Weltuntergang
Weltuntergang   (Autor: Retlaw)

Ostfried machte sich Sorgen um seinen Freund Simpel, der immer häufiger an einer Gedächtnisschwäche litt.
   So meinte Simpel, es wäre etwas verfrüht, als ihm Ostfried zum Fünfzigsten einen Blumenstrauß überreichte, also schenkte er das Sträußchen "Vergissmeinnicht" seiner Frau, die ihn an den Hochzeitstag vor zweiundzwanzig Jahren erinnerte.
 
   Einige Tage später, an einem Donnerstag, klingelte es an Ostfrieds Wohnungstür.
Aufgelöst und atemlos erkundigte sich Simpel nach der Laufbahn des Asteroiden QQX47. Er wollte wissen, ob der in den nächsten Tagen bereits die Erde treffen, also einschlagen könnte. Denn wenn das einer wissen konnte, dann Ostfried, der regelmäßig Sendungen über »Weltuntergänge« im Fernsehen verfolgte.
  »Wie kommst du darauf?« amüsierte sich Ostfried.
  »Weiß nicht, aber es passieren seltsame Dinge, es ist, als käme er, der Weltuntergang.«
  »Komm erst mal rein und setz dich!« sagte Ostfried.
Aber Simpel wollte nicht, zu aufgewühlt wäre er und müsse unbedingt herausfinden, was das hektische Treiben der Menschen in diesen Tagen zu bedeuten hat. In den Kaufhallen würden sie in Dreierreihen vor der Kasse stehen, die Korbwagen über den Rand mit Lebensmitteln beladen, was für einen Jahresaufenthalt im Bunker reiche.
Straßen und Parkplätze seien total überfüllt und sämtliche Verkehrsregeln außer Kraft gesetzt. Die Autobahn eine einzige Standspur, der Verkehrsstau reiche von den Alpen bis zur Küste und darüber hinaus.
Benzinpreise würden wie Kletterpflanzen nach oben schießen und die Ölpreise sollen sich um 100% verteuert haben. Aber wer wollte das den Wüsten-Scheichs verübeln, auch die wollen leben, sich kurz vorm Weltuntergang noch ein Schnäppchen gönnen.
Auch an den Imbissbuden würden sie Schlange stehen, wie einst vor den Obstläden. Schlangen auch vor den Pissbuden, gedrückt und gedrängt, dass es einen erbarmen könne.
Die Stadt hätte bereits Anmeldemarken in den Farben rot und blau (männlich, weiblich) herausgegeben, um dem unglaublichen Druck in öffentlichen Toiletten Rechnung zu tragen.  Auch Arztpraxen und Krankenhäuser wären überfüllt. Wenn schon sterben, dann auf eine gesunde Art, meinen die Leute.
   Simpel hatte sich heiß geredet, Schweißperlen tropften ihm von der Stirn und er zitterte am ganzen Körper.
  »Bitte, Ostfried, sag mir, was das zu bedeuten hat, ist es der QQX47?«
Ostfried brach in Gelächter aus, - dann umarmte er seinen Freund, der hemmungslos ins Weinen geraten war, weil er an einen Abschied für immer glaubte.
 »Ist nicht schlimm«, tröstete Ostfried», es ist nur, weil wir in zwei Tagen Ostern haben, dazu die Schulferien, es ist halt wie in jedem Jahr an solchen Tagen.
                                                                                                                
                                                                                                               


 


 

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Kommentare (2)

Ohwaya

Sehr schöne Geschicht mit hohem Wahrheitsgehalt. Immer wieder überraschend, geht es nach den Feiertagen weiter mit der Welt. 

LG und frohe Ostern
Ohwaya 

Retlaw

 Danke, liebe Ohwaya.

Auch dir gute, der Gesundheit dienliche, Feiertage.150- Kopie.jpgretlaw


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