Wer hat den "Wauwau" erfunden?


Wer hat den

Wir waren für einige Tage in Deutschland. Frédéric wird 8 oder 9 Jahre alt gewesen sein.
Wir saßen auf einer Bank im Park, einige Meter von uns entfernt sprachen einige Erwachsene mit einem kleinen Mädchen. Das Thema war der Hund, ein Dackel, der „Wauwau“.
Mein Sohn sah interessiert zu, zog die Stirn kraus, grübelte und fragte mich: „Warum sagen diese Leute „Wauwau“?
Ich erklärte ihm, dass man früher oft auf diese Art mit kleinen Kindern gesprochen habe. „Warum das denn? Mit Dir auch?“ war seine Frage. Ja, auch ich kannte solche Ausdrücke aus meiner Kindheit. „Aber dann lernen die Kinder doch erst das falsche Wort und danach das richtige. Das ist doch Blödsinn. Und wer hat den Wauwau erfunden?“ Die nachfolgende Diskussion habe ich dann mit der Frage „Wer hat Hunger auf einen sehr, sehr großen Eisbecher?“ beendet.

Vor einigen Wochen lief ich über den Rathausplatz, auf einer Bank saßen Mutter, Kind und Oma.
Ich höre die ältere Dame sagen: „Komm, tu die Omma ma ei machen“.
In solchen Momenten spüre ich es wieder sehr deutlich, ich bin im Pott, in meiner Heimat.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf. Wie hätte mein Sohn wohl damals darauf reagiert, welche Fragen hätte er mir dazu gestellt???
 


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Kommentare (13)

keyly

Liebe Anita!

Vorerst vielen Dank, daß du das entzückende Kinderfoto eigestellt hast.

Im deutschsprachigen Raum scheint diese "Vereinfachung" der Sprache für Kleinkinder normal, möglicherweise geht Frankreich diesbezüglich einen anderen Weg.
Für unsere Winzlinge finde ich die Sprachverbindung mit Gehörtem nicht unbedingt schlecht.
Ein Hund macht schließlich wirklich wau wau, vielleicht wurde auch die Mietzekatze vom Miauen abgekupfert. Wichtig ist jedoch in meinen Augen, rechtzeitig damit aufzuhören, d.h. wenn das Kind in der Lage ist, mehr und ganze Wörter zu verstehen und zu sprechen.

Manches hält sich aber auch bis ins Erwachsenenleben, ich entsinne mich, daß man früher einen geplanten Einkauf beim Pferdefleischhauer mit: Ich gehe zum "Ihaha" angekündigt hat.
Heute dürfte es diesen Ausdruck nicht mehr geben.

Völlig unverständlich finde ich allerdings, warum man mit Fremden spricht, als wäre man selbst Einwanderer mit minimalen Sprachkenntnissen. Warum fragt man:"Was du machen, oder wo du hingehen bzw. du verstehen?". Auf diese Weise erschwert man den Zugang zur deutschen Sprache, die ohnehin nicht sonderlich leicht zu erlernen ist; auch schon vor Aufkommen der von mir als Frau zutiefst abgelehnten Gender-Ideen.

Was die Oma von dem Kind wollte, kann ich als Österreicherin leider nicht verstehen, die Dialekte scheinen teilweise sehr unterschiedlich.
Liebe Grüße   Lydia

 

IndianSummer1952

@keyly  

Hallo Lydia,

danke für Deinen netten Kommentar.

Nein, in Frankreich gibt es diese "Babysprache" nicht. 

Ich fand es schon mit 10 Jahren ganz furchtbar, wenn man mit Kleinkindern so sprach. Meine beste Freundin und ihr Mann haben damals eine alte Tante sehr höflich gebeten, doch "normal" mit ihrem Baby zu reden.
Wir hätten es auch nicht akzeptiert.
Die Meinungen dazu sind sehr unterschiedlich. 

Ja, diese Art mit Ausländern zu reden, dabei sehr laut zu werden ist unmöglich, aber auch lustig, wenn man dabei zuschaut. Der Vater meiner Kinder hat 10 Jahre in Deutschland gelebt, niemand wäre damals auf den Gedanken gekommen, dass er Franzose war und auch meine Söhne reden vollkommen akzentfrei. Da sollte mal jemand kommen und sagen: Du verstehen, Du sprechen Deutsch? 😃
Ich kenne dieses Problem aber auch durch meine ehrenamtliche Arbeit im Internationalen Sprachcafé, so etwas erzählen die jungen Leute immer wieder.

