und nieder: ,,An die Tafel soll gehn der, der, der...", und dann folgte der
Name des Bedauernswerten. Wenn es nicht gerade der eigene war,
konnte man fürs erste ein wenig aufatmen. Doch die Erleichterung war
leider nur von kurzer Dauer, nach wenigen Minuten begann die Qual
von neuem.
Bei den regelmäßigen Schulfeiern politischer Art versuchte sich Ahl
als Künstler. In SA-Uniform, angetan mit Orden und Ehrenzeichen,
stand er auf der Empore der Aula und sang mit schauerlich falscher
Stimme sein Lieblingslied ,,Isch bin ihr, und ihr seid isch..." - zum Er-
götzen der versammelten Schüler- und Lehrerschaft. Der vollständige
Text, vom damaligen Reichsjugendführer Baldur von Schirach unter
der Überschrift ,,Tag des Führers" verfaßt, lautete:
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Weil die jüngeren Lehrer größtenteils schon längst zum Kriegs-
dienst einberufen waren, mußte sich die Schule mit reaktivierten Kol-
legen behelfen. Einer von ihnen, Herr Oberkirchenmusikdirektor Gus-
tav Stolz, war ein ebensolcher Nazi wie Ahl. Um eine jugendliche Er-
scheinung vorzutäuschen, hatte er sich Haare und Augenbrauen
schwarz färben lassen. Stolz war einstmals Leutnant der Reserve ge-
wesen und hatte immer noch eine Vorliebe für das Militärische. Wenn
sich die Klasse zu Beginn seines Unterrichts zum Hitlergruß erhob,
achtete er peinlich genau auf strikte Ausrichtung nach Vordermann.
Wehe demjenigen, der seinen ausgestreckten Arm früher herunter-
nahm, als er es tat!
Biologielehrer Hansen dagegen, genannt ,,Lurche", nahm es mit den
Naziritualen nicht so genau. Zur Begrüßung nuschelte er ein lässiges
,,...ler", was wohl soviel wie das vorgeschriebene ,,Heil Hitler!" heißen
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