Zwischen Alleinsein und Einsamkeit




Früher galt beides als etwas Grausames, vor allem für die Frauen, nicht nur aber. Das Wort „alleinstehend” und dessen Equivalente, die gab es wohl gar noch nicht. Es hieß: Eine Beziehung schaffen, da steckt das Geheimnis des Glückes...

Nun weiß man schon lange, dass sich die Menschen oft in einer Beziehung verzeifelt einsam fühlten, sich scheiden zu lassen war aber aus verschiedenen, objektiven sowie subjektiven Gründen, nicht immer möglich. Und die Prozeduren, die waren teuer und kompliziert.

Heutzutage wurde es endlich möglich und üblich, dass man darüber entscheiden kann, ob man allein bleibt, oder in eine Beziehung kommt. Also – doch nicht mehr… Für viele wird jetzt die Pandemie die Tür zu dem mutmasslichen Glück zuschlagen. Wer wird nun wagen, eine neue Bekanntschaft zu schließen, eine fremde Person zu treffen, und sonst – wo denn, wo man das Haus kaum verlassen darf. Und sollte sich da jemand vor wenigen Wochen oder Monaten verliebt haben, wie es bei meinem Sohn der Fall ist, wo die andere Person ziemlich weit entfernt lebt?

Natürlich ist das nicht Wichtigste, worüber man sich den Kopf zerbrechen müsste, in unserem Alter insbesondere. Doch von Bedeutung wäre, dass man sich trotz allen Dingen nicht einsam fühlt, zu dieser tragisch komischen Zeit. Denn Alleinsein ist neutral; und Einsamkeit tut weh. Möge also das Internet ohne Störungen weiter funktionieren, damit man zum Beispiel hier im ST lesen, und eigene Texte veröffentlichen kann, Grüße bekommen und verschicken. Selbst wenn irgendwo allein, Hauptsache – nicht einsam doch. :)

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(Bilder aus dem Internet)

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Kommentare (14)

Manfred36


Du schreibst „ Alleinsein ist neutral; und Einsamkeit tut weh“. Und du lobst die heutigen Möglichkeiten der Tlelekommunikation. Da hast du Recht. Nur mit der Neutralität des Alleinseins tue ich mir etwas schwer. Ich denke, dass du es im Sinne des Wortes als „unvoreingenommen“ meinst, es hat aber auch etwas den Geschmack von Sterilität. Wir leben ja insgesamt gesehen nicht in einer neutralen Welt. Widersprüchliche Informationen von überall her prallen auf uns. Physisch neutral ist nicht psychisch neutral. Allerdings kennst du dich als noch aktive Pädagogin in Neutralität besser aus als ich.
Ein Zueinanderkommen in irgendeiner Form lässt Neutralität und Einsamkeit nicht spüren. Das Dorf mit seinem Gemeinschaftscharakter rückt jetzt wieder in den Mittelpunkt. Hier hat der IESE (Fraunhofer Institut für Experimentelles Software Engeneering) die kostenfreie Dorf-App entwickelt, mit der man den Dorftratsch und Vieles mehr am Smartphone und Computer austauschen kann, in einer Atmosphäre, die Hochhaus-Isolation so wie so ausschließt.
Ökonomisch wird eine Rückkehr ja ausgeschlossen sein, aber der Traum von Biedermeier lebt wieder auf.
B.G. Manfred




 

Christine62laechel

@Manfred36  

So, lieber Manfred... Wenn jemand sagt: "Ich bin allein", da bedeutet das nur, dass er ein einziger Bewohner eines Lokals ist (ich habe auf das "ein/e einzige/r" verzichtet, klar kann es auch eine Frau sein), oder dass er im Moment keine/n Partner/in hat (da musste ich doch!). Kein Signal, wie sich die Person damit fühlt. Eine neutrale Information, in dem Sinne.

Wenn man aber zu hören oder zu lesen bekommt: "Ich bin einsam", wird es sofort klar, dass sich da jemand nicht gut damit fühlt, dass es da keine Mitmenschen gibt, keine Partneschaft, keine Familienmitglieder.

Und, wie du heute auch in einem anderen Kommentar lesen kannst: Das weißt du ja aber besser als ich. :)

Mit Grüßen
Christine

ehemaliges Mitglied

Ich weiß nicht, wie es für mich wäre, wenn ich statt "nur" allein auch einsam wäre. Ich habe in dreißig Jahren meiner über vierzigjährigen Ehe gelernt, meistens die Abendstunden allein zu sein, mich anderweitig zu beschäftigen (damals gab es für mich noch kein Internet). Selbst die Betonung von Bekannten, die nicht verstanden, dass mein Ex es nicht schlimm oder falsch fand, wenn es ihn nicht interessierte, dass er täglich Stunden in seinem Hobbykeller grübelnd verbrachte, statt etwas mit mir gemeinsam zu unternehmen.

Fernsehen - nee. Gemeinsam mit dem Hund ausgehen, der seinen Spaziergang brauchte - nee, das ist ihre Aufgabe, auch als letzter Tagesgang kurz vor Mitternacht! Erst als ich mein Fahrradfahren wieder trainierte, um allein eine kleine Tour zu machen, wurde er eifersüchtig: trifft sie da Jemanden - nee. Daraus entwickelte sich dann, dass wir oft bei trockenem Wetter viele lange Fahrradtouren machten. Er - Sporthasser - machte das mit, damit ich nicht ohne seine Aufsicht solcherlei Sport betrieb ...