Die Oma hat zu ihrer Enkelin gesagt: Komm, tu die Omma ma ei machen.
Um das zu verstehen, muss man aus dem Ruhrgebiet kommen. Sie wollte, dass die Kleine sie in den Arm nimmt, sie drückt und ihr einen Kuss gibt. 😁
Weder mein Mann noch meine Söhne hätten es verstanden. 

Einen Gruß ins schöne Österreich,
Anita
 

Distel1fink7

Danke für diese erbauliche Geschichte, die das Leben schrieb.
Ich finde ohne die KLeinkinder-Sprache geht es im gewissen Alter nicht.
Die ersten Laute zu Wörtern zu formen ist wie natürlich so  schwierig

Meine Enkelin wohnte mit ihrer Familie in Düsseldorf und ich in Berlin.
Sahen uns also nicht so oft. Lena bekam mit wie ihre Mama mit mir
telefonierte. So klein wie sie war, wollte sie aber auch den Hörer und
ich sprach mit ihr. Sie gluckste vor Vergnügen.

STufe II : Ich erzählte ihr, dass ein Hund " wau wau " machte und ihre
Katze ( Plüschtier ) miau ach und so viele Tiere, einfach eine Babysprache.

Stufe III : Ich fragte " Wie macht der Hund ? " Voller Begeisterung
"Wau wau "  Ich ging die halbe Tierwelt durch, meint ja nicht, dass
dies nicht anstrengt. Lena reagierte.

Stufe III Der Unterhaltungswert.
Lena fragte und ich antwortete und baute Fehler rein. "Oma nein"
Sie hörte gar nicht mehr auf zu lachen.

Stufe IV  Ich erzähle die Geschichte von Heidi. Sie war ganz gespannt.
Sie wollte es immer wieder hören und ich sagte " Jetzt Du erzählen."
Und sie erzählte und wie sie erzählte köstlich.

Schule Sprache und Rechtschreibung keine Problem
Uni  Bachelor mit 1

Aus ihr wurde eine Sozialarbeiterin, die mit und für alte Menschen mit
Demenz und andere psychischen Störungen da ist. Tja und da kann sie
die gut erhaltene Babysprache in manchen Ausnahmefällen gut gebrauchen.
Selten aber immerhin, erreicht sie Menschen. Ältere Menschen, die krank
sind, heißt aber nicht, daß sie dumm sind, Aus ihnen spricht manchmal
die Weisheit des Alters.

Dahin zu hören ist gar nicht so schlecht.

Abendliche Grüße


Distel1fink7 Renate

IndianSummer1952

@Distel1fink7  

Hallo Renate,

Du beschreibst etwas ganz anderes, das hat absolut nichts mit Babysprache zu tun! 
Hätte jemand meinen Kindern gegenüber die Ausdrücke wie "Teita gehen", "happe happe machen", "die Heia" anstatt das Bett, ich hätte ihn gebeten, normal mit meinem Kind zu reden. Ja, auch mit dem Wauwau wäre ich nicht einverstanden gewesen.

Doch, es geht alles ganz wunderbar ohne diese seltsamen Ausdrücke, in Frankreich kennt man so etwas gar nicht. 

Wir haben mit unseren Kindern ganz normal geredet, mein Mann in der französischen, ich in der deutschen Sprache. 
Und was meine Kinder zu diesem Thema damals meinten, kann man auch nachlesen. Frédéric fand es doof!  Gilles meinte dann während der anschließenden Diskussion: "Hättest Du so mit mir geredet, ich hätte Dir gesagt, wie es richtig heißt." Kleiner Schelm, er hätte es ja nicht wissen können. "Doch", war die Antwort, "von Frédéric und Papa.". Ich habe also bei meinen Kindern alles richtig gemacht, zumindest in der Hinsicht. 😃

Gruß, Anita

 

Rosi65

Liebe Anita,

der Lauterwerb eines Kleinkindes ist sicher komplex und individuell, denn es braucht ja seine Zeit bis es alle Buchstaben perfekt beherrscht. Die „Babysprache“ ist zu Beginn sicher einfacher, da sich das Kind in seiner Vorstellungskraft den „Wau Wau“ mit Bild und Ton besser merken kann.


