Zeit völlig vergessen hatte. Beim Schlagballspiel bekam ich einmal
durch eigene Unvorsichtigkeit einen Schlag vor den Schädel ge-
schmettert - und das mit einem Messingrohr! Die dabei entstandene
Beule vergrößerte sich mehr und mehr, bis einer meiner Mitspieler den
wunderbaren Einfall hatte, sie mit einer Messerklinge zu kühlen. Ich
habe bei dem schmerzhaften Vorgang keine einzige Träne vergossen
(,,Ein deutscher Junge weint nicht!" hieß es damals), und darauf war
ich mächtig stolz. Heute erinnert nichts mehr an den Gaußplatz. Er
wurde nach 1945 mit Trümmerschutt aufgefüllt.
Allgemein üblich waren damals regelrechte ,,Kriege" zwischen den
jugendlichen Bewohnern der einzelnen Straßen. So bestand beispiels-
weise ein niemals begründeter regelrechter Haß zwischen den Jungen
der Medusastraße und denen der Jachmannstraße. Gründe für diese
Kriegszüge waren leicht gefunden, wenn nicht, mußte eben eine (er-
fundene) schlimme Beleidigung oder eine Ehrverletzung herhalten. In
einem aufgegebenen Kleingartengelände schritt man zur Tat. Bewaff-
net mit Zaunlatten, Katapulten und sogar Luftgewehren gingen die
Kampfhähne nach langem Anschleichen aufeinander los, verprügelten
sich gegenseitig und fanden erst Ruhe, wenn eine Partei die Flucht
ergriff. Abgesehen von kleineren Blessuren ist es bei diesen Ausein-
andersetzungen erstaunlicherweise niemals zu ernsthaften Verletzun-
gen gekommen.
Eine im wahrsten Sinne des Wortes ,,stinkige" Begebenheit ist in
meinem Gedächtnis besonders haften geblieben. Eines Nachmittags
streiften mein Spielkamerad Werner und ich durch die aufgegebenen
Gärten im Gebiet des heutigen Freibades Katzheide und entdeckten
eine brusthohe Hecke. Dieses Hindernis weckte in uns sportlichen
Ehrgeiz. Könnte man bei nur drei Meter Anlauf darüber hinwegsprin-
gen? Wer weiß, vielleicht aus einer bösen Vorahnung wollte keiner
den Anfang machen, also nahmen wir unseren Mut zusammen und
sprangen gleichzeitig - und fanden uns im nächsten Moment bis zur
Brust in einer abscheulich stinkenden Klärgrube wieder, halb stehend,
halb liegend, über und über besudelt mit Exkrementen und Jauche.
Unsere Überraschung und Bestürzung waren ungeheuerlich. Was
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