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ihren Augen. Sie liess es nicht nur geschehen, sondern drängte sich mit einem leisen Stöhnen an
ihn. Friedel wollte eben mit seinen Lippen die ihren suchen, als sie draussen im Flur schnelle
Schritte hörten. Erschreckt stoben sie auseinander und die Frau machte sich schnell am Herd zu
schaffen. Friedel aber setzte sich ebenso schnell wieder an den Tisch und nahm die Tasse zur
Hand, die er in einem Zuge austrank. Nicht zu früh, denn der Bauer kam atemlos in die Küche und
rief: "Ich habe meinen Hut vergessen und ohne diesen bin ich nur ein halber Mann." Sagte es,
nahm den Hut und verschwand so schnell er hereingekommen war, wieder zur Türe hinaus, diese
hart hinter sich zuschlagend.
"Da sind wir ja noch mal mit einem blauen Auge davongekommen," flüsterte Friedel. Dann stand
er auf, nahm seinen Bestellblock und sagte: "Wir wollen das Schicksal nicht herausfordern. Wir
sind schliesslich beide verheiratet. Und dem Ehepartner Hörner aufsetzen ist nicht gerade vom
Feinsten, das man machen kann. Eigentlich trotzdem schade. Sie gefallen mir. Aber ein
Techtelmechtel würde auf die Dauer wohl weder mir noch Ihnen etwas Gutes einbringen. Ich
danke Ihnen für die Verpflegung. Aber noch mehr danke ich Ihnen für das Vertrauen, das Sie mir
entgegengebracht haben. Ich habe über "Bäuerliches Leben" in ein paar Minuten mehr erfahren, als
in dreissig Jahren vorher. Auf Wiedersehen." Er öffnete die Türe, ging durch den dunklen Hausflur
auf den Hof an den spielenden Welpen und der Hündin vorbei zu seinem Wagen und stieg ein,
ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Erst als er den Wagen auf dem Hofe wendete, blickte er
zum Hauseingang. Die Bäuerin stand auf der obersten Treppenstufe und schaute ihm nach, wie
man einem flüchtigen Bekannten nachsieht. Erst als das Auto bald nicht mehr zu sehen war, legte
sie einen Finger auf ihre Lippen und hauchte einen Kuss hintendrein.
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