dern auch innerlich von ihr zurückzogen. Wir wollten für voll genom-
men und als Soldaten anerkannt werden.
Nach der Einkleidung marschierten wir, beladen mit dem schweren
Seesack, die schier endlose Strecke rund um die Kieler Förde in
Richtung Kiel-Dietrichsdorf, unserem ersten Einsatzort. Die Stammbe-
satzung der Batterie blickte anfangs, wie mir schien, ein wenig mitlei-
dig und spöttisch auf uns herab, mußte aber bald anerkennen, daß
auch wir jungen Marinehelfer ein 10,5-cm-Flakgeschütz vorschrifts-
mäßig bedienen konnten. Kaum hatte die Ausbildung begonnen, brach
auch schon die Hölle über uns herein. Bei einem nächtlichen Angriff
auf Kiel fielen auch mehrere Bomben in die Batterie Dietrichsdorf, al-
lerdings ohne Schaden anzurichten. Beim Hellwerden sahen wir mit
gelindem Entsetzen die Krater der Blindgänger und waren froh, daß
wir noch einmal heil davongekommen waren.
Nach wenigen Wochen Ausbildung hielt man uns für fähig und
würdig, auch mit größerkalibrigen Geschützen zu schießen. Vier
12,8-cm- Kanonen, Leitstand und diverse Meßgeräte bildeten die
,,Batterie Schulensee". Sie lag direkt an der Bahnlinie Kiel - Hamburg,
ganz in der Nähe des Meimersdorfer Bahnhofs. Nun ging es also wie-
der los, das tägliche Geschützexerzieren, diesmal an schweren Ge-
schützen vom Kaliber 12,8 cm. Diese Kanonen waren das Modernste,
was die moderne Kriegstechnik auf deutscher Seite hervorgebracht
hatte. Die Geschütze hatten eine Rohrlänge von fast 8 Metern, konn-
ten bis zu einer Höhe von 15 km feuern und 10 bis 12 Schuß pro Mi-
nute abgeben.
Das tägliche Leben in unserer Batterie wurde durch den Dienstplan
geregelt. Jeden Morgen, pünktlich um 8:00 Uhr, trat die Batterie an zur
Musterung, auf der die Reviereinteilung für ,,Reinschiff" in allen Räu-
men, Küchendienst, Geschützreinigen und -exerzieren, Unterricht und
Sport bekannt gegeben wurde. Nach dem Mittagessen gönnte man
uns eine Pause. Der Dienst endete gegen 17:00 Uhr, es sei denn,
man mußte wegen irgendwelcher Verfehlungen eine Sonderschicht
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