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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Lange schaute ihm Elvira in die Augen. Dann schloss sie sie zu einem schmalen Schlitz. Er glaubte

bald, sie sei bereits selber in Trance, abgehoben in die von ihr beschriebenen anderen Ebenen.

Dann aber hoben sich ihre langen Wimpern wieder und wie aus weiter Ferne hörte er sie sagen:

"Ja, ich werde es versuchen mit dir. Du bist ein gutes Medium. Einen kurzen Moment lang werde

ich dich in deine Zukunft führen. Die Verantwortung darüber, nämlich dass du nicht mit einem

Knacks zurück kommst, die liegt aber bei dir. Denn du hast es selber so gewollt. Aber der

Zeitpunkt ist noch nicht da. Du musst warten und dabei Geduld üben."


Langsam wurde ihm warm von innen. Es schien ihm, er hätte noch nie ein so wohliges Gefühl

gehabt in seinem Bauch. Das zweite Glas kippte er hinunter ohne es dazwischen abzustellen. Er

merkte nicht, wie die beiden Zwillinge ihn aufmerksam betrachteten. Sie hatten nur kurz am Glas

genippt und dann nicht mehr berührt. Gespannt sahen sie, wie das Gesicht ihres Gastes sich

veränderte. Seine Augen bekamen ein Feuer, dass ihnen fast angst wurde. Sie guckten fragend auf

Elvira, die die Wirkung ihres Getränkes mit Befriedigung zur Kenntnis zu nehmen schien. "Es

wirkt, wie in alten Tagen," sagte sie leise vor sich hin. "Er wird sich nachher kaum mehr erinnern,

oder nur, als ob es ein Traum gewesen wäre, was er getan hat. Ich verschwinde jetzt in euren

Wagen. Nutzt eure Zeit. Die Wirkung des Trankes wird etwa zwei Stunden anhalten, bis dann

sollte die Sache in Ordnung sein."


Sie war während ihren Worten bereits aufgestanden und ging nun wie ein Magier, dem soeben sein

bestes Experiment gelungen war, aus der Tür.

          Georg von Signau: Noch weit bis Eden