Von Mäusen, alten Schreibmaschinen und duftenden Plätzchen

Autor: ehemaliges Mitglied

Von Mäusen, alten Schreibmaschinen und duftenden Plätzchen

Schon immer wollte ich auch einmal eine Weihnachtsgeschichte schreiben. Aber jedes Mal ist etwas dazwischengekommen - das Leben hält einiges an Störfaktoren bereit, wenn man sich etwas vorgenommen hat. Eine richtig schöne Weihnachtsgeschichte sollte es werden, so eine mit duftendem Weihnachtsgebäck und glücklichen Tieren, mit alten Liedern und neuen Geschenken. Ja, diesmal sollte es endlich klappen.
 
Die ganze Nacht bin ich auf der abgewetzten alten Ledercouch auf dem Dachboden vor der großen schwarzen Schreibmaschine - einem Erbstück von meiner Urgroßmutter - gesessen. Meine Finger tanzten über die Tasten (zumindest zwei davon), während mir Lilli die Maus interessiert zusah. Gedanken formten sich zu Worten, zu Sätzen, zu Kapiteln ... bis ich merkte, dass ich altes Dusseltier vergessen hatte Papier einzulegen. Lilli verschwand kichernd in ihrem Loch.
 
Neuer Anlauf. Wieder saß ich die ganze Nacht auf der abgewetzten alten Ledercouch auf dem Dachboden vor der großen schwarzen Schreibmaschine. Auch Papier hatte ich eingelegt, nach den schlechten Erfahrungen beim letzten Mal. Erneut tanzten meine Finger über die Tasten (zumindest zwei davon), während mir Lilli die Maus interessiert zusah. Gedanken formten sich zu Worten, zu Sätzen, zu Kapiteln ... das alte Farbband war längst gerissen, aber ich merkte es erst am Ende der letzten Seite. Lilli lag auf dem Rücken, strampelte mit den Beinchen und quietschte vor Vergnügen, ihre rosaroten Öhrchen glühten wie eine Neonreklame.
 
Ich bin ein ruhiger Mensch, und ich liebe es mit alten Sachen zu hantieren. Aber nun war's genug. Ich packte die alte schwarze Schreibmaschine wieder in ihren alten schwarzen Koffer und verstaute diesen ganz hinten ganz unten in dem alten Schrank.
 
Und wieder sitze ich auf der abgewetzten alten Ledercouch auf dem Dachboden. Ein dunkler, gemütlicher Vorweihnachtsspätnachmittag, gerade richtig eine Geschichte zu schreiben. Aber diesmal nicht auf der alten schwarzen Schreibmaschine, sondern auf einem neuen silbergrauen Notebook. Papier und Farbband würden mir diesmal keinen Streich spielen. Und ein weiteres Mal tanzen meine Finger über die Tasten (zumindest zwei davon), während mir Lilli die Maus wie immer interessiert zusieht. Gedanken formen sich zu Worten, zu Sätzen, zu Kapiteln ... inzwischen habe ich ja einige Übung. Lilli ist inzwischen - gelangweilt und enttäuscht, weil scheinbar weiteres amüsantes Missgeschick ausbleibt - mit leicht beleidigtem Gesichtsausdruck eingeschlafen, ihre rosa Schwanzspitze zuckt ärgerlich. Apropos Schlaf: auch ich bin müde vom Schreiben. Ausdrucken kann ich ja immer noch am nächsten Tag. Mit einem leichten "Klack" schließe ich den Deckel des Notebooks.
Habe ich eigentlich abgespeichert …?
 
Geschafft. Meine Weihnachtsgeschichte ist endlich fertig. Halt, nur fast fertig... das mit dem duftenden Weihnachtsgebäck, der Weihnachtsmusik und den glücklichen Tieren muss ich noch irgendwie unterbringen …
Draußen hat es zu schneien begonnen. Aus der Küche unten duftet es herrlich nach Glühwein und frischgebackenen Plätzchen, nach Zimt und Gewürzen. Aus dem Radio klingt leise Weihnachtmusik. Christmas Rock oder so. Ich tu so als merke ich nicht, dass Lilli hinter mir her in Richtung Küche tippelt …

Horst

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Hi, ich bin die Lilli!
Jetzt müsst ihr auch "Hi" sagen.
Nun saaagt schon!
 
