Zur Autorenübersicht | Neuere Autoren | Impressum




          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


86


Es war überhaupt nicht Friedels Art, so einfach über eine solche Sache hinwegzugehen, als ob sie

nicht passiert wäre. Die nächste Woche konnte er sich im Geschäft gar nicht gut auf die Arbeit

konzentrieren. Insgeheim hoffte er, das Abenteuer auf dem Berg würde langsam aus seinem

Gedächtnis entschwinden, damit er sein schlechtes Gewissen wieder zum Auslüften an die Sonne

hängen könnte. Aber es sollte nicht sein. Am Freitag abend, kaum war er nach Hause gekommen,

läutete das Telefon. Lutz rief ihn an: "Hallo, alter Junge. Was hört man denn da? Immer wieder

habe ich mich gefragt, was denn aus meinem Spezi aus der Rekrutenschule geworden sei und wo

er denn wohne. Und nun stellt sich heraus, dass er nicht nur gleich um die Ecke wohnt, sondern

noch ein Schulkamerad meiner Frau ist. Kannst dir ja vorstellen, wie ich gestaunt habe, als ich dies

hörte. Nun aber ist es höchste Zeit, dass wir uns mal wieder treffen. Wie wäre es denn am

Sonntag? Hast du schon verplant? Ach Quatsch, sogar wenn dem so wäre, müsstest du einfach

absagen und zu uns kommen. Sag nichts, komm einfach auf Mittag zum Essen. Wir haben uns

sicher eine Menge zu erzählen."


Friedel hätte die beste Lust gehabt, eine unverschiebbare Verabredung vorzugeben. Aber der

Gedanke, Margit nach so kurzer Zeit wiederzusehen, liess ihn gar nicht eine solche Ausrede

finden. Und ohne dass er richtig wusste wie ihm geschah, nahm Lutz an, Friedel habe zugesagt.

Naja, dachte er, was konnte denn schon passieren? Mehr als das, was im Wald gelaufen war,

konnte ja gar nicht geschehen.

          Georg von Signau: Noch weit bis Eden