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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Sie merkten nicht, wie die Balkontüre sich langsam öffnete und eine junge Zuschauerin sich auf

die Schwelle niedersetzte. Erst als sie endlich ermattet ihre Spielerei aufgaben und Friedel seine

Geliebte wie ein kleines Kind ins Bett tragen wollte, gewahrten sie, dass sie offenbar schon die

längste Zeit beobachtet worden waren. Erschrocken liess Friedel Margit zu Boden sinken und zwar

so schnell, dass sie auf den Hintern zu sitzen kam. Das Mädchen auf der Schwelle lachte lauthals.

"Braucht euch nicht zu erschrecken oder verstecken," sagte sie. Falls ihr meint, ihr hättet mir da

etwas Neues geboten, irrt ihr euch aber gewaltig. Aber wenn ihr erlaubt, möchte ich auch noch ein

wenig teilhaben an eurem Glück. Es wäre unfair, mich aufzugeilen und dann einfach wieder von

alleine abkühlen zu lassen!"


Sie stand auf und ging schnurstracks auf Friedel zu. "Was die Margit kann, das kann ich schon

lange. Also, wie steht es?"


Friedel hätte ihr am liebsten ein paar runter gehauen, so wütend wurde er beim Gerede des

Mädchens. Aber er wurde sich noch rechtzeitig bewusst, dass eine solche Aktion Margit gefährden

könnte. Er selber konnte ja schliesslich wieder von der Bildfläche verschwinden. Niemand würde

zu wissen bekommen, wer der "Gast" im Hause Beeringer gewesen war. Wenn das Mädchen aber

ausplauderte, was es gesehen hatte, würde es um Margit geschehen sein. Diplomatie war also

angesagt. Friedel lachte etwas gequält und ging auf das Junge Ding zu. Er stand in voller

Männlichkeit vor ihr und sagte: "Wie`s steht, hast du gefragt? Also, wie du dich selber überzeugen

kannst, im Moment überhaupt nicht!" Dann nahm er die Fremde an beiden Schultern und drehte sie

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