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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Zum Teufel, warum war die heute so heiss? Er hatte den Timer doch genau wie jeden Morgen auf

den zweiten Strich gestellt. Ach ja, er hatte ja vergessen, Milch in die Tasse zu giessen. Schnell

nahm er eine frische Tasse und diesmal vergass er sie nicht zu füllen. Er gab zwei Löffel mit

Kaffeepulver hinzu und schluckte das Getränk in einem Zug hinunter. Er musste sich beeilen, denn

es galt, einige Briefe zur Post zu bringen, die er am Freitagabend noch geschrieben hatte.


Als er alle Briefe miteinander in den Briefkastenschlitz stecken wollte, fiel ihm einer aus der Hand

und ausgerechnet in die Schlitze einer Dole, die sich unter dem Briefkasten befand. Sowas blödes.

Wer konnte nur so dämlich sein und einen Briefkasten über eine Dole hängen! Der Brief war

verloren. Auch wenn er den Deckel der Dole weggenommen und den Brief noch erwischt hätte, so

nass wie er war, konnte man ihn unmöglich absenden.


Verärgert stieg Friedel ins Auto und fuhr weg, dass die Reifen quietschten. Als er zum Kreisel

kam, fuhr er einem Lastwagen so rasant vor die Nase, dass dieser beim Stoppen ein paar Meter

Pneuspur auf den Asphalt legte. Friedel grinste. Nichts passiert. Nur schnell weg jetzt, damit er die

Schimpftirade des Lastwagenfahrers nicht anhören musste. Aber vor Friedel fuhr eben ein

Linienbus von der Haltestelle ab und bummelte vor ihm her. Der Lastwagen holte ihn mühelos

wieder ein und der Fahrer machte sich nun ein Vergnügen daraus, Friedels Stossstange zu kitzeln.

Friedel wurde es ungemütlich. Er kam sich vor, wie das Fleisch zwischen zwei Sandwichhälften.

Glücklicherweise fuhr der Bus wieder eine Haltestelle an und Friedel entwischte dem Ungeheuer

hinter ihm.

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