Nur als ich wochenlang im Krankenhaus lag, er sich allein beköstigen musste, seine Wäsche nicht gemacht wurde, war ihm bewusst: meine Frau fehlt mir. Dann legte er sich jeden Morgen bei seinem täglichen Besuch auf das Fußende meines Krankenbettes und beklagte sich, er sei soooo müde, ich könne ja schlafen, habe es im Krankenbett so gut ... Dann war ich froh, wenn er wieder weg war, schickte ihn abends zur Pommesbude vorm Krankenhaus, wo es ja auch zu essen gab ...

Das ständige Alleinsein hatte mich wohl abgestumpft. Wenn ich dann nach Mitternacht zu Bett ging, wurde ich oft gegen 3 Uhr morgens geweckt. Da fiel dann ein total Betrunkener in sein Bett und ich musste die nächste halbe Stunde aufpassen, dass mir nicht urplötzlich sein Knie vor meines stieß oder ich unversehens durch willkürliche Bewegungen eine Ohrfeige bekam ... Hab mich meist schnell umgedreht, um auch seinen alkoholverseuchten Atem nicht mehr ins Gesicht gepustet zu bekommen.

Ist lange zum Glück vorbei. Einsamkeit fühle ich auch heute nicht!

Christine62laechel

@nnamttor44  

Liebe Uscha,

da warst Du also ein Beispiel dafür, was ich in meinem Eintrag erwähnt habe: Einsamer Menschen mitten in einer Beziehung, in einer Ehe... Ich kann es sehr gut verstehen. Es freut mich nun zu lesen, dass Du doch liebe Menschen um Dich herum hast, um mit ihnen zusammen einen schönen Tag genießen zu können. :)

Mit herzlichen Grüßen
Christine

ehemaliges Mitglied

@nnamttor44  
Das ist kein einfacher Weg, 
den du da gehen musstest.
Meinen Respekt!

Und ich freue mich, dass du es heute geniessen kannst. 

Alles Liebe für dich, Agathe 

ehemaliges Mitglied

@APet  
Danke Agathe, für Dein Verständnis.
Ich hatte gerade ein gute halbe Stunde Sonnenschein auf meiner klitzekleinen Terrasse. Jetzt fahr ich zu meinen Lieben, um die Panorama-Aussicht durchs neue Wohnzimmerfenster dort zu genießen ...

Auch Dir alles Liebe, ein schönes Wochenende zum Genießen!  wünscht

Uschi

Tournesol

Aber wie ist es mit den Leuten ohne Internet, oder bis jetzt nur Internet um Zeitung der alten Heimat zu lesen und mit altem Freund aus der alten Heimat zu skypen? Wie gehen die mit ihrer Einsamkeit um. Mit der Corona-Einsamkeit, denn ansonsten ist genug Abwechslung. Und da wir ja fast alle im gleichen Altern, keine Option sich um die Nachbarn zu kümmern. Also was machen?

Christine62laechel

@Tournesol  

Ja, eine gute Frage, was machen...
Wenn ohne Internet, da glaube ich, weil man es eben so will. Die älteren Leute hatten bislang viele Möglichkeiten, ein wenig von der Computerbedienung zu erlernen, ein gebrauter Rechner kostet auch nicht viel. Viele Menschen sehen doch eher fern; das Internet kommt ihnen ein wenig "verdächtig" vor, das muss man schon verstehen.

Mit Grüßen
Christine

Tournesol

@Christine62laechel  

Ich finds schon toll, dass über 80 Frau sich mit PC beschäftigt. 
Aber eben nur bestimmte, eingefahrene Bereiche.
In der Corona-Zeit fehlt einfach der persönliche Kontakt. Bei dem schönen Wetter der tägliche Austausch auf der Gartenbank. Und genau das macht die Zeit so problematisch.
Liebe Grüße

Christine62laechel

@Tournesol  

Ja, für mich ist auch ein interessantes Gespräch die beste Unterhaltungsform und Freizeitbeschäftigung. Ich glaube, wenn die Mindestentfernung von ca. 2 Metern beachtet, könnte man sich doch im Garten, oder sogar auf dem Balkon, nett unterhalten. :)

Liebe Grüße ebenso.

Tournesol

😃@Christine62laechel  Wenn Nachbarin noch gute Ohren hat sind 2 Meter gut, wenn nicht eben nicht. Habe ich mal wieder heute früh festgestellt-
Also hoffen wir, dass die Corona-Zeit bald vorbei ist - für uns, für die Familie, für die Nachbarn - für alle!

Syrdal


Spontangedanke zu deinem Text...




Nur wenigen ist es gegeben,
zufrieden alleine zu leben,
es als Geschenk zu begreifen
und darin in Würde zu reifen.

..................................

Abendgrüße von
Syrdal


 

Christine62laechel

@Syrdal  

Schön gesagt, lieber Syrdal... Und nur manchmal kann diese Würde, wie jede andere, mal zur Last werden. Wenn reif genug aber, schafft man es doch.

Mit besten Grüßen
Christine

Tournesol

@Syrdal  Gleicher Meinung. Schönen Abend
 


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