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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Verbrechen gewesen wäre, ihn darin zu stören. Also stellte er halt seine Rute in eine Ecke und den

Sack daneben. Dann stieg er die Treppe hoch. Einen Augenblick musste er sich zuerst an das

schummrige Licht im Wagen gewöhnen. Die Frauen aber meinten, er getraue sich immer noch

nicht, weshalb Luna ihm entgegenging, ihn bei der Hand nahm und hereinzog. Dann schubste sie

ihn in den erstbesten Sessel, welcher bei einem am Wagenboden angeschraubten Tisch stand.

Friedel plumpste hinein und schaute sich um. Komisch, er hatte sich noch nie Gedanken darüber

gemacht, wie denn eigentlich die Fahrenden in ihren Räderhäusern eingerichtet seien. So war er

denn angenehm überrascht, als er die gute Ordnung und die recht moderne Einrichtung gewahrte.

Rings an den Wänden waren zweckmässige Kästen gezimmert. In einem Regal standen ein

Fernseher und einige andere Apparate. Bei einem Fenster war eine Kochnische eingebaut. Pfannen

und Geschirr hingen an den Wänden und sogar an der Decke waren die unterschiedlichsten

Gegenstände so sicher untergebracht, dass sie beim Fahren nicht herunterfallen konnten.


Lana machte sich am Gasherd zu schaffen. "Wir haben leider keine Kaffeemaschine", sagte sie mit

einem bedauernden Lächeln, "aber du wirst dich doch auch mit einem Pulverkaffee zufrieden

geben?" Und ohne eine Antwort abzuwarten, goss sie in drei bereitgestellte Tassen das kochende

Wasser und gab einen Löffel schwarzes Pulver dazu. "Zucker, Milch? Ach ich weiss schon: ein

Stück Zucker und ein bisschen Milch dazu. Habe ich recht?"

Friedel kam gar nicht dazu, zu antworten; schon stand die dampfende Tasse vor ihm. Die beiden

Frauen setzten sich ebenfalls an den Tisch und rührten in ihren Tassen. Dabei sahen sie aber beide

in das Gesicht des Mannes, der nun umständlich ebenfalls umzurühren begann und sich dazu

laufend räusperte.

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