Ist er endlich mit seinem Geschreibsel fertig, unser großer Meister, Herr der uralten schwarzen Schreibmaschinen und sonstigen Katastrophen? Ich sag euch, der hat sich sooowas von angestellt, das war zum Mäuse kriegen, hihihi. Ihr hättet ihn sehen sollen, wie er dasaß, in seinen alten abgewetzten Jeans auf der alten abgewetzten Couch vor der alten abgewetzten Schreibmaschine mit den alten abgewetzten Tasten und sich fast die Zeigefinger verknotet hat bei dem Versuch die richtigen Tasten zu treffen!
 
Wenn er wenigstens richtig schreiben könnte, so mit allen 20 Zehen so wie ich! Wisst ihr, ich übe heimlich, wenn er weg ist - aber nicht verraten! Ständig geknurrt und gebrummt hat er und literweise Kaffee hat er in sich reingeschüttet. Jetzt hab ich den Faden verloren, helft mir mal.
 
Eigentlich ist er ja ganz nett. Ein bisschen spinnert, aber harmlos. Er kann richtig lieb sein, wenn er will. Seit ich ihn zum ersten Mal besucht hab legt er mir immer ein Stückchen Käse hin. Auf einem kleinen Puppentellerchen, süß. Manchmal ist er einfach zuuu ordentlich. Eigentlich mag ich ja lieber Speck, oder ein bisschen Wurst. Oder noch lieber ... Schokolaaade! Aber ich brings nicht übers Herz es ihm zu sagen ...
 
Jetzt geh ich noch 'ne Runde Treppenjoggen, ich werd zu fett. Drei mal drei Stockwerke rauf und runter mit Kater von nebenan gleich hinter mir. Er heißt wirklich Kater, seine Leute waren zu faul ihm einen Namen zu geben. Dann müsste ich aber sprinten und nicht joggen, meint ihr? Aber nein. Er ist schon etwas älter, ich muss ihn ein bisschen schonen. Möcht ja noch länger mit ihm Spaß haben. Und wenn wir das hinter uns haben ist ihm der Appetit vergangen, und ich habe wieder Hunger, hihihi.
 
Waaas, die Seite ist ja schon gleich voll! Ich finde wieder mal kein Ende, das muss ich von ihm haben. Vielleicht sollte ich Schriftstellerin werden ...
Also gut, mach ich halt

SCHLUSS!


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Kommentare (13)

Der-Waldler

Was für eine schöne Geschichte... Ich bin ab sofort Lilli-Fan.

bellablock

Jetzt habe ich doch noch geschwind geschaut, was es in Deinem Blog Neues gibt und von Herzen lachen müssen. Ich saß neben Dir auf dem Dachboden und konnte Deine und Lilli's Geschichte hautnah miterleben. 

Wenn Lilli die Weihnachtsplätzchen genossen hat, kann sie vielleicht noch weitere Geschichten erzählen und auch ihren Meister mit den inzwischen grauen Haarsträhnen inspirieren. Beim Schreibmaschine schreiben ist mir nie etwas passiert, aber als ich die ersten Male auf einem PC schrieb und vergaß abzuspeichern .... die Flüche von mir höre ich heute noch  ... . 

Einen humorigen Abend wünsche ich Dir 😊😉

VG Doris

ahle-koelsche-jung

Hi,
herrlich diese Doppelgeschichte, echt was zum Lachen und dazu die bildliche Vorstellung. Sowas kann man z.Zt. wirklich gut gebrauchen.

Vielleicht hat Lilli ja noch weitere Geschichten für uns. 😉

HG Wolfgang
 

Muscari


Einfach herrlich, heute nachmittag am 3. Advent.
Endlich mal wieder lustige Geschichten hier, - fernab vom aktuellen Corona-Debakel.
Vor allem gefällt  mir Deine Geschichte mit der alten Schreibmaschine und der süßen Lilli .
Und noch ein Plätzchenduft dazu - was will man mehr.

