Zur Autorenübersicht | Neuere Autoren | Impressum | Inhaltsverzeichnis "Ein deutscher Junge"

Ich erblickte diese schöne Welt im 4. Ehejahr meiner Eltern, und
zwar am Freitag, dem 21. Januar 1927. Nach zuverlässiger Aussa-

ge meiner Mutter muß ich schnell und ohne Komplikationen so gegen

Mittag auf die Welt gekommen sein. Ich wog anfangs 8 Pfund bei ei-

ner Körpergröße von 55 Zentimetern, eine Tatsache, die meine Mutter

ihren Freundinnen mit einem gewissen Stolz mitzuteilen pflegte. Wie

es sich für eine ordentliche Familie gehörte, wurde ich wenige Wo-

chen nach meiner Ankunft auf den Namen Karl-Heinz in der Gaarde-

ner Johannes-Kirche getauft. Eine Freundin meiner Mutter, ,,Tante

Maggi", mit bürgerlichem Namen Magda B., wurde meine Patentante.

Es muß - was mir heute recht unverständlich erscheint - innerhalb

des Familienclans heftige Streitereien um meinen Vornamen gegeben

haben. Ein Grund liegt wohl darin, daß sich meine väterlichen Vorfah-

ren bei der Namensauswahl ihrer männlichen Nachkommen einer ge-

wissen Selbstbeschränkung unterwarfen. Es gab nur die Möglichkeit

der Wahl zwischen Karl, Friedrich und Wilhelm, und das immer in

Kombinationen. So hieß mein Großvater Karl Wilhelm, mein Vater

Wilhelm Friedrich, dessen jüngerer Bruder Friedrich Wilhelm. Warum

mußten es immer die Namen ehemaliger Kaiser sein? Der Name Paul

des älteren Bruders meines Vaters muß ein Ausrutscher gewesen

sein. Allerdings verlangte die Tradition auch in anderen Familien, daß

die Kinder nach Familienangehörigen, meistens den Groß- und Ur-

großeltern,benannt wurden.Und nun war die Reihe an mir: ,,Karl"

stand ohne Frage fest, denn beide Großväter hießen so und hatten,

wie es damals üblich war, bei der Namengebung eines Nachkommens

ein gewichtiges Wort mitzureden. Aber nun protestierte meine Mutter.

Sie fand den Namen Karl zu kurz und für ihr Kind unpassend. Wie zu

erwarten, unterlag sie im Streit um den Namen, jedenfalls teilweise.

Immerhin brachte sie es fertig, daß der Clan noch ein angehängtes

,,Heinz" genehmigte (und zwar mit Bindestrich!) Dafür mußte sie in

Kauf nehmen, daß die üblichen Vornamen Friedrich und Wilhelm hin-

zugefügt wurden. Nicht auszuschließen ist allerdings, daß meiner

Mutter der damalige Modename Karl-Heinz besonders gut gefiel.


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