wenn ein »Bauernsohn eine norddeutsche Blondine heiratet«!
   Solche hässlichen Äusserungen fanden sich auch in der Redaktion des »Spiegels«, dessen erste Ausgabe gerade erschienen war. Leider blieb diese Hassrede kein Einzelfall. Landtagspräsident Michael Horlacher, Mitbegründer der CSU, betonte, dass Bayern den Bayern gehören müsse. Andreas Schachner von der Bayernpartei beschwerte sich darüber, dass sich so viele Fremde an den bayerischen Futterkrippen bedienten, »dass Pogrome nötig wären, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen«.
       Es mag so aussehen, als würde ich hier nur negative Beispiele anführen wollen, aber mein Ziel ist es, zu verdeutlichen, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur ein Phänomen unserer Zeit sind, sondern schon immer präsent waren. Unsere »Geschwister« aus den neuen Bundesländern wissen davon ein Lied zu singen. Zum Glück ist es heute nicht mehr so offensichtlich wie 1945, als Schilder mit der Aufschrift »Flüchtlinge unerwünscht« an den Strassen standen.
Es ist nun mal so: »Willkommen« gilt immer nur für eine relativ kurze Zeit, dann schlägt die Stimmung oft genau in die entgegengesetzte Richtung um.

Anzeige

Kommentare (4)

Jutta

Lieber Pan,

Wie ich bereits andernorts berichtet habe, lebte meine Mutter als Schweizerin in Schlesien,  von wo sie auch im Januar 1945 flüchten musste. Als Schweizerin war ihr nicht erlaubt, in Deutschen Fabriken zu arbeiten, sondern nur in Hotels oder bei einflussreichen Familien im Haushalt. So flüchtete sie damals mit einer Offiziersfrau und mit 3 Kindern, wobei das dritte Kind unterwegs geboren wurde, als Haushälterin. Sie erreichten das offenbar sichere Worbis, wo zuerst die Amerikaner waren und nach Tauschgesprächen abzogen und dafür die Russen Einzug hielten. Das Arbeitsverhältnis mit der Offiziersfrau endete für meine Mutter nach der  Ankunft in Worbis, wo sie dann im Hotel als Zimmermädchen einen Job fand. In dem Hotel hatte mein Vater seine Unterkunft und die Beiden begegneten sich und lernten sich kennen. Es war wohl die grosse, aber aussichtslose Liebe - ich besitze einen wunderschönen Liebesbrief meines Vaters an meine Mama.

Die Offiziersfrau erfuhr von der Beziehung der Beiden und eines Tages stand sie vor der Türe meiner Mutter, die ein Zimmer bei einer Familie bewohnte. Bevor noch diese Offiziersfrau meine Mutter an die Wand zur Erschiessung stellen konnte, rannte ein Mitglied dieser Familie zu meinem Vater, der zum Glück diese Tragödie zu verhindern wusste. Sonst hätte ich Dir diese Geschichte nicht erzählen können !

Allerdings wurde danach der Ehemann dieser Offiziersfrau abgeholt und kam nie mehr zurück!

Die Offiziersfrau hatte meiner Mutter so viel zu verdanken, aber der Hass dieser Frau nahm überhand. Ich persönlich glaube nicht daran, dass sich die Menschheit zum Positiven verändert. Dass es aber die positiven Menschen gibt, weiss ich sehr gut.

Sei herzlich gegrüsst
Jutta

 

Distel1fink7

Genauso war es. Wir waren wegen der Bomben Angriffe aufs Ruhrgebiet
nach Schlesien evakuiert, mussten vor den Russen fliegen zurück ins
Ruhrgebiet. 
Wir wurden so zu Flüchtlingen im eigenen Land. Menschen strömten aufs Land
zu den Bauern hamstern ( anderes Wort betteln). ;Meine stolze Mutti ersann 
sich die ;Lösung. Sie nähte und strickte und stickte und tauschte. Mutti wurde
irgendwann dann herzlich willkommen geheißen.

Sie schleppten so viel und schwer und versorgte die Nachbarn mit Kleinigkeiten
mit. Dadurch wurde sie nicht "angezeigt".

Es gibt vielerlei von Flüchtlingen, Vollverpflegung hatten wir nicht,
willkommen waren wir auch nicht,.

Wir haben überlebt und werden den 8.Mai 45 nie vergessen.
Danke Pan 

ehemaliges Mitglied

Es gab viel Elend, 1944 Hungerwinter in der Niederlande. Die Deutsche hatten alles essen geraubt und gestohlen. Unsere Familie mit 6 Kinderen müssten  bettlen um etwas essen zu finden. Das sie überlebt haben war ein wunder.

Agathe

Geschichte wiederholt sich immer wieder.
Ich glaube, daraus lernen kann nur jeder Einzelne für sich. Anders geht es nicht.

Liebe Grüsse, Agathe 


Anzeige