es dann ,,Die Straße frei den braunen Bataillonen!" Die Passanten
zwang man, nicht nur die SA-Kolonnen, sondern auch jede vorbei-
getragene Nazifahne mit erhobenem rechten Arm zu grüßen. Wehe
den Vergeßlichen oder Uneinsichtigen! Man verprügelte sie erbar-
mungslos und machte ihnen handgreiflich klar, daß nun eine neue Zeit
angebrochen war.
Schon als kleiner Junge fühlte ich mich zu meinem Großvater müt-
terlicherseits hingezogen. Eigentlich war er gar nicht mein ,,richti-
ger" Großvater. Er hieß Karl Mahrt und war der Pflegevater meiner
Mutter, die früh ihre leiblichen Eltern verloren hatte. Opa Mahrt, ein
echter ,,Eckernförder Jung" wohnte mit seiner im ostpreußischen Pillau
geborenen Frau Lena in der Werftstraße. Dort war ich häufig und gern
zu Besuch. Karl Mahrt war das genaue Gegenteil meines Großvaters
Karl Rasmus, weshalb ich ihn eindeutig bevorzugte. Er war aufge-
schlossen für alles Schöne und Außergewöhnliche, verwöhnte mich im
Übermaß und konnte unglaublich spannende (wenn auch wohl meis-
tens frei erfundene) Geschichten erzählen. Gern berichtete er aus sei-
ner eigenen, harten Kinder- und Jugendzeit, die er auf einem Gutshof
in der Nähe von Eckernförde verbracht hatte. Man hatte, wie er mir er-
zählte, ihn und seine Angehörigen wie leibeigene Sklaven behandelt.
Bei Begegnungen mit dem Gutsherren mußte er sich tief verbeugen
und dabei die Mütze ziehen. Verstöße gegen dieses Gebot wurden an
Ort und Stelle sofort mit Prügeln geahndet.
Schon früh war Opa Mahrt zur Fischerei gekommen. Seine gerade-
zu strotzende Gesundheit rührte sicher daher, daß er seine schwere
Arbeit stets an frischer Luft verrichtet hatte. Nebenbei erzählte er mir,
daß er nichts Besonderes dabei gefunden habe, regelmäßig sein Fi-
scherboot von Eckernförde nach Fehmarn und wieder zurück zu ru-
dern. Diese Plackerei nahm immerhin mehrere Tage in Anspruch. Ich
war davon tief beeindruckt.
Zu Oma Mahrt verhielt ich mich zurückhaltend. Mir mißfiel, daß ich,
auf ihrem Schoße sitzend, immer und immer wieder Hoppe-Reiter-
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