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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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"Sprudeln," antwortete Fedor, der sich dachte, ruhen sei für ihn schliesslich nichts neues, unter

sprudeln aber könne er sich nichts vorstellen.


"Dann komm mit", sagte Aida, "dann müssen wir uns beeilen, denn bald ist Essenszeit."


Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit einer Kraft hinterher, die er sich von einer Frau niemals

hätte vorstellen können. Sie gingen durch verschiedene Korridore, welche jeder mit einer ihm nun

schon vertrauten Sicherheitsanlage versehen war. Dann hörte er ein feines Rauschen, das mit

jedem Meter, den sie zurücklegten, stärker wurde. Die Luft wurde feuchter und ein leichter

Luftzug war zu spüren. Plötzlich standen sie vor einem riesigen Wasserfall, der wohl an die

zwanzig Meter über die Felsen in die Tiefe stürzte. Nackte Menschen jeden Alters sassen um das

Wasser oder schwammen ruhig im Becken. Eine junge Frau hatte einen Säugling an der Brust.

Fedor starrte sie an, er hatte sowas noch nie gesehen. "Was macht diese Frau?," wollte er von Aida

wissen. Aida lachte lauthals ihr glockenreines Lachen. "Da staunst du, ja? Bei euch oben nimmt

man die jungen Menschen, die von lebendigen Gebärmaschinen genau nach Bedarf fabriziert

werden, der Mutter gleich nach der Geburt weg, damit diese sofort wieder befruchtet werden kann.

Bei uns werden die Menschen noch nach dem gleichen System gezeugt, geboren und an der

Mutterbrust ernährt, wie man es schon vor hunderttausend Jahren gemacht hat. Schau, wie die

junge Mutter verklärt ihr Kind betrachtet, während sie es stillt."

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