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bewirtschaftet wurden. In guten Jahren gaben die Äcker genug Nahrung ab um die Bauern
selbst zu ernähren und ihren Zehntel ins Schloss zu bringen. In diesem Jahre aber, von dem
hier die Rede ist, war seit Jänner kaum ein Tropfen Regen gefallen. Was die Bauern auch
aussäten, es kam gar nicht erst zum Keimen. Nur gerade die Gärten, die sich die Frauen
rings ums Haus hielten, konnten bewässert werden, da auch die Brunnen langsam
austrockneten. Der Bach, der vom Berg herunter durch Göskon lief und in die Aare
mündete, war bereits ausgetrocknet, die letzten Krebse hatten sich im Schlamm eingewühlt
und wurden von den Bauern eingefangen, damit sie nicht nutzlos krepieren mussten. Sie
durften sie jedoch nicht selber verspeisen, denn die Schlossherren hatten das alleinige
Recht darauf. Und wehe, ein Untertan wurde dabei erwischt, dass er sich einen Krebs zu
Gemüte führte. Kuno drohte jedem, ihm eigenhändig einen Finger der rechten Hand
abzuschlagen als Strafe.
Natürlich war es nicht nur hier so trocken. Nein, im ganzen Land und sogar bis weit
über die Grenzen hinaus litten die Menschen unter einer bitteren Hungersnot. Viele in den
umliegenden Ländern wanderten aus. Die meisten in die Berge, wo die Gletscher die Bäche
noch einigermassen mit Wasser füllen konnten. Dieses aber wurde bereits für das
Bewässern der kargen Bergäckerlein verwendet, bevor es in die breiteren Flüsse gelangen
und auch die einst so fruchtbaren Täler des Mittellandes mit ihrem kostbaren Nass
befruchten konnte. Die Aare war nur noch ein schmales Rinnsal. Die Fische sammelten
sich in den wenigen tiefen Stellen und konnten bereits von Hand gefangen werden. Einige
Handwerksleute aus dem Lande Bayern kamen auf der Suche nach Arbeit und Essen bis
hierher, wo sie sich erschöpft nieder liessen. Klar, dass sie auch hier in der Gegend von
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