Private Pflegezusatzversicherung: So groß ist die Lücke im Pflegefall wirklich

Die Pflege im hohen Alter oder im Falle einer gesundheitlich bedingten Pflegebedürftigkeit ist vor allem für Menschen in der zweiten Lebenshälfte ein wichtiges Thema. Aber auch immer mehr jüngere Menschen machen sich frühzeitig Gedanken um den Fall der Fälle. Jeder möchte mit dem guten Gefühl älter werden, bei Eintreten einer Pflegebedürftigkeit rundum gut versorgt zu sein. Dabei geht es zunächst darum, die persönlichen Wünsche und Vorstellungen rund um Unterbringung und Versorgung verwirklichen zu können.
Private-Pflegezusatzversicherung_Titelbild_freepik_rawpixel.jpg
©rawpixel.com | freepik.com

Die meisten Menschen wünschen sich, trotz einer alters- oder gesundheitlich bedingten Pflegebedürftigkeit in ihrem gewohnten Umfeld bleiben zu können. Nicht immer kann dies aber allein durch Familienangehörige gewährleistet werden. Eine häusliche Pflege bis hin zur 24-Stunden-Betreuung oder der Umzug in eine Senioren- oder Pflegeresidenz sind in vielen Fällen eine Alternative zur Pflege durch Angehörige. Hier kann eine umfassende Betreuung allerdings enorme Kosten mit sich bringen. Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der anfallenden Kosten für Unterbringung und Pflege ab.

Seit dem 01. Januar 2017 haben die neuen Pflegegrade den Platz der bisher geltenden Pflegestufen eingenommen. Damit sind in der Pflege gravierende Veränderungen eingetreten. Die fünf Pflegegrade, die die zuvor geltenden drei Pflegestufen abgelöst haben, sollen eine individuellere Aufschlüsselung der Pflegebedürftigkeit ermöglichen und damit auch eine bedarfsgerechtere Verteilung von Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Die Grundlage für die neuen Pflegegrade bildet § 14 SGB XI zur Pflegebedürftigkeit

Dort heißt es:
 
(1) „Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen."

(2) „Krankheiten oder Behinderungen im Sinne des Absatzes 1 sind:
 
  1. Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat
  2. Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane
  3. Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen."
(Quelle: https://www.krankenkassenzentrale.de/wiki/pflegegrade#pflegegrade)

Die Leistungen, die pflegebedürftige Personen von der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erwarten haben, sind gemäß der neuen Pflegegrade gestaffelt. Je nach erforderlicher Pflegeintensität bleiben pflegebedürftige Menschen aber meist auf einem nicht unerheblichen Teil der Kosten sitzen. In vielen Fällen entsteht eine finanzielle Lücke, die nicht ohne Weiteres aus dem privaten Einkommen oder Rücklagen zu schließen ist.

Eine finanzielle Lücke, die Angst machen kann

Finanziell abgesichert zu sein, vor allem im Alter oder im Falle einer Pflegebedürftigkeit, gehört zu den am häufigsten geäußerten Wünschen von Menschen ab der Lebensmitte. Die Angst, sich im Bedarfsfall keine adäquate Betreuung leisten zu können, ist nicht unberechtigt. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung hinterlassen eine Lücke, die auch nach der grundlegenden Revision durch die Einführung der neuen Pflegegrade noch enorm ist.

Wie hoch die Restkosten ausfallen, für die Pflegebedürftige selbst aufkommen müssen, hängt natürlich vom Einzelfall ab. Hier spielt neben der gewählten Pflegeleistung auch die Einstufung im Rahmen der Pflegegradregelung und die individuelle Finanzsituation eine große Rolle.

Zwei vereinfachte Beispielrechnungen sollen aufzeigen, wie groß die Versorgungslücke in einem alters- oder gesundheitlich bedingten Pflegefall werden kann und auf welche Eigenleistung sich pflegebedürftige Menschen unter Umständen einstellen müssen (Quelle: https://www.hansemerkur.de/pflegeversicherung)

Beispiel 1: Eine pflegebedürftige Person wurde durch einen Gutachter in Pflegegrad 3 eingestuft. Die Pflege erfolgt im häuslichen Umfeld durch eine Pflegekraft, die täglich für zwei Stunden in den Haushalt kommt, um der pflegebedürftigen Person bei der täglichen Körperhygiene, der Einnahme von Medikamenten und der Verrichtung täglicher Arbeiten zu helfen.

Die Kosten, die für die häusliche Pflege in diesem Umfang anfallen, liegen je nach gewählter Leistung und Pflegedienst bei ungefähr 2.400 Euro monatlich.

Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt aufgrund der Einstufung in Pflegegrad 3 einen Anteil von 1298 Euro pro Monat und leistet zusätzlich noch einen Entlastungsbeitrag von 125 Euro.

Durch die in Anspruch genommenen Pflegeleistungen entstehen Mehrkosten in Höhe von knapp 1.000 Euro, die im Zweifelsfall von der pflegebedürftigen Person oder ihren Angehörigen privat getragen werden müssen.

Beispiel 2:

Eine pflegebedürftige Person wurde durch einen Gutachter in Pflegegrad 4 eingestuft. In diesem Umfang kann die Pflege nicht durch Angehörige geleistet werden. Deshalb entscheidet sich die Familie für eine stationäre Betreuung in einem Pflegeheim.

Je nach gewählter Einrichtung und Betreuungsumfang können die Kosten für die Vollzeitpflege inklusive Unterbringung, Verpflegung und medizinische Versorgung in einem Pflegeheim ungefähr 3.500 Euro pro Monat betragen.

Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt aufgrund der Einstufung in Pflegegrad 4 einen Anteil von 1.775 Euro monatlich.

Für die pflegebedürftige Person und ihre Angehörigen entsteht eine finanzielle Lücke von ungefähr 1.700 Euro, die in der Regel aus privaten Mitteln geschlossen werden muss. Diese vereinfachten Beispiele zeigen, dass die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in den meisten Fällen bei weitem nicht ausreichen, um den Pflegebedarf im Alter oder aufgrund einer chronischen oder akuten Erkrankung finanziell zu decken.

Die Lücke im Pflegebudget hängt unter anderem vom Wohnort ab

Neben der Einstufung in die Pflegegrade ist der zu leistende Eigenanteil im Pflegefall auch davon abhängig, in welchem Bundesland die pflegebedürftige Person ihren ständigen Wohnsitz hat. Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) hat ermittelt, dass Pflegebedürftige in Deutschland, die sich stationär in einem Pflegeheim betreuen lassen, immer mehr zuzahlen müssen. Die Zuzahlungen variieren je nach Bundesland.
 
Zum 01. Januar 2019 hat der VDEK die folgenden Zahlen für private Zuzahlungen nach Bundesländern veröffentlicht:
Private-Pflegezusatzversicherung.jpg
Die Vertreter des VDEK fordern seit vielen Jahren Anpassungen und eine Dynamisierung in den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung und den einzelnen Pflegekassen. Biggi Bender, Leiterin der vdek-Landesvertretung Baden-Württemberg, erläutert die Dringlichkeit dieser Forderung im Rahmen der Veröffentlichung der aktuellen Zuzahlungsdaten:
 
„Weder die Gehalts- noch die Rentensteigerungen des letzten Jahres können diesen Belastungssprung kompensieren." Nur so könne einer finanziellen Überforderung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie dem Problem der sozialen Härte langfristig entgegengewirkt werden.

Eine private Pflegezusatzversicherung ist eine häufig gewählte Möglichkeit, um frühzeitig für eine gute Absicherung im Bedarfsfall zu sorgen. Dieser zusätzliche Schutz sollte nicht zu spät abgeschlossen werden, denn mit zunehmendem Alter steigt beispielsweise die Hürde im Bereich der Gesundheitsprüfung. Außerdem stehen Menschen, die sich bereits in jungen Jahren für eine private Pflegezusatzversicherung entscheiden, oft günstige Einsteigertarife zur Verfügung, die erst nach dem Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze in einen kostenintensiveren Tarif übergeleitet werden.

Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige