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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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die Frau nur noch fester an sich. Vermutlich hatte er gemerkt, dass sie noch fester auf den Beinen

war, als er selber und suchte an ihrem üppigen Busen Halt. Nicht genug damit, begann er ungeniert

ihre Rundungen fachmännisch mit seinen ungelenken Tatzen abzutasten. Schliesslich landete eine

dieser rissigen, haarigen Hände in ihrem Ausschnitt. Wer nun gedacht hätte, für diese

Ungeheuerlichkeit bekäme Mauro eine gehörige Abfuhr, der sah sich getäuscht, denn die

Direktorsgattin nahm lachend seine Pfote in ihr zartes Händchen und drückte sie nach unten auf

ihre Hüfte. Nun trachtete sie danach, während des Tanzes immer näher zu ihrem Tische zu

gelangen. Schliesslich schaffte sie es und mit einer schnellen Bewegung liess sie sich auf ihren

Stuhl fallen. Mauro stand wie ein begossener Pudel vor ihr. Die Runde lachte schallend.

Schliesslich realisierte der Italiener, was da vor sich ging und verschwand torkelnd aus dem Saal.


Als Friedel am Montag ins Geschäft ging, hatte er fein säuberlich alles schwarz auf weiss

aufgelistet, was er für Theaterproben und seine Musikanten ausgegeben hatte. Mit dieser Liste ging

er zum Chef, um sie visieren zu lassen. Baumer hatte vom Festen her offenbar noch einen

gehörigen Kater. Jedenfalls schnauzte er Friedel an: "Billiger gings wohl nicht, was?" Dann aber

schmiss er seine unleserliche Unterschrift unter die Rechnung und wies Friedel wortlos mit einer

unwirschen Handbewegung aus dem Büro. Dieser liess sich aber heute nicht einfach so in die

Wüste schicken. Sein Kopf lief hochrot an, als er Baumer zu zischte: "Irgendeinmal langt es aber,

Chef. Sie können uns nicht auf die Dauer ungestraft so behandeln. Glauben Sie denn eigentlich,

wir seien noch im vorigen Jahrhundert? Die Zeiten der Sklavenschinderei sind vorbei, Herr

Baumer!"

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