Zehn Jahre später ...
Meine erste Festanstellung nach meiner Hausfrauen- und Mutterzeit zuhause fügte sich gut. Es gab zwei Kolleginnen, gleichzeitig Schwägerinnen, mit denen mich bald ein freundschaftliches Verhältnis verband. Wir arbeiteten Hand in Hand.
Dann geschah es, dass der kinderlose Chef einen Nachfolger suchte, der die aufstrebende Firma irgendwann übernehmen könnte. Er arbeitete seinen Neffen ein, aber als es darum ging, dass dieser Neffe ihn ein wenig mehr unterstützen sollte, zog der es vor, ein Studium der Philosophie zu beginnen.
Enttäuscht suchte sich der Chef einen neuen Kandidaten und wurde fündig. Ein ausgelernter Mitarbeiter einer Autofirma wollte einen Wechsel und ließ sich darauf ein, nach einer gewissen Zeit unserem Chef die Firma abzunehmen.
Es dauerte nicht lange und der „Junior“-Chef stellte eine auszubildende Bürokraft ein, die bereits eine zwei Jahre dauernde schulische Ausbildung zur Bürokraft erhalten und so bei uns nur noch ein praktisches Jahr abzusolvieren hatte. Gleichzeitig kaufte er – das war ja inzwischen in – einen Computer. Doch seine Bedingung war, dass nur die Azubi oder er am Computer arbeiten dürfe! Mir verbot er, den PC überhaupt anzustellen. Dazu sei ich mit 45 Jahren zu alt!! Es nutzte auch nichts, dass ich erwähnte, die von mir zum Schreiben auch von Rechnungen genutzte elektronische Schreibmaschine sei doch schon ein halber PC, mit dem ich bereits seit ein paar Jahren arbeiten würde. Das Verbot blieb bestehen!
Da musste ich mir von einem mittzwanziger Lümmel, der seine Briefe von Hand vorschrieb, grundsätzlich mit mindestens 20 Fehlern auf einer DIN A4-Seite, der es auch noch brachte, wenn er auf meiner maschinengedruckten Seite ein einziges "und" mit falscher Buchstabenfolge (u d n) aufgrund meines schnellen Schreibens fand, den ganzen Brief rot durchstrich, gefallen lassen, dass er den zukünftigen Chef herausließ! Ich hatte noch Glück, dass er nicht wusste, dass alles, was ich schrieb, automatisch gespeichert wurde, so dass es mir ein Leichtes war, das entsprechende Fehlerchen zu finden, zu korrigieren und das Schiftstück erneut auszudrucken. Auf diese Art gelang es dem Junior nicht, mich aus der Firma zu ekeln, um der bald ausgelernten Azubi meinen Posten zukommen zu lassen. Bei dem Wörtchen "und" gelingt es mir auch heute noch oft, die drei Buchstaben u n d in der falschen Reihenfolge zu schreiben. Es hat wohl damit zu tun, dass ich auch zehn Jahre Klavier üben musste - irgendwie ...
Die Aussage, ich sei mit 45 Jahren zu alt, um das Wesen eines Computers zu erfassen, ließ mich nach einem Ausweg suchen. Ich fragte beim Arbeitsamt nach, um mich für eine Weiterbildung anzumelden, bekam die Zusage, täglich halbtags in der Akademie Überlingen eine bezahlte Weiterbildung durchzuführen. Von nun an fuhr ich morgens meine Tochter zur Berufsbildungsschule, dann wenige Meter weiter, wo ich dann meine Weiterbildung zur Sekretärin inklusive PC-Ausbildung machte, um dann mittags mit meinem Pkw zur Firma zu düsen, wo schon viel Arbeit auf mich wartete, denn gewisse Dinge konnte das auszubildende Mädel auch nicht machen.
Der Senior-Chef wusste von all dem nichts. Ich bestand nach einem Jahr meine Prüfung zur Sekretärin und bekam vom Senior-Chef eine Ganztags-Festanstellung!
Im Mai 1990 stand meine Silberhochzeit an. Doch es gab nichts zu feiern. Wir, mein Mann und ich, durften inzwischen feststellen, dass unsere Ehe nichts mehr zum Feiern bot. Wir wollten einfach nur für eine Woche weg von zu Hause ausbüchsen, weil die Nachbarn feiern wollten, wir aber nicht!
In den zehn Jahren, die ich in dieser Firma arbeitete, war es mir gelungen, meinen Chef auch für die ostfriesische Inseln zu begeistern. Er hatte sich ein Haus auf Norderney gekauft und frisch das ganze Appartement-Haus mit Frühstücks-Café im Parterre renoviert. Als ich ihn fragte, ob für einen bestimmten Termin ein Appartement für eine Woche zu mieten sei, dauerte es nur bis zum Mittag und ich wusste, wohin wir flüchten würden. Die Woche über unsere Hochzeitstage verlief einigermaßen ruhig. Obendrein trafen wir noch auf meinen Trauzeugen, der auf Norderney gerade eine Kur machte. Aber gefeiert haben wir dennoch nicht.
Doch um die Nachbarschafts-Feier kamen wir doch nicht herum. Als wir wieder daheim waren, füllten sie gleich am nächsten Tag unsere Garage mit Tannengrün, verlangten Getränke und Beköstigung und banden uns den einzigen Kranz mit vielen Blumen, den wir je erhalten haben. Und es wurde doch eine schöne Feier!
Überrascht hat mich dann mein Chef: Er hatte vom Lehrmädchen erfahren, dass die Woche auf Norderney unserer Silberhochzeit geschuldet war und so erhielt ich im Nachhinein den Preis für die eine Woche Inselurlaub als recht großzügiges Hochzeitsgeschenk. Es war das einzige Geschenk, das ich oder wir zur Silberhochzeit bekam(en) ...
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