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Es war überhaupt nicht Friedels Art, so einfach über eine solche Sache hinwegzugehen, als ob sie
nicht passiert wäre. Die nächste Woche konnte er sich im Geschäft gar nicht gut auf die Arbeit
konzentrieren. Insgeheim hoffte er, das Abenteuer auf dem Berg würde langsam aus seinem
Gedächtnis entschwinden, damit er sein schlechtes Gewissen wieder zum Auslüften an die Sonne
hängen könnte. Aber es sollte nicht sein. Am Freitag abend, kaum war er nach Hause gekommen,
läutete das Telefon. Lutz rief ihn an: "Hallo, alter Junge. Was hört man denn da? Immer wieder
habe ich mich gefragt, was denn aus meinem Spezi aus der Rekrutenschule geworden sei und wo
er denn wohne. Und nun stellt sich heraus, dass er nicht nur gleich um die Ecke wohnt, sondern
noch ein Schulkamerad meiner Frau ist. Kannst dir ja vorstellen, wie ich gestaunt habe, als ich dies
hörte. Nun aber ist es höchste Zeit, dass wir uns mal wieder treffen. Wie wäre es denn am
Sonntag? Hast du schon verplant? Ach Quatsch, sogar wenn dem so wäre, müsstest du einfach
absagen und zu uns kommen. Sag nichts, komm einfach auf Mittag zum Essen. Wir haben uns
sicher eine Menge zu erzählen."
Friedel hätte die beste Lust gehabt, eine unverschiebbare Verabredung vorzugeben. Aber der
Gedanke, Margit nach so kurzer Zeit wiederzusehen, liess ihn gar nicht eine solche Ausrede
finden. Und ohne dass er richtig wusste wie ihm geschah, nahm Lutz an, Friedel habe zugesagt.
Naja, dachte er, was konnte denn schon passieren? Mehr als das, was im Wald gelaufen war,
konnte ja gar nicht geschehen.
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