sind dreckig, alle Zigeuner sind Betrüger, alle Zigeuner klauen wie die
Raben. August war keineswegs dreckig. Er trug zwar geflickte, aber
fleckenlose und sorgfältig gepflegte Bekleidung. Und: August war be-
stimmt ehrlicher als viele seiner Klassenkameraden.
Zum Beweis seiner Freundschaft holte mich August vor Beginn der
Schule von unserer Wohnung ab. Geduldig wartete er vor der Woh-
nungstür, bis ich erschien. Ich erinnere mich, daß meine Mutter oft-
mals heftig erschrak, wenn sie aus dem Dunkel des Treppenhauses
von zwei schwarzen Augen fixiert wurde.
Nach der Grundschulzeit habe ich von August nichts mehr gehört.
Ein Jahr nach Beendigung des Krieges traf ich seinen Vater zufällig
auf dem Arbeitsamt. Natürlich fragte ich sofort nach dem Schicksal
meines ehemaligen Schulfreundes. Ich mußte zu meiner Bestürzung
erfahren, daß August mitsamt seinen Geschwistern und seiner Mutter
vor den Augen seines Vaters von SS-Schergen kurz vor Kriegsende in
einem Konzentrationslager der Nazis brutal erschlagen worden war.
Ich habe lange Zeit um meinen toten Kameraden August getrauert, der
auf so schreckliche Weise ums Leben kommen mußte.
Während der Unterrichtspausen maßen wir Schüler des öfteren
unsere Körperkräfte, was manchmal zu Schrammen und bluti-
gen Nasen führte. Die Anlässe der Prügeleien waren fast immer ge-
ringfügiger Natur; man wollte eigentlich nur sehen, wer der Stärkere
sei. Um die Kampfhähne herum bildete sich schnell eine Traube von
Zuschauern, die, je nach Sympathie, den einen oder anderen lautstark
anfeuerten. Solche gewaltsamen Auseinandersetzungen waren natür-
lich von der Schulleitung strengstens untersagt. Aber wenn ein Lehrer,
durch das Gejohle angelockt, herbeieilte, war der Kampf meist schon
entschieden. Wenn es aber um die Klassenehre ging, verabredete
man sich für einen Zweikampf für die Zeit nach der Schule. Die
stärksten Jungen der Klassen hieben dann im Brook, einem ganz in
der Nähe gelegenen kleinen Park, so lange aufeinander ein, bis einer
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