WIR LEBEN NOCH TEIL19 - WAHRE FREUNDSCHAFT


 WIR LEBEN NOCH TEIL19 - WAHRE FREUNDSCHAFT

in unseren bisherigen tagebuchaufzeichnungen haben wir von unserer dissoziativen identitätsstörung (DIS) geschrieben. wie wir gelernt haben, damit zu leben und wie es zu der freundschaft zu mo gekommen ist, möchten wir heute schreiben.
vor 17 jahren erfuhren wir nach einer langen suche nach einer therapeutin, die sich mit DIS auskennt, dass es einen sehr engagierten mann (diplomsozialpädagoge) gibt, der bereits eine frau mit DIS behandelt. nach einem telefonat mit dieser frau, auch autorin, nahmen wir kontakt zu mo auf.
vor dem ersten gespräch waren wir sehr aufgeregt, denn eigentlich haben wir nach einer frau gesucht und bis dahin (und auch später) haben wir niemand gefunden. und wir hatten zweifel, ob wir unsere geschichte mit einem mann aufarbeiten können, denn es waren, bis auf unsere mutter, alles männliche täter, die uns massivst gewalt angetan haben. wir haben uns schrittchen für schrittchen heran getastet und ehe wir uns versahen, waren wir schon mitten drin.
wir hatten zwei mal in der woche therapie und bei bedarf konnten wir dazwischen auch anrufen. wie schwer unsere therapie war, durch welche täler und schluchten wir gehen mussten, können wir hier in diesem rahmen nicht beschreiben. es gibt ein gedichtband, ergänzt mit bildern und zeichnungen von uns, indem wir alle gedichte veröffentlichten, die wir in den letzten 30 jahren geschrieben haben.
nach einer weile therapie merkten wir, dass wir uns wünschten mo als guten freund zu haben, nicht immer nur über das schlimme reden müssen. denn selbst als wir im krankenhaus lagen, kam er uns regelmäßig dort besuchen irgendwann haben wir unseren ganzen mut zusammengenommen und das angesprochen. mo fragte uns, wie wir uns das vorstellen, therapie und guter freund. da haben wir ihn auf ein buch angesprochen, dass wir und er gelesen hatten, wo eine therapeutin und ihr mann zusammen therapie gemacht haben mit einer DIS-frau und das auch über ein therapeutisches verhältnis hinausging. wir sagten mo, vielleicht mal pizza  backen zusammen. oder uns mal zum kaffeetrinken verabreden. oder dass er uns mal zu hause besucht.
langsam spürten wir, dass sich vor allem zu martina (eine innenperson von uns, genannt MA) ein engeres verhältnis entwickelte, das freundschaftlichen charakter hatte. und stück für stück wurde auch die beziehung von uns anderen innenpersonen enger, vertrauter.
dann, nach einem langen krankenhausaufenthalt, hatten wir große probleme, uns wieder auf mo's therapie einzulassen. wir waren durch das krankenhaus eine sehr enge begleitung gewöhnt und jetzt kamen wir zurück und konnten nicht wieder an die therapie wie vorher anknüpfen. auch lasen wir in einem forum dinge über ihn, die uns auf einmal zweifeln ließen (es war nie etwas wahres dran). wir zogen uns zurück und irgendwann meldeten wir uns gar nicht mehr.
ein paar monate nach dem kontaktabbruch schrieb uns mo, dass er mit seiner lebensgefährtin nach berlin zieht. das tat uns weh, denn wir hatten immernoch den gedanken, wir können ihn jederzeit anrufen, vielleicht auch wieder sehen. wir hatten ihm so viel zu verdanken. 8 jahre hörten wir nichts von ihm und auch wir meldeten uns nicht.
dann sagte unsere damalige sozialarbeiterin, dass sie viel schlechtes über mo gehört hat und fing an zu erzählen. dabei kannte sie mo nicht, es war wirklich nur gerede, wie früher schon. aber das konnten wir nicht so stehen lassen und meldeten uns bei mo, um mit ihm darüber zu sprechen. ja, wir konnten auf einmal wieder mit ihm reden. so nahmen wir den kontakt wieder auf. mo, der in der gesamten therapiezeit tagebuch über die therapie geschrieben hatte, machte uns den vorschlag, daraus ein buch zu machen. und wir willigten ein. da wir mo's handschrift nicht lesen konnten, tippte er alles in den pc und schickte uns das manuskript, das wir wiederum durcharbeiteten. dazu hat uns mo einen laptop und ein seniorenhandy geschenkt und eine it-fachmann damit beauftragt, uns alles zu versorgen, dass wir internet hatten und das wichtigste, um den laptop zu bedienen. 
als wir aus gesundheitlichen gründen ins heim kamen, hatten wir soviel zeit, dass wir innerhalb von zwei jahren alles durchgearbeitet und noch einige bilder dafür gemalt haben. im märz 2021 erschien das buch "liane michauck tagebuch einer DIS-therapie" online in mo's verlag. und ein einhalb jahre später unser großes gedichtbuch "schritte ins leben". es hat sich eine wunderbare freundschaft entwickelt, die über das schreiben miteinander zu einer ganz nahen verbindung wurde. heute telefonieren wir jeden mittwoch abend eine halbe stunde, in der er den innenkinder von unserer familie (so nennen wir unser multiples system) bücher vor, immer ein kapitel. und wir schreiben ihm in der woche mails, die er sonntags beantwortet.
im vergangenen september kam mo uns zum ersten mal nach 12 jahren besuchen. er kam in das zimmer hinein und es war, als hätten wir uns gestern erst verabschiedet. sofort war das alte vertrauen, die freundschaftlichen gefühle so wie vor 12 jahren. natürlich war auch während der jahre, wo wir uns nur geschrieben haben, das freundschaftliche miteinander sehr schön. aber der direkte kontakt war einfach wunderbar.
da mo's lebensgefährtin schwer krank ist und aus finanziellen gründen (er kommt aus berlin und wir wohnen in nordsachsen) kann er nur einmal im jahr kommen. geplant ist der nächste besuch in zwei tagen. aber seiner lebensgefährtin geht es sehr schlecht. und wir bangen um unser treffen, auf das wir uns seit monaten freuen. natürlich hält es unsere freundschaft aus, wenn wir unser treffen verschieben müssen. traurig wären wir trotzdem.
mo ist unser bester freund und so etwas erleben wir mit ihm das erste mal. es gab und gibt auch virtuelle freundschaften, die uns sehr wichtig sind, aber das mit mo ist etwas ganz besonderes.

