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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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diese Nadel so tief ins Herz, dass man ihr Ende von aussen nicht mehr gewahren kann.

Kein Mensch wird dann daran zweifeln, dass der Unhold anders gestorben ist als er es

verdient hat, nämlich an seinem Rausch.` Dann ergriff sie meine Rechte und verlangte, dass

ich schwöre, es genau so zu tun, wie sie es von mir verlangt habe. Nach einigem Zögern

schwor ich es denn mit erhobenen drei Fingern. Ein kurzes Lächeln flog über ihr Gesicht,

dann tat sie ihren letzten Atemzug.

,,Und, hast du denn die Nadel geschmiedet?" fragte Gerold, schon ein bisschen über

sein eigenes Elend getröstet. ,,Ja, das habe ich", erwiderte Jufli. Er stand auf und begab sich

zum Kasten, wo er eine Holzschatulle herausholte, die er Gerold geöffnet in die Hände

drückte. Tatsächlich: hier lag, eingebettet in ein Tüchlein, eine bereits ein bisschen

angerostete Eisennadel von etwa sechs Zoll Länge. ,,Das Tüchlein stammt vom

Leichenhemd meiner Agnes", sagte Jufli und rieb sich die Augen. Dann folgte eine lange

Pause. Gerold wickelte die Nadel wieder in das Tüchlein, klappte die Schatulle zu und

überreichte sie Jufli mit der Frage: ,,Und, wie geht die Geschichte weiter?" ,,Kommt Zeit,

kommt Rat!" erwiderte dieser vielsagend. ,,Warten wir doch ab, was das Schicksal von uns

will!" Gerold stand auf, drückte Jufli die Hand und ging nachdenklich zu seinem Haus, wo

er seine Kathrin friedlich schlafend und noch immer angekleidet im Bette fand. Er deckte

sie mit dem Leintuch zu und setzte sich dann an den Tisch, den Kopf auf seine Arme und

diese auf die Tischplatte gelegt. So schlief er den Rest der Nacht, und böse Träume

durchschwirrten seinen Schlaf.

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