platz eines Schulhofes das militärmäßige Antreten und Marschieren,
immer wieder unterbrochen durch Kommandos wie ,,An die Wand weg,
marsch-marsch!" (je nach Intelligenzgrad des Befehlenden auch
manchmal ,,An der...") oder ,,Alles hinlegen!". Für Fahrten und Lager
mußte sich jeder Pimpf einen Tornister (einen ,,Affen") anschaffen, den
vorschriftsmäßig zu packen uns gründlichbeigebracht wurde.
Im Sommer 1937 mußten wir die sogenannte ,,Pimpfenprobe" able-
gen. Zunächst hieß es, das Gelernte herzubeten, wie zum Beispiel die
,,Schwertworte des Jungvolkjungen"
:
,,Jungvolkjungen sind hart, schweigsam und treu.
Jungvolkjungen sind Kameraden.
Des Jungvolkjungen Höchstes ist die Ehre."
Hart und schweigsam sein wollte ich ja gern, aber was es mit der
Ehre auf sich hatte, blieb mir ein Rätsel. Beim Lebenslauf unseresge-
liebten Führers kam so mancher ins Schleudern. Aber schließlich hat-
ten so gut wie alle diesen Abschnitt der Prüfung bestanden. Zusätzlich
mußten jeder Pimpf bestimmte sportliche Leistungen erbringen: Er
sollte 60 Meter in 12 Sekunden laufen, 2,75 Meter weit springen und
den Schlagball mindestens 25 Meter weit werfen. Beim ,,praktischen"
Teil befahl man uns, im Dunkeln von der Laboer Steilküste zu springen
- ins Ungewisse, wie man uns glauben machen wollte. Tatsächlich
hüpften wir nur in eine zwei Meter tiefer gelegene Sandkuhle. Erst
nachdem alle Pimpfe ihren Mut bewiesen hatten, durften wir das be-
gehrte Fahrtenmesser tragen. Damit waren wir endlich vollwertige
Jungvolkjungen.
Einer der Grundsätze, von der obersten NS-Führung immer wieder
nachdrücklich verkündet, hieß: ,,Jugend muß durch Jugend ge-
führt werden." Das lief darauf hinaus, daß die Altersdifferenz zwischen
den Pimpfen und ihren unmittelbaren Vorgesetzten selten mehr als ein
oder zwei Jahre betrug. In der untersten Reihe der Führungshierarchie
stand der Jungenschaftsführer. Er befehligte etwa zehn bis zwölf Jun-
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