Danke sage ich und wünsche Dir noch einen schönen Abend.
Andrea

ehemaliges Mitglied

@Muscari  

Freut mich wenns gefällt!
Ja ... ich hab mir gedacht, bisschen Humor kann nicht schaden ... manches ist ohnehin nur noch mit einem gewissen Humor zu ertragen in diesen Zeiten ... 

Horst

ehemaliges Mitglied

einfach herrlich deine Geschichte, Horst!!! 
⭐️🐭⭐️

danke und lieben Gruß von
WurzelFluegel

Syrdal


Aber Horst, weißt du denn nicht, dass die kleine Lili-Maus alle deine Gedanken nicht nur „lesen“, sondern auch dauerhaft im Mausegehirn speichern kann? Also lass die längst in deinem Kopf vorhandene Weihnachtsgeschichte doch einfach vom Lili-Mäuschen aufschreiben, gib ihr dafür ein frischgebackenes Plätzchen und ein Schlückchen Glühwein und du wirst erstaunt sein, welch schöne Geschichte das Mäuschen da zustande bringt, echt vom Horst auf der alten abgewetzten Ledercouch inspiriert…

...meint als Sonntagsvorschlag
Syrdal

ehemaliges Mitglied

@Syrdal  

Ja, die freche Lilli hat tatsächlich auch noch was in mein Notebook getippelt ... siehe oben 😉

Horst

ehemaliges Mitglied

Ja, lieber Horst,

das ist ja etwas, auf einer alten klappernden Schreibmaschine zu tippen und nichts zu vergesssen wie Papier und ein funktionierendes Farbband ...

Als ich mit 14 Jahren meine Schreibmaschinenkurse machte, galt das auch noch! Aber es galt auch für mich, meine persönlichen Schriften (in meinem Fall hatte ich mir statt einer Weihnachtsgeschichte einen kleinen "Roman" ausgedacht, von dem niemand etwas erfahren sollte!) sicher zu verstecken. Bei einer EDV kann man sichern, und wenn man weiß, dass niemand an den eigenen PC stöbern geht, reicht das ja auch ...

Damals hatte ich Glück, außer mir konnte niemand Schreibmaschine schreiben. 35 Jahre später hatte ich erneut Glück, denn für meinem Ex war es so gar nicht etwas, mit dem er sich beschäftigen wollte. Und wenn er das Sofa schlafend hütete, dachte er so manches Mal: es regnet, da kann ich ruhig weiter schlafen, Gartenarbeit unmöglich ... Mein gleichmäßiges Tippen hatte ihn wieder eingeschläfert.

Ein lebendiges Mäuschen hat sich nie bei mir dazu gesellt, lediglich später die elektronische Maus ...

Bin mal gespannt, was Deine Erinnerungen noch so heraus lassen ...

Einen schönen 3. Advent wünscht

Uschi

ehemaliges Mitglied

@nnamttor44 

"Richtig" Maschinenschreiben habe ich leider nie gelernt, das muss bei mir immer noch mit zwei Fingern gehen ... aber das geht inzwischen ganz schön flott 😊

 Bin mal gespannt, was Deine Erinnerungen noch so heraus lassen ...

Erinnerungen ... Fantasie ... das geht bei mir meist wild durcheinander 😉
Meist schreibe ich ganz spontan, wenn mir grad was einfällt, und ich Freude daran habe ...
Wenns gefällt, kann ich gerne wieder mal was hochladen.

Horst

ehemaliges Mitglied

@Blues-Opa  

Hallo Horst, wäre schön wenn Du mal wieder etwas einstellen würdest. Eine so schöne Geschichte, kann es ja nachvollziehen, schreibe auch nur spontan und dann mit 2 Fingern auf dem ipad

Hi Lilly kannst  uns helfen und Deinen großen Meister 
mit 2 Finger Suchsystem wieder einmal an die Tastatur zu lotsen? Kriegste auch nen Lolli mit Leberwurstgeschmack geschickt......tschüssle liebe Maus.......Mauli 😏

ehemaliges Mitglied

@Maultasche  

"Lolli mit Leberwurstgeschmack" ... das hört sich lecker an!
Aber noch lieber wäre mir ein Stückchen Schoki ... oder zwei ... oder drei ...

Lilli

 

ehemaliges Mitglied

@Lilli

schleckisches Mausevolk 😏


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