Zur Autorenübersicht | Neuere Autoren | Impressum | Inhaltsverzeichnis "Ein deutscher Junge"

Spiele über mich ergehen lassen mußte. Weil sie mich bei diesem al-

bernen Getue zusätzlich auch noch kitzeln wollte, schlug ich eines Ta-

ges zurück. Mit einem kräftigen Ellbogenstoß brach ich ihr, natürlich

ungewollt, mehrere Rippen. Fortan unterließ sie dieses dumme Spiel-

chen.

Am schönsten war es für mich, wenn wir gemeinsam in Opa Mahrts

Ellerbeker Garten gingen. Auf dem Weg dorthin durfte ich - schon als

Zwei- oder Dreijähriger - von Opas Hand geführt die niedrigen Vor-

gartenmauern besteigen, was mir meine Mutter streng verboten hatte.

Jedesmal, wenn wir an der katholischen Kirche vorbeischlenderten,

warteten wir eine Weile auf das Glockengeläute. Wir nannten das

,,Bimmel-bammel-beier". In seinem Garten teilte mir Opa Mahrt ein

kleines Stück Land zu, das ich nach eigenem Gutdünken völlig frei

bewirtschaften durfte. Am liebsten beschäftigte ich mich mit den vielen

Kaulquappen und Fröschen, die sich in einem kleinen Teich tummel-

ten. Leider schlugen mehrere Versuche fehl, diese Tierchen in Ein-

machgläsern großzuziehen und zu züchten.

An den nationalen Gedenk- und Feiertagen zogen die Kleingärtner

überall im Gelände Hakenkreuzfahnen auf, nur im Garten meines

Großvaters wehte die Landesflagge Blau-Weiß-Rot. Trotz vieler Er-

mahnungen seiner Gartennachbarn - so berichtete er mir nach dem

Kriege -, sich doch der neuen Zeit nicht zu verschließen, blieb Karl

Mahrt bei seiner abwehrenden Haltung gegenüber dem Naziregime,

ohne dafür jemals in Schwierigkeiten gekommen zu sein.

Wann immer er es einrichten konnte, holte mich mein Vater auf sei-

nem Heimweg vom Marinearsenal aus dem Ellerbeker Garten ab. Ich

mußte auf der Querstange oder auf dem Lenker seines Fahrrads Platz

nehmen, und ab ging die wilde Sausefahrt über Stock und Stein durch

die engen Gartenwege in Richtung Gaarden. Führte der Weg abwärts,

so brüllte mein Vater jedesmal: ,,Sturm auf die Fabrik!". Selbstver-

ständlich kam es bei diesem Leichtsinn zu Stürzen, die zum Glück alle

glimpflich ausgingen. Weniger erfreulich dagegen verlief eine winterli-

che Rodelpartie: Mein Vater wollte mit mir einen steilen Hang im

Gaardener Werftpark hinunterjagen. Ich flehte ihn an, dieses gefährli-


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