taralenja und familie


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Kommentare (4)

Brita

Liebe Taralenja und Familie
Schön das ihr so ehrlich über eure Freundschaft mit eurem besten Freund Mo schreibt. Mittlerweile hat euer Treffen schon stattgefunden, oder?
Ich denke es war wieder ein schönes Zusammentreffen
weiterhin viel Kraft und alles Liebe für euch
Wünscht euch von Herzen ❤️
Brita 

taralenja1.11.

@Brita  

guten morgen liebe brita,
ja gestern war mondrian reichlich 5 stunden bei uns und es war wunderbar. wir werden in einem neuen blog berichten.
wir wünschen dir einen tollen tag.

💚lichst
taralenja und familie

Claudine

Liebe Liane und Familie,
Freundschaft ist sehr wichtig und ich hoffe, dass dasTreffen übermorgen mit Mo stattfindet. 
Wenn nicht, plane für diesen Tag vorsichtshalber etwas Besonderes ein, dass euch große Freude machen wird.
Ich bewundere dich dafür, wie tapfer du dein Leben meisterst, trotz enormer gesundheitlicher Einschräkungen. 
Wenn jemand "niemals" die Flinte ins Korn wirft,  dann bist das du, okay Liane?

Alles Liebe und Gute
Irmina
 

taralenja1.11.

@Claudine  

liebe irmina,
dürfen fragen, woher der name stammt und was er bedeutet?
dein kommentar tut uns sehr gut, von vielen wird es als selbstverständlich angesehen, dass wir immer kämpfen und in den seltesten fällen zeigen, wenn es uns nicht gut geht. gerade am sonnabend war es ganz schlimm, wir hatten eine schlimme panikattacke, weil es uns körperlich sehr schlecht ging. wir mussten immer kämpfen, sonst würden wir jetzt nicht mehr leben. und wir haben einen lebenshunger und lebenswille. und wir möchten anderen zeigen, dass es sich auch mit schlimmen erkrankungen lohnt zu leben.
ich danke dir für den tip uns etwas zu suchen, was wir machen können, wenn mo nicht kommen kann. eine tolle idee von dir.
ich wünsche dir noch schöne stunden heute und einen guten wochenstart.
liebe grüße
liane

 


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