Als mein Patenkind noch klein war konnte es meinen Namen noch nicht richtig aussprechen. Zur Freude der Erwachsenen rief Paul dann immer begeistert: “Die Osi tommt, die Osi tommt“! aus.😄 Doch das war nur eine kurze Phase, denn danach lernte er schnell sich verständlich auszudrücken. Wichtig ist wohl eher, dass man sich sprachlich viel und liebevoll mit dem Kind beschäftigt.
Experten mögen es vielleicht etwas anders sehen.

Herzliche Grüße
    Rosi65

IndianSummer1952

@Rosi65  

Liebe Rosi,

danke für Deinen lieben Kommentar. 

Wir waren damals sehr froh, dass unsere Söhne beide Sprachen perfekt beherrschten. Vom ersten Tag an habe ich nur Deutsch mit ihnen gesprochen, der Papa natürlich nur Französisch. So eine Kindersprache wäre irgendwie nicht angebracht gewesen. 

Das allererste Wort meines ältesten Sohnes war BY, unser Hund hieß Nobby.
Er selbst nannte sich dann zuerst Chechic, Frédéric. 

Ich habe die Diskussionen mit meinem ältesten Sohn immer sehr geliebt, als er noch recht klein war. Seine Gedankengänge haben mich immer wieder überrascht. 

Viele Grüße
Anita


 

Muscari


Ach, liebe Anita,

jetzt muss ich wieder laut lachen. Einfach köstlich.


Auch wenn ich nicht aus dem Pott komme, "tu ich Dich au ma ei machen". 😄
Ich glaube gerne, dass Dein Sohn diese kluge Frage gestellt hat, denn er kannte ja nur das Wort "chien". Und ob es dafür in der französischen Kindersprache etwas Ähnliches gibt, glaube ich fast nicht.
Obwohl Wauwau das Hundegebell beschreibt, was sich auf Französisch sicher genauso anhört. 😃

Herzlichen Dank für diesen netten Lacher.
Andrea

IndianSummer1952

@Muscari  

Liebe Andrea,

danke für den lieben Kommentar.
Und ich tu Dich auch ma ganz dolle ei machen. (Was denkt sich wohl ein Ausländer bei diesem Satz? Denkt er an Eier?)

Diese Art von Kindersprache ist mir in France nie begegnet. Vielleicht noch faire dodo? 

So habe ich es meinem Sohn auch erklärt, Wauwau wie das Hundegebell. Das fand er aber einfach nur doof. Für ihn unverständlich und nicht logisch, dass man dem Kind zuerst das falsche Wort beibringt. 😀 
Aber eigentlich stimmt es doch auch... 😉 

Liebe Grüße
Anita

ladybird

....danke für dieses sehr schöne Erlebnis....
dann wirst Du dich vielleicht auch noch daran erinnern, dass man zu dieser Zeit hier in Deutschland ein Baby= "Titti" nannte? Dabei fällt mir auch gerade ein:
"Gib dem Onkel das schöne Händchen"....und vergiß den Knicks nicht......
mit Freude gelesen
grüßt ladybird
 

Claudine

@ladybird 
Lach - Einen Knicks musste ich auch machen und das schöne Händchen geben. 
Mein Opa nannte eine Kuh muh, dabei konnte ich schon Kuh sagen.
Liebe Grüße
Claudine

IndianSummer1952

@ladybird  

Ach, liebe Ladybird, wenn wir jetzt überlegen, fallen uns noch sehr, sehr viele Ausdrücke und Sätze ein, die wir seit so vielen Jahren nicht mehr gehört haben, aber vergessen hat sie niemand. 

Einen schönen Nachmittag wünscht Dir
Anita

Claudine

@IndianSummer1952  
Danke für das Teilen dieser niedlichen Geschichte. Dabei wurden bei mir etliche Erinnerungen an meine zwei Kinder wach.
Schön finde ich, dass Du solche Momente niedergeschrieben hast.
Herzliche Grüße
Claudine

IndianSummer1952

@Claudine  

Danke für den lieben Kommentar und herzliche Grüße,
Anita


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