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gestorben. Das war noch bevor Gerold aufs Schloss kam. Als sie sich befreundeten,
tauschten sie ihre Sorgen gegenseitig aus. Aber meistens war Gerold es, der einen guten
Rat erhielt. Gerold klopfte an die Tür. Drinnen brannte noch eine Kerze, wie er durch das
Fenster gesehen hatte. ,,Wer ist da?" tönte es aus dem Haus. ,,Ich bin's, der Gerold," kam
die Antwort. Die Tür wurde geöffnet und Jufli schaute vorsichtig heraus. ,,Komm herein,"
sagte er und ging voraus. Drinnen setzte Gerold sich wortlos auf eine Stabelle. Jufli sah
ihm, ebenfalls schweigend, ins Gesicht. Dann ging er zum Schrank, nahm eine Flasche und
ein Glas heraus und schenkte eine. ,,Da, trink. Ich glaube, du hast es nötig," sagte er. Dann
zog er eine Stabelle vom Tisch weg und setzte sich frontal vor Gerold hin. Dieser griff
zitternd nach dem Glas und schüttete sich den Inhalt in die Kehle. Es war ein billiger Fusel,
den ihm da Jufli eingeschenkt hatte. Aber er wirkte. Langsam begann Gerold zu erzählen.
Jufli nickte nur hin und wieder, als hätte er nichts anderes erwartet. Als er alles gehört
hatte, stand er auf und schenkte auch sich ein Glas voll, das er in einem Zuge hinter die
Binde goss. Er schüttelte sich. Dann setzte er sich wieder vor Gerold hin und begann zu
erzählen: ,,Wie du ja unschwer wissen wirst, bist du, oder besser gesagt deine Kathrin,
nicht die und der erste, denen das passierte. Ich kann dir sagen, dass Kuno schon als
Halbwüchsiger hinter den Weibern her war. Er hat auch die Meinige einmal im Stall
vergewaltigt. Neun Monate später kam sie ins Kindbett und ist daran gestorben. Sie hat
immer gesagt, sie wolle mich nicht mit einem Kind strafen, das ihr von einem abartigen
Lüstling aufgedrängt worden sei. Und sie hat es fertiggebracht, es zu verhindern. Ich denke,
sie hat sich so lange gewehrt, das Kind aus dem Leib zu lassen, bis sie daran verblutet ist.
Damals war noch die Mutter meiner Agnes bei uns im Haus. Sie wusste von ihrer Tochter,
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