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Das doppelte Jubiläum
Bevor Friedel Vertreter geworden war, hatte er in einer Fabrik als junger Meister gearbeitet. Kurz
nach der Berufslehre als Mechaniker hatte ihn der Chef zu sich gerufen und ihn gefragt, ob er
Interesse hätte, sich zum Vorarbeiter weiterbilden zu lassen. Er war der einzige gewesen, der im
Betrieb bleiben konnte nach den vier Jahren als Lehrling. So nahm er denn das Angebot des
obersten Chefs freudigen Herzens an, glaubte er doch, sich auf diese Weise innert kurzer Zeit zum
Meister mausern zu können. Und der Zufall kam ihm zu hilfe dabei. Der Meister einer
Produktionsabteilung hatte dem Chef den Bettel hingeschmissen, da er schon längere Zeit das
Gefühl hatte, schikaniert zu werden. Friedel Reist war immer noch im Kurs, der ihn zum
Vorarbeiter machen sollte, als ihn ein Anruf aus der Fabrik erreichte. Der Chef fragte ihn ohne
lange Umschweife, ob er einverstanden wäre, an diesen Kurs gleich noch einige Wochen
anzuhängen, damit man ihm den Meistertitel verleihen könne. Friedel kam die Sache zwar ein
wenig spanisch vor, denn der Chef sagte kein Wort davon, dass der Meister von einem Tag zum
anderen davongelaufen war. Aber wiederum sah er nur den sozialen Aufstieg und die praller
gefüllte Lohntüte, die ihn nach Abschluss der beiden Kurse erwarten würden. Er sagte ohne lange
zu überlegen zu. Dass die Sache ihm über die Ohren wachsen könnte, daran dachte er keine
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