Trauerreisen geben wieder Mut

Mit steigendem Lebensalter nehmen die Abschiede von Bekannten, Freunden und auch Familienmitgliedern zu. Eine noch wenig bekannte Art der Trauerverarbeitung ist eine Trauerreise, die eigentlich im Pilgern einen sehr alten Ursprung hat.
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©silviarita | Pixabay.com

Der Sinn einer Pilgerreise

Bei einer Pilgerreise wandert ein Pilger zu einem heiligen Ort. Diese Grundidee ist in vielen Religionen so gegeben, auch wenn sich die Ziele naturgemäß unterscheiden. Katholiken pilgern schon seit dem frühen Mittelalter nach Rom, Lourdes oder Santiago de Compostela. Juden machen sich auf den Weg an die Klagemauer in Jerusalem. Und Moslems möchten wenigstens einmal in ihrem Leben eine „Haddsch“ nach Mekka unternehmen. Der Weg dorthin kann sehr weit sein, aber das ist auch gewollt. Denn während seiner Wanderung hat der Pilger genügend Zeit, sein eigenes Leben zu überdenken und sich auf die ihm wichtigen Dinge zu besinnen. Pilgern ist daher immer auch eine Reise zu sich selbst. Das Unterwegssein ist mitunter wichtiger als das Ankommen.

Was ist eine Trauerreise? 

Bei einer Trauerreise unternehmen Trauernde eine gemeinsame Reise an einen besonderen Ort. Oft liegt dieses Ziel irgendwo in Deutschland. Viele Senioren reisen gerne in Heilbäder, Kurstädte oder auch gärtnerisch gepflegte Gegenden, in denen erholsame Spaziergänge möglich sind. Familien mit Kindern zieht es oft an die Küste oder in die Nähe von Tiergehegen, Badeseen oder sonstigen Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten.

Insofern unterscheidet sich eine Trauerreise von einer Pilgerreise in ihrer äußeren Form. Sie ist weniger körperlich kräftezehrend und gefährlich. Im Gegenteil laden schöne Hotels, ausgesuchte Essen und angenehme Regionen zum Verweilen und Ausruhen ein.

Geblieben ist die Rückbesinnung auf sich selbst – das zweite große Ziel auf einer Pilgerreise neben dem Ankommen. Das Überdenken des eigenen Lebens und das Herausarbeiten, wie es weitergehen soll. Auch wenn der religiöse Bezug bei einer Trauerreise heute meistens nicht mehr gegeben ist – das neue Ausrichten des eigenen Seins kann sich zu einer harten Nuss entwickeln und viel Zeit und Arbeit bedeuten. Das hat sich seit den Zeiten der ersten Pilgerreisen nicht verändert.

Wer nimmt an einer Trauerreise teil?

In der Regel dauern Trauerreisen etwa eine Woche. Die Reisegruppe besteht dabei ausschließlich aus Personen, die einen nahestehenden Menschen verloren haben. Dadurch ist sich die Gruppe schon durch die Zielsetzung der Reise sehr nahe. Die Reisenden können sich gegenseitig über ihre Trauer austauschen. Bereits dieser Austausch ist hilfreich, da es den Trauernden das Gefühl nimmt, alleine zu sein mit der großen Aufgabe des Verarbeitens. So können sich die Reisenden gegenseitig Stütze sein. Oft entstehen daraus Freundschaften, die auch weit über die Trauerreise hinaus andauern.

Auch das erinnert an das Pilgern. Pilger waren durch ihre zweckmäßige Kleidung wie der Pelerine und dem breitkrempigen Hut von weitem zu erkennen. Das erzeugte ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Pilger miteinander verband. Man unterstützte sich gegenseitig auf dem beschwerlichen Weg, half einander aus und erreichte so gemeinsam das große Ziel.

Trauerbegleiter unterstützen die Reisegruppe

Bei einer Trauerreise wird die Reisegruppe von sorgfältig ausgebildeten und zertifizierten Trauerbegleitern begleitet. Ihr Beruf ist ihre Berufung, denn ihnen liegen Menschen am Herzen. Oft beziehen sie auch die Kunst in verschiedenen Formen in ihre Arbeit ein. Während einige Menschen Emotionen mit Ton und Keramik ausdrücken können, gelingt es anderen eher mit Ritualen, Achtsamkeitsgesten oder Meditation. Wieder andere können Gefühle besser in Worte fassen und fühlen sich erleichtert, wenn sie sich ihren Schmerz von der Seele schreiben.

Die Aufgabe von Trauerbegleitern ist es, mit den Trauernden gemeinsam einen individuellen Weg zu finden, mit denen sie aus ihrem Schmerz herausfinden können. Dafür bieten sie Reflexion an. Das Ziel ist es, die Trauer über den Verlust aufzufangen und in positive Energie zu verwandeln. Denn im Vordergrund steht, das Leben neu zuzulassen und der Lebensfreude wieder Raum zu geben.

Auch die Pilger waren auf ihren langen Wanderungen nicht nur auf sich selbst gestellt. Sie suchten und fanden Halt bei Menschen, die sie auf ihrem Weg immer wieder ein Stück begleiteten. Hospize, in denen Pilger frei übernachten durften, wurden oft von Pfarrern, Klöstern oder anderen religiösen Gemeinschaften geleitet. Hier wurde nicht nur für das leibliche Wohl sondern natürlich auch für Seelennahrung gesorgt. So erfuhren die Pilger an den vielen Stationen, an denen sie vorüber kamen, immer wieder neuen Zuspruch – und vielleicht auch den einen oder anderen neuen Gedanken, den sie auf ihren weiteren Weg mitnehmen durften.

Trauerreisen und Pilgerreisen – Wege zu neuer Hoffnung

Wäre es nicht schön, wenn Hinterbliebene aus den vielen schönen Erinnerungen mit dem Verstorbenen Dankbarkeit und Kraft schöpfen könnten anstatt über ihren Tod zu verzweifeln? Aus dieser Kraft und der inneren Verbundenheit zu dem Verstorbenen kann, darf und soll neuer Lebensmut entstehen. Dann ist es auch wieder möglich, das eigene Leben neu zu gestalten - und vielleicht sogar neue Wege zu gehen, die bisher versperrt waren. Ein lohnendes Ziel, das man heute mit einer Trauerreise genauso erreichen kann wie früher mit einer Pilgerreise.

Weitere Informationen zu Trauerreisen finden Sie unter anderem bei  www.maxmachtmut.de/angebote_trauerreisen.

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Kommentare (3)

Wisele

Eine Trauerreise finde ich wunderbar,aber ich würde immer in meine Einsamkeit zurückfallen,darum wäre das für mich nichts.
Ich denke,Trauer,ist nicht gleich Trauer,ich habe meinen Sohn mit 22J.durch Suizid verloren,da trauert man anders,als ich meine pflegenden Eltern im Sterbebett gleichzeitig begleitete,und das hohe Alter erreichten.

Wisele

eine Trauerreise finde ich..das soetwas gibt,aber ich kann mir vorstellen,Menschen welche früher nie wegfuhren,ist eine Trauerreise etwas,anstengendes,bis die Person soweit ist,braucht man viel Kraft.
Vor 15 Jahren pflegte ich meine bettlägrigen Eltern ,3 Jahre lang.
In dieser Zeit hat mein Sohn sich das Leben genommen.
Es war keine Zeit zum trauern da.
Alles wurde ruhig im Haus,die Eltern,Sohn weg,trauern...wie....trauern?was ist das?
Ich merkte überhaupt nichts mehr ,mein körper war steif,meine Seele,..meine Gefühle,es war mehr als Trauer,das Kartenhaus viel zusammen,und ich auch.
Aufgewacht in der Intensiv,die Trauer war so intensiv,dass ich auch gehen wollte.
Somit nahm ich an einem Trauerseminar teil,und es war wunderbar,mit Menschen zu sprechen,welche auch Trauer hatten.

Barbara49

@Wisele,  ich habe beim Lesen deiner Geschichte mitgefühlt. Du hattest in dieser Zeit schwer zu tragen gehabt und musstest doch funktionieren. Keiner war da, der dich beim schlimmsten Schicksal - der Verlust deines Sohnes- aufgefangen hat, bis du zusammen gebrochen bist. Ich bin froh, dass du Hilfe in Form einer trauerbegleitung gefunden hast, um alles zu verarbeiten. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Ich wünsche dir Zuversicht und alles Gute.  LG Barbara 49


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