Pflegemindestlohn: Mehr Geld für Fach- und Hilfskräfte in der Pflege

Rund 1,2 Millionen Pflegekräfte in Deutschland werden schrittweise mehr Geld erhalten. Das beschloss die Pflegekommission aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern einstimmig am 28. Januar 2020 in Berlin.
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Demnach soll der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte bis zum 1. April 2022 in vier Schritten in Ost- und Westdeutschland auf 12,55 Euro angehoben werden. Weiterhin wird es auch für Pflegefachkräfte ab dem 1. Juli 2021 erstmals einen Mindestlohn geben. Dieser soll nach Aussage des Bundesarbeitsministeriums bis zum 1. April 2022 von 15,00 Euro auf 15,40 Euro steigen.

Gleicher Mindestlohn in Ost und West und mehr Urlaubstage

In Deutschland wächst zum einen die Zahl der pflegebedürftigen Menschen, zum anderen wird es in Zukunft an Fach- und Hilfskräften in der Pflege fehlen. Um Pflegebedürftigen auch künftig ein würdevolles Leben im Alter und eine 24-Stunden-Pflege zukommen lassen zu können, müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Ein wichtiger Schritt ist die Erhöhung und Anpassung des Mindestlohns für Pflegekräfte.

Der Pflegemindestlohn, der sich bislang ausschließlich auf Hilfskräfte ausrichtet, liegt bei 10,85 Euro im Osten und 11,35 Euro im Westen. Diese Gehaltsuntergrenze für die ambulante Krankenpflege und Altenpflege läuft im April 2020 aus. Am 1. Juli 2020 soll es die erste Erhöhung des Mindestlohns geben: auf 11,20 Euro im Osten und 11,60 Euro im Westen. Zum 1. September 2021 erfolgt die seit langem eingeforderte Ost-West-Angleichung. Der Mindestlohn soll dann einheitlich auf 12,00 Euro steigen.

Weiterhin wird es zum 1. April 2021 erstmals Mindestlöhne für qualifizierte Pflegehilfskräfte von 12,20 Euro im Osten und 12,50 Euro im Westen geben. Bis zum 1. April 2022 soll die Lohnuntergrenze für diese angelernten Kräfte mit einjähriger Ausbildung in drei Stufen auf einheitliche 13,20 Euro ansteigen.

Die Einigung der Pflegekommission sieht neben der Erhöhung des Mindestlohns auch mehr Urlaubstage für die Pflegekräfte vor, die über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehen. Dies werden für die Jahre 2021 und 2022 jeweils sechs Tage mehr sein. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach sich für die Einigung der Pflegekommission aus. Heils Ressort will das einstimmige Ergebnis der Kommission per Verordnung umsetzen.

Tarifvertrag für bessere Arbeitsbedingungen in der Altenpflege

Die Einigung wird ferner von der Gewerkschaft Verdi begrüßt. Vorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte hierzu: „Die neuen Regelungen werden für Pflegekräfte insbesondere in den neuen Ländern und bei kommerziellen Anbietern zu deutlichen Verbesserungen führen."

Bühler betonte gleichzeitig aber auch, dass es weitergehende Lösungen braucht, um den Pflegenotstand in Deutschland zu beseitigen. Dazu zählt auch ein bundesweiter Tarifvertrag zu Mindestbedingungen im Altenpflegebereich, den Bundesarbeitsminister Heil für allgemeingültig erklären kann. Nach Aussage von Bühler arbeite man daran weiter mit Hochdruck.

Verdi befindet sich aktuell in Verhandlungen mit der neuen Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP). Gemäß Bühler sei man dabei bisher gut vorangekommen. Offen ist jedoch, ob daraus ein allgemeingültiger Flächentarifvertrag werden kann. Private Pflegeanbieter sprechen der BVAP allerdings ab, die Verhandlungen für die gesamte Branche übernehmen zu können. Kaum verwunderlich, immerhin beläuft sich beispielsweise das Gehalt von Altenpflegehelfern im privaten Bereich laut diesem Artikel nur auf 1.700 bis 2.200 Euro und liegt damit deutlich unter dem, was öffentliche oder kirchliche Einrichtungen zahlen.

Zufrieden mit der Einigung sind auch die kirchlichen Dienstgeber. Christian Dopheide, Chef des Verbandes diakonischer Dienstgeber, findet, dass „ein gutes Ergebnis im Sinne der Pflegekräfte erreicht" wurde. Bodo de Vries sieht das ähnlich. Der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Verbandes für Altenarbeit und Pflege ist der Meinung, dass die Ergebnisse das politische Ziel widerspiegelten, die Pflege auch im Bereich der Vergütungen aufzuwerten.

Enorme Pflegelücke in Deutschland ist Hintergrund der Bemühungen

Hintergrund der Anstrengungen ist die bedenklich große Pflegelücke in der Bundesrepublik. In der Altenpflege kommen schon heute auf 100 gemeldete freie Stellen nur 27 Bewerber. In den kommenden Jahren werden Prognosen zufolge hunderttausende Pflegekräfte fehlen.

Laut Bundesarbeitsminister Heil brauche Deutschland eine menschenwürdige und gute Pflege für alle Personen, die darauf angewiesen sind. Mit der Konzertierten Aktion Pflege haben die Akteure der Pflegebranche und die Regierung den ersten Grundstein gelegt.

In diesem Zusammenhang nannte Heil neben dem Gesetz für bessere Löhne in der Pflege auch das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz. Gemäß diesem sollen erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern finanziell entlastet werden. Sie sollen erst dann zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt. Bundesarbeitsminister Heil sagte dazu, dass Kinder und Eltern durch die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen häufig sehr stark belastet seien und eine große Verantwortung trügen. Die Angst vor unkalkulierbaren finanziellen Forderungen wolle man ihnen auf diese Weise nehmen.
 

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