Zur Autorenübersicht | Neuere Autoren | Impressum | Inhaltsverzeichnis "Ein deutscher Junge"

Der Dritte im Bunde der Schachpartner war ,,Onkel Hanni", der E-

hemann meiner Patentante Magda. Hanni war ein gutmütiger Mann

mit strenger Scheitelfrisur. Er fiel nur unangenehm auf durch sein me-

ckerndes Lachen, meistens bei unpassenden Gelegenheiten. Johan-

nes, wie Onkel Hanni eigentlich hieß, wohnte mit seiner Frau zur Un-

termiete in der Gaardener Kaiserstraße in einer prächtigen Villa, die

seinem Schwager Hannes R. gehörte. Außer Hannes' Frau, von allen

,,Tante Ella" genannt, lebte im gleichen Haus auch noch seine Tochter

mit ihrer unehelich geborenen Tochter Almut. Jedesmal, wenn der

Schachklub bei Hannes tagte, ließ ich keine Gelegenheit aus, mich mit

der ein oder zwei Jahre älteren Almut zu beschäftigen. Ein langer,

dunkler Flur bot Gelegenheit für das schon erwähnte verruchte ,,Dok-

torspiel". Dabei kam es natürlich auch hier zum Anschauen, ja sogar

zum Betasten von Körperzonen, die eigentlich ,,streng verboten" wa-

ren. Aber hier sah es ja keiner. So konnte ich erste Früherfahrungen in

weiblicher Anatomiesammeln, allerdings ohne zu wissen, was ich mit

diesen Erkenntnissen hätte anfangen sollen.


Ich muß wohl fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein, als ich mein
erstes ,,richtiges" Spielzeug bekam: einen Tretroller! Leider war er

nur von einfachster Ausführung. Wie beneidete ich meinen Spielge-

fährten Herbert, der einen viel komfortableren Automatik-Roller besaß!

Später kamen dann noch Rollschuhe hinzu, mit denen ich bestimmt

Tausende von Runden um den Häuserblock gedreht habe, und zwar

in rasender Geschwindigkeit, wie mir schien. Ich war einer der weni-

gen, die auch die hohe Kunst des Rückwärtslaufens beherrschten.

Fußball- und Schlagballspiel war unsere Lieblingsbeschäftigungauf

dem nahegelegenen Gaußplatz, von uns Kindern ,,Gaui" genannt. Das

war ein tiefgelegener Sandplatz am östlichen Ende der Medusastraße

mit Rasenhängen an allen vier Seiten. Fußball spielten wir mit Verbis-

senheit und Ausdauer nach eigenen, frei erfundenen Regeln. Oft

mußte mich meine Mutter gewaltsam nach Hause zerren, wenn